09

Mir war bewusst das in unserer momentanen Situation die Rückreise durch den Wald nicht wirklich zu unserem Vorteil war aber es war halt der einzige Weg der zu meinem Gutshaus führte und ich wollte auch nicht bis zum nächsten Tag warten, bis der Nebel sich verzogen hat.

Ich hielt es in der Nähe der Menschen nicht wirklich lange aus. Entweder sie trieben mich in den Wahnsinn oder aber entfachen nur noch einen viel größeren Hunger in mir.

Und momentan schien dieser Niemand wirklich stillen zu können.

Aber zu unserem Unmut waren bereits vor gut einer Stunde die ersten dichten Wolken am nachmittags Himmel aufgezogen, ein sicheres Zeichen dafür, daß das Wetter bald umschlagen würde.

Dennoch hoffte ich das wir das Gutshaus noch vorher erreichten, bevor das Unwetter einsetzte. Erst der Nebel in der früh und nun das Unwetter. Irgendetwas sagte mir, das die Natur momentan einen Groll gegen mich hegte.

"Seit ihr sauer auf mich?" durchbrach Jungkook Irgendwann die Stille zwischen uns, während wir im Schritttempo den Wald passierten.

Ich seufzte entnervt. Der Schwarzhaarige erinnerte mich irgendwie an ein hibbeliges Kind, das niemals lange Ruhe geben konnte, ohne einen mit seinen endlos nervigen Fragen zu quälen.

"Ach wie kommst du nur darauf?" fragte zynisch und mit voller Hohn in meiner Stimme.

"Ihr seit sauer." stellte der Schwarzhaarige fest, nachdem er sich minimal vorgebeugt hatte. "Verzeiht ihr mir, wenn ich sage das es mir leid tut? Aber als ich gesehen hab wie der Berater euch extra provozieren wollte, konnte ich mich einfach nicht zurückhalten."

"Und da kommst du mit Gift?" platze es mir verständnislos über die Lippen.

"Es war das erste was mir einfallen wollte und... naja.. hat ja wohl funktioniert. Sie glauben euch und ihr seit erstmal aus der Schusslinie." war ja klar gewesen das Jungkook den Ernst der Dinge nicht erkennen wollte.

"Wäre ich nicht so ein hervorragender Lügner, dann wärst du jetzt tot und ich weiß nicht was sie mit mir gemacht hätten."

In einem war ich mir inzwischen auch ziemlich sicher. Der Berater schien mehr zu wissen als er zugab. Doch woher? Ich hatte immer aufgepasst und meine Opfer direkt nach der Tat verschwinden lassen. Nachdenklichen starrte ich den Weg hinauf — aber nicht nur der Berater wurde so langsam zu einem ernsten Problem, sondern auch der Alpha Wolf.

Wieso machte ich mir eigentlich so viel Feinde? Dabei wollte ich doch nur meine Ruhe haben...

"Lass uns schnell zum Gutshaus. Es fängt gleich an zu regnen." fordere ich streng auf und zu meiner Überraschung fügte Jungkook sich ohne mich mit weiteren nervigen Fragen zu bombardieren.

Schweigend ritten wir weiter aber zu unserem Pech, brach der Regen doch früher über uns ein als erwartet und nicht nur das, die einzelnen Regentropfen verwandelten sich wenige Minuten später in einen heftigen Schauer. Der Wind trieb einen dichten nassen Schleier vor sich her.

Meine, sowie Jungkooks Kleidung war im nu durchnässt und ich spürte die unangenehme Kälte, die selbst meinen Körper als Unsterblicher leicht frösteln ließ.

Am fernen Horizont zuckten die ersten Blitze auf, gefolgt von einem grollenden Donner. "Junger Herr, so können wir unmöglich weiter! Wie sollten irgendwo Schutz suchen bis das Unwetter sich zumindestens etwas beruhigt hat." rief Jungkook und lenkte sein Pferd noch umgehend in die Büsche um Schutz unter den dichten Baumkronen zu suchen.

Der Himmel war mittlerweile so trüb, das man glauben könnte, die Sonne wäre längst untergegangen. Dabei war es erst später Nachmittag, aber in dieser Gegend spielte das Wetter um diese Jahreszeit manchmal verrückt und obwohl ich am liebsten weiter geritten wäre, musste ich leider zugeben, daß eine Pause nicht verkehrt wäre.

Mir konnte so ein Unwetter eigentlich nicht viel anhaben aber Jungkook war ein Mensch. Ein schwacher Mensch der bei der kleinsten Kleinigkeit sofort krank wurde.

"In Ordnung." brummte ich daher unzufrieden und folgte ihm widerwillig. Ich sah wie Jungkook zitterte als er rasch vom Pferd stieg und sein Tier an den Zügeln tiefer ins Unterholz führte. Kommentarlos machte ich das selbe — aber sobald wir den Weg verlassen hatten, war an ein einfaches voran kommen kaum noch zu denken.

Wir mussten so einigen Ästen und Zweigen ausweichen und auch die Pferde sträubten sich und wollten nicht weiter in das unbekannte Gebiet vordringen.

"Komm schon.." murmelte Jungkook und zog stärker an den Zügeln. Mühsam bahnte wir uns mit den Tieren einen Weg durch die Büsche und erreichten nach einem, für meinen Geschmack, viel zu langen Fußmarsch, schließlich einen großen Baum, der an einem kleinen Hang stand und dessen starke dicke Wurzeln so weit hervorstanden, das man sich darunter stellen konnte.

Kritisch sah Jungkook in den Himmel hinauf. "Wie lang das jetzt wohl noch so gehen wird."

"Kann sich ja jetzt nur noch um Stunden handeln." antwortete ich empathielos und band mein Pferd an einen der Wurzeln an, um mich dann mit einem grimmigen Schnauben hinzusetzen.

Jungkook seufzte, als er sich neben mich hinsetzte. "Seit ihr jetzt wieder sauer?" fragte er eher rhetorisch und natürlich konnte er eins plus eins zusammenzählen. Mein griesgrämiger Gesichtsausdruck sprach für sich.

"Also das es regnet, dafür kann ich wirklich nichts. So wahrhaftig wie ich hier stehe." gelobte der Schwarzhaarige, was aber aufgrund seines Schmunzeln nicht wirklich glaubhaft rüber kam.

"Erstens.. stehst du nicht und Zweitens.. ist mir das egal. Mich nervt einfach alles und ins besondere — du!"

"Ich?!" fragte er gespielt entrüstet, woraufhin ich ihn mit meinem finsteren Blick in zwei hälften skalpierte. Noch umgehend breitete sich ein breites Lächeln auf seinen Lippen aus.

"Junger Herr, ich entschuldige mich aufrichtig für meine Existenz aber ihr habt mir eine zweite Chance im Leben gegeben und das hättet ihr nicht getan wenn ihr mich so verabscheuen würdet."

"Pah!" entgegnete ich knurrend. "Da wusste ich ja auch noch nicht wie lästig du sein wirst!"

Trotz meiner harten Worte wirkte Jungkook nicht so als würde es ihm fiel ausmachen aber vielleicht bildete ich es mir auch einfach nur ein? Aber je näher er versuchte an mir heranzukommen, desto weiter versuchte ich ihn von mir fortzuschieben.

So saßen wir da und ließen das Unwetter irgendwann einfach seinen Lauf nehmen. Die Zeit verstrich und so wie es aussah, wollte der Regen auch nach einer weiteren Stunde nicht aufhören.

Es war kalt, die Kleidung klebte unangenehm am Körper und so langsam schien mich auch mein blöder Hunger wieder zu erreichen. Im Grunde genommen war er nie ganz verschwunden. Er war immer allgegenwärtig. In Jungkooks Nähe sogar um einiges stärker.

Aus diesem Grund versuchte ich immer weiter von ihm weg zu rutschen aber noch ein stückchen weiter und ich säße gänzlich im Regen. Ohne das ich es wirklich kontrollieren konnte, spannte sich mein Schultern an. Ich saß so verkrampft da, daß es auch Jungkook irgendwann aufzufallen schien.

"Wollt ihr ein Bad nehmen oder wieso rückt ihr dem Regen immer näher?" Er schaute mich aus seinen großen dunklen Augen aufmerksam an.

Mein Blink senkt sich auf den nassen aufgeweichten Untergrund. Meine Kehle fühlte sich auf einmal so furchtbar trocken an und ich glaubte, hätte ich ihn jetzt angesehen, wäre er noch sofort zum Opfer meiner Zähne geworden.

"Das geht dich ni—"

Der Schwarzhaarige gab mir nicht einmal die Zeit zum antworten, da greift er nach meinen Arm und zieht mich zurück aber nicht nur das, er zog mich sogar soweit, bis ich unwillentlich gegen seinen Körper landete.

"So können wir uns gegenseitig etwas Wärme spenden." sagte er mit sanfter Stimme. Plötzlich war ich ihm so nah, das ich seinen aufgeregten Herzschlag spüren konnte. Sein warmer Atem streifte meine Haut und hinterließ eine tiefe Gänsehaut auf ihr.

Ich drehe sofort den Kopf fort. "Ganz schön mutig ein gefährliches Wesen wie mich, so nah an sich heran zu lassen."

Ich lachte trostlos. Ich verstand meine eigene Beweggründe nicht mehr. Meine blutrünstige Ader schien sich in Jungkooks Nähe einfach so aufzulösen.

Als er dann aber auch noch seine kühle Hand auf meine Wange legte um mein Gesicht wieder in seine Richtung zu drehen, glaubte ich das mein Herz mich umbringen wollte.

Eiskaltes Blau traf auf wärmendes Braun.

"Für mich seit ihr kein Monster." Jungkooks Tonlage klang fest aber seine Berührung war dafür umso sanfter, als würde er mich mit Samthandschuhen anfassen.

... Als wäre ich zerbrechlich — dabei war ich alles andere als zerbrechlich.

"Ihr seit der dümmste Mensch, der mir je über den Weg gelaufen ist." murmelte ich über das unruhige klopfen meines Herzens hinweg.

Mit einem ruck war Jungkooks Gesicht dem meinen plötzlich noch viel näher gekommen. Überrascht darüber wich ich instinktiv zurück.

"Euch geht es nicht gut, oder?" fragte er auf einmal besorgt und ging gar nicht auf meine unschönen Worte ein. "Das Blau in euren Augen verschwindet gar nicht mehr und auch so seht ihr ziemlich geschwächt aus. Was passiert mit euch wenn ihr nicht genügend Blut erhaltet?"

Ich knurrte genervt und stieß ihn an der Brust umgehend zurück. "Mir geht es gut." widersprach ich entschlossen und versuchte den Hunger in mir irgendwie zurückzudrängen —aber, verdammt! Es fiel mir so extrem schwer.

"Wieso macht ihr euch etwas vor? Wenn ihr so dringend Blut benötigt, dann nehmt doch meins." meinte er und fixierte mich mit seinen dunklen Augen.

"Du weißt wirklich nicht was du da von dir gibst!" entgegnete ich um Gleichgültigkeit bemüht aber meine Stimme nahm inzwischen einen mehr als schwankenden Ton an.

Dieser Gedanke — von ihm trinken zu dürfen, sein Blut zu kosten, zu spüren wie es meine Kehle hinabfließt — es ließ mein Atem stocken und ich war nur noch auf das starke pulsieren seines Pulses konzentriert.

Als wäre Jungkook die Veränderung meines Körpers noch sofort aufgefallen, knöpfte er einen Knopf seines weißen Hemdes auf und neigte den Kopf zur Seite, damit ich uneingeschränkten Zugriff auf seinen Hals bekam. "Wo wäre es für euch am angenehmsten?"

Ich fixierte die helle weich aussehende Haut, starrte auf die Stelle an der ich meinen Opfern bereits so oft das Blut ausgesaugt hatte und leckte mir unbewusst über die Lippen.

Wieder drängte ich mich entschieden von ihm zurück.

"Du hast echt Todessehnsucht mh?..." grummelte ich mit ausgetrockneter Kehle und versuchte auf absolute Abwehr zu schalten.

Aber egal wie sehr ich mich auch wehrte, mein Augenmerk lag nach einigen Sekunden wieder nur alleinig auf die lockeren Vertiefung seines Halses. Der Unglaubliche Duft den er verströmte. Der Anblick seines nassen Kleidung die er am Leib trug, milderte mein Verlangen nicht im geringsten.

"Lass das, wenn ich erst einmal anfange... kann ich nicht mehr aufhören." gestand ich ihm schließlich und brauchte jegliche Willenskraft die ich besaß um mich wieder von ihm abzuwenden.

"Das heißt... ihr tötet sie alle?" entgegnete Jungkook nun verunsichert. Was ich danach in seinen Augen sah, konnte ich nicht so recht deuten.

"Na, jetzt bist du sprachlos was?"

"Wieso hört ihr nicht vorher auf? Wieso tut ihr das?" fiel er mir noch sofort ins Wort, was mich seufzen ließ.

"Obwohl ich als Unsterblicher bezeichnet werde, sind wir anscheinend doch nicht so unsterblich wie wir es gerne hätten." fing ich aus heiterem Himmel an zu erzählen. Jetzt hatte ich es ihm doch gesagt. Einfach so. Ohne Jungkook wirklich zu kennen, gestand ich ihm mein geheimstes Geheimnis. Aber ich fürchtete mich nicht davor, das er mich verraten könnte, denn seltsamerweise vertraute ich ihm.

"Im Grunde genommen können wir ewigkeiten Leben aber dazu brauchen wir Blut und das nicht gerade wenig. Bekommt ein Unsterblicher über einen sehr langen Zeit kein Blut oder nur unzureichend, dann ist das ewige Leben auch dahin." Ich schnaubte bitter und starrte gedankenverloren zu Boden.

"Aber glaub mir, ein unsterbliches Leben ist kein Segen. Selbst wenn du sterben möchtest, überkommt dich so ein unmenschlicher blutdurst, das du, jeden der dir über den Weg läuft, bis auf den letzten Tropfen aussaugst. Es ist ein Zwang. Egal wie sehr man sich versucht dagegen zu wehren —es ist aussichtslos."

"Das..." Jungkook rang mit den Worte, was man ihm auch nicht wirklich verübeln konnte. So etwas zu hören war ja auch nichts für schwache Nerven und ich war mir auch fast schon sicher das er seine Meinung bezüglich des Monsters noch ändern würde.

Eine ganze Weile lang sah er mich einfach nur an, doch als er bereits die Lippen öffnete wollte um etwas zu sagen, durchriss das panische Wiehern der Tiere die angespannte Stille.

Noch ehe ich die Situation richtig einordnen konnte, war die Gefahr bereits viel zu nah.

Es zeichnete sich undeutlich in dem Regen ab. Der dunkle Körper erhob sich kaum von der düsteren Umgebung, einzig die glühenden roten Augen funkelten hasserfüllt, während darunter zwei furchteinflößenden Zahnreihen blitzen.

Der Alpha Wolf war hier. Zu einem der ungünstigsten Zeiten überhaupt. Jungkook erstarrte vor Entsetzen, als auch er dann endlich das gigantische Tier entdeckte.

Geduckt schlich es sich näher. Der Alpha wich den Blick keine Sekunde von mir. Er umkreiste uns, kesselte uns ein — einzig mit dem Ziel mich zu töten.

Dieses Wochenende komme ich nicht mehr zum updaten aber Montag geht's dann weiter :) ❤️











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