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Ich atmete tief durch. Befand ich mich zufällig noch in einer meiner Fieberträumen? Das Gefühl meiner Lippen sagte aber etwas ganz anderes und trotzdem zog ich mich noch sofort hinter einer Maske der Unnahbarkeit zurück.
"Glaubst du so ein läppischer Kuss könnte mich wirklich umstimmen?"
"Wenn nicht ein Kuss, was dann? Was könnte ich sonst für euch tun, um euch umzustimmen?" das Jungkook plötzlich einen leicht anzüglichen Ton anschlug, verwirrte mich, versuchte ich aber so weitestgehend wie möglich zu ignorieren.
"Nichts."
"Das glaub ich euch nicht." Jungkook reckte mir herausfordernd das Kinn entgegen aber noch ehe mich seine dunklen Augen wieder in seinen Bann ziehen konnte, wandte ich den Blick von ihm ab.
Den aufsteigenden Schmerz ignorierend, stemmte ich mich langsam in die Höhe und lehnte Jungkooks herbeieilende Hilfe rigoros ab. Ich verzog das Gesicht, als ein schmerzhaftes Keuchen meine Lippen verließ.
"Ihr solltet euch nicht so viel bewegen." tadelte er mich aber ich tat so als würde ich ihn überhören.
"Was ist eigentlich geschehen?" fragte ich stattdessen und versuchte in meiner dunklen Erinnerungen herum zu kramen.
"Könnten wir darüber reden, sobald ihr endlich Blut zu euch genommen habt?"
"Nein." erwiderte ich stumpf aber Jungkook ließ einfach nicht locker.
"Dann werde ich nichts sagen."
"Du hast wirklich ein ziemlich loses Mundwerk mir gegenüber entwickelt, das gefällt mir ganz und gar nicht." murmelte ich schnippisch und starrte ihn finster an.
"Ich möchte nur nicht das ihr verblutet. Ihr habt eine menge Blut verloren. Es ist überhaupt ein Wunder das ihr hier noch so sitzen und euch unterhalten könnt."
Mürrisch presste ich die Lippen aufeinander. Immer noch haftete der leichte Geschmack von Jungkooks Lippen an ihnen. Wie gerne hätte ich nochmals von ihnen gekostet...
"Was ist mit dem Alpha Wolf?" wiederholte Ich meine Frage nun etwas konkreter, woraufhin Jungkook tief seufzte.
"I-ich hab-"
"—Oh mein Gott, Junger Herr!!"
Mit einem lauten Knall wurde plötzlich die Tür aufgerissen. Namjoon, der abgehetzt und völlig außer Atem an der Türschwelle erschien, stürzte hinein und rannte auch auch gleich auf mich zu. Ich befürchtete bereits, er würde mir an den Hals springen wollen aber kurz bevor er mein Bett erreichte, warf er sich auf die Knie und ergriff lediglich meine Hand.
"Ich hab mir solche Sorgen gemacht! Ich dachte bereits ihr würdet nicht mehr aufwachen!"
Noch nie hatte ich Namjoon in so einem aufgelösten Zustand erlebt. Anscheinend hatte es wirklich schlimm um mich gestanden. Trotzdem verstand ich seine Reaktion nicht so ganz.
"Ich hab euch Blut mitgebracht. Es ist leider nur vom Hirsch aber wenn ihr anderes benötigt—"
"Es reicht aus." Gierig griff ich nach dem Gefäß, welches er in der anderen Hand bei sich trug und öffnete den Verschluss. Meine Augen schillern im grellsten blau auf, als ich das Blut darin sah und bevor ich mich an meine letzten Worte zurückerinnern konnte, hatte ich bereits die ganze Flasche in nur einem einzigen Zug geleert.
"Ich hasse Hirsch!" ich verzog das Gesicht und dennoch leckte ich auch den letzten Rest von meinen Lippen fort. Leider wirkte es nicht wirklich so wie ich es mir insgeheim erhofft hatte aber es dämpfte zumindestens einen Teil meines unvollstellbaren Hungers auf Menschenblut — auf Jungkooks Blut.
Denn noch etwas länger mit ihm in einem Raum und ich wäre garantiert wie ein blutrünstiges Monster über ihn hergefallen.
"Bring mir mehr!"
Kaum hatte ich meine Worte ausgesprochen, hatte Namjoon sich auch schon wieder erhoben. Er verbeugte sich flüchtig und hastete direkt los.
Jungkook wirkte plötzlich nachdenklich und ziemlich still, die ganze Zeit über sprach er kein Wort mehr und erst als ich zehn weitere Flaschen ausgetrunken hatte und mich sprichwörtlich die Müdigkeit überrollte, verließ er ganz leise den Raum.
Mir waren einfach die Augen zugefallen. Ich schien auch weitestgehend über den Berg zu sein und obwohl die Wundheilung zu wünschen übrig war, hatte mich das Blut gerade noch so vor dem sicheren Tod bewahrt. Einen Tod den ich beinahe mit offenen Armen begrüßt hätte.
❥
Als ich das nächste Mal erwachte, war es bereits helligter Tag. Das Unwetter hatte sich verzogen und nur der Nebel schien sich nach wie vor hartnäckig zu verbreiten.
Meine ganze rechte Seite schmerzte aber zum Glück nicht mehr ganz so stark wie gestern und ich konnte mich auch wieder wesentlich besser bewegen. Der Heilungsprozess schien im vollen Gange zu sein, auch wenn es hätte meiner Meinung nach schneller gehen können, so konnte ich froh sein das er überhaupt eingesetzt hatte.
Es war schon seltsam. Erst war ich so erpicht darauf zu sterben und nun war ich erleichtert das ich lebte. Es fühlte sich auch nicht so schlimm an wie vermutet. Da war kein Strudel der mich hinabriss und keine Panik die in meinen Eingeweide wütete. Es war in Ordnung und zum ersten Mal seit langem hatte ich sogar wieder mal einen Traum gehabt. Ein Traum voller Farben, so bund und farbenfroh wie schon lange nicht mehr.
Langsam griff ich nach der Bettdecke und schlug sie vorsichtig beiseite. Ich hatte ein weißes Leinenhemd an und darunter konnte ich einen festen Verband ertasten. Mit den Händen stützte ich mich dann auf der Matratze ab, biss die Zähne zusammen und richtete mich anschließend ganz langsam auf.
Ich atmete ausgiebig aus, ehe ich die Füße auf den Boden stellte und mich schwerfällig erhob. In schleppenden Schritten ging ich zur Tür hinüber. Meine Knie wollten mir erst noch nicht so richtig den Halt geben. Sie waren immer noch zittrig und spendeten nur zurückhalten Kraft, dennoch ging ich an den ganzen Zimmern vorbei, auf der Suche nach Namjoon und Jungkook.
Mein Weg führte mich als erstes in die Küche und auch wenn ich insgeheim gehofft hatte Jungkook hier ebenso anzutreffen, entdeckte ich nur Namjoon.
Mein Diener war gerade dabei Blut in ein Glas zu gießen, als ihm meine Anwesenheit bewusst wurde. Noch umgehend stellte er alles bei Seite und lief auf mich zu.
"Junger Herr, ihr solltet noch nicht aufstehen!" meinte er hastig und mit unüberhörbar besorgten Ton in der Stimme.
"Mir geht es gut. Ich bin nicht aus Zucker, Namjoon. Etwa schon vergessen?" hielt ich ihm mit angehobener Augenbraue auch gleich vor und tat die Wunde als etwas völlig harmloses ab.
"Nein natürlich nicht aber als Jungkook euch gestern zurück gebracht hat, dachte ich für einen Moment ihr würdet tatsächlich sterben!"
"Moment —" ich presste die Lippen aufeinander. "Jungkook hat mich zum Gutshaus gebracht?"
Da waren sie wieder, die ganz vielen lästigen Fragen, die mir einfach nicht meinen Frieden geben wollten.
Namjoon nickte. "Ja und ihr saht wirklich furchtbar aus. Der Alpha Wolf hat euch ziemlich übel erwischt. Ihr könnt vom Glück sprechen das Jungkook bei euch war."
"Aber das..." Ich stockte und versuchte Namjoons Gesagte irgendwie zu verstehen, doch es wollte mir nicht so recht gelingen.
"Wie kann es sein das der Alpha Wolf von mir abgelassen hat?" fragte ich grübelnd und hielt direkt nach Jungkook ausschau.
"Wo ist er?"
"Er müsste draußen bei den Pferden sein." Kaum erhielt ich Namjoons Antwort, da wandte ich mich auch schon ab und wollte bereits aus der Tür, als er mich ein letztes Mal zurückhielt.
"Junger Herr.." begann er ernst, was mich für einen Moment aufschauen ließ.
"Ich weiß ich hab kein Recht so etwas zu äußern aber ich weiß nicht ob es klug ist den Jungen weiterhin hier zu lassen. Er hat euch zwar gerettet aber irgendetwas ist... seltsam an ihm."
"Seltsam?" hakte ich vorsichtig nach und drehte mich zu ihm zurück. "Was meinst du damit?"
Namjoons Blick wirkte bedenklich als er schließlich mit einem seufzen meinte. "Er hat mir nicht genau erzählt was passiert ist aber als er hier mit euch ankam...da hatte er—" Namjoon verstummte plötzlich. Es sah aus als wäre er sich mit einem Male nicht mehr ganz so sicher, ob er wirklich weiter sprechen sollte oder nicht — aber eigentlich sollte er wissen das es für ein Zögern jetzt eindeutig zu spät war.
"Da hatte er—was?" forderte ich in direkt mit ungeduldigen Knurren auf weiter zu erzählen und sobald meine Augen ins bedrohliche Blau wechselten, lenkte Namjoon ganz schnell ein.
"Er hatte— ehm s-seine Augen... Sie hatten für einen Moment... rot geleuchtet."
"Rot?" wiederholte ich sichtlich irritiert und wollte nicht so recht glauben was ich da zu hören bekam. "Du sagst rot? So rot wie die Augen eines... Alpha Wolfes?"
Namjoon nickte zögerlich. "Ganz genau..."
❥
Dadadamm 🙆🏼♀️
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