𝟏𝟖 | 𝐦𝐞𝐝𝐢𝐜𝐢𝐧𝐞

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MEINE SICHT VERSCHWAMM durch die vielen Tränen, als ich die Flure entlang lief. Verdammt, warum musste sich mein Zimmer auch am anderen Ende des Palastes befinden?

Noch immer konnte ich nicht glauben, dass Thor seinen Freunden davon erzählt hatte. Es war nicht der Fakt, dass ich dieses Ereignis geheim halten wollte, jedoch kannten sie mich doch noch gar nicht, waren nun aber voreingenommen von mir, von dem, was passiert war. Ich wollte nicht, dass sie dachten, ich wäre zu bemitleiden.

Seit dem ich denken konnte, wollte ich, dass jeder mich als die starke Person ansah, die ich war.. oder die ich zumindest sein sollte.

Ärgerte es mich jetzt auch noch zusätzlich, dass sie Loki allein dafür die Schuld gaben? Immerhin hatte ich das auch noch vor ein paar Tagen getan, aber mein Hass hatte sich gelegt.. zum größten Teil. Und auch wenn, dann war ich die Einzige, die auf ihn wütend sein durfte, nicht sie.

Das plötzliche Gefühl von Schwindel überkam mich, rechtzeitig hielt ich mich an einem marmorierten Pfeiler fest, bevor ich das Bewusstsein verloren hätte. Was war nur mit mir los? Hatte ich mir doch zu viel zugetraut? Der plötzliche Schmerz von der Stelle, an der mich der Dunkelelf getroffen hatte, ließ mich kurz aufschreien. Ich musste zurück zu meinem Zimmer. Jetzt sofort.

Verkrampft drückte ich meine Hand auf meinen Bauch, versuchte weiter zu gehen, auch wenn sich meine Beine so anfühlten, als würden sie unter meinem Gewicht nachgeben. Nach einigen weiteren Fluren, die ich nur mit Mühe passierte, schaffte ich es endlich zu der Tür, drückte erschöpft die Klinke herunter. In diesem Moment verließ mich jedoch vollkommen meine Kraft und ich fiel in meinem Zimmer zu Boden.

Unsanft lag ich für einige Sekunden auf dem Parkett, bevor ich mich langsam zu meinem Bett ziehen konnte, aufatmete, als ich es schaffte, mich auf das Ende dessen zu setzten. Auch wenn ich endlich hier war, hörten die Schmerzen nicht auf. Ich wischte mir die letzten Tränen aus dem Gesicht, die mittlerweile schon fast getrocknet waren und versuchte ruhig zu atmen. Mir ging es gut.. i-ich war einfach nur ein wenig erschöpft. Das war Alles.

Doch ich schreckte hoch, als jemand plötzlich in meinem Türrahmen stand, leise an das Holz klopfte. Ich hatte es nicht einmal mehr geschafft sie zu schließen. Als ich die Person durch meine verschleierte Sicht erkannte, wünschte ich mir, sie lieber doch verriegelt zu hätten.

,,G-Geht es dir gut?", fragte Loki, wollte in mein Zimmer eintreten, doch ich protestierte. ,,Ja mir geht es gut.. aber mir würde es noch viel besser gehen, wenn du mich allein lässt", antwortete ich ihm genervt, doch meine Stimme schien immer mehr an Volumen zu verlieren.

Er kam mir nicht näher, machte aber auch keine Anstalten mein Zimmer wieder zu verlassen. Sein Blick wurde misstrauisch, als er mich dort auf dem Bett beobachtete. Immer mehr verliefen die Farben um mich herum, doch ich konzentrierte mich darauf, jetzt auf gar keinen Fall das Bewusstsein zu verlieren. Nicht so lang er noch hier war. Er wollte etwas sagen, doch ich ließ ihn nicht.

,,Loki.. bitte geht jetzt einfach okay? Ich möchte allein sein, wirklich", ich hatte das Gefühl, dass ich nur noch flüsterte, dass er es nicht einmal mehr hören würde. Doch scheinbar tat er es doch, denn ich hörte, wie er sich wieder in Bewegung setzte. Doch nicht, weil er mein Zimmer verließ, sondern weil er dichter auf mich zu kam. Plötzlich beugte er sich vor mich, sah mir tief in mein Gesicht.

,,Du bist total blass.. geht es dir wirklich gut?", fragte er erneut. Doch ohne ihm noch antworten zu können, nahm ich meine Hand von meinem Bauch, die ich die ganze Zeit über dort platziert hatte, um ihn etwas von mir wegzudrücken. Doch ich erschrak, als Blut auf dieser klebte, welches auch sein Hemd an der Stelle rot färbte, an der ich ihn berührt hatte.

Lokis Augen weiteten sich, sofort sprang er auf, nahm sanft meinen anderen Arm von meinem Bauch und es offenbarte sich ein roter Fleck auf meinem Kleid. Die Wunde musste aufgeplatzt sein, als ich zu Boden fiel.

,,D-Du bleibst hier, beweg dich nicht", stotterte er und bevor ich etwas sagen konnte, lief er auch schon aus meinem Zimmer. Ob er jemandem holen würde? Doch bevor ich mir wirklich darüber Gedanken machen konnte, kam er auch schon zurück, allein, mit einem Glas, voll mit einer Paste.

,,Leg dich hin", befahl er mir, was ich tatsächlich, wahrscheinlich, weil ich wirklich kurz davor war ohnmächtig zu werden, befolgte. Er setzte sich zu mir an die Bettkante, schmierte sich etwas von dem Zeug auf die Finger. ,,Zieh dein Kleid hoch", sagte er beinahe schon unbekümmert, auch wenn ich die Besorgnis in seinen Augen sah. Moment mal, was war das gerade?

,,I-ich.. Ich werde das ganz sicher nicht m-machen", stotterte ich, konnte aufgrund der Schmerzen kaum noch reden. Der Schweiß lief an meiner Stirn herunter, ich hatte das Gefühl innerlich zu verbrennen. Loki, der mittlerweile etwas dichter zu mir gerutscht war, verdrehte seine Augen.

,,Jetzt stell dich nicht so an, ich will dir nur helfen", schnaufte er mich an. Für einen kurzen Moment sah ich zu ihm, überlegte, ob es das wirklich wert war, aber auf Sterben hatte ich gerade nicht sonderlich viel Lust. Deshalb zog ich das Kleid nach oben, so weit über meinen Bauch, dass die klaffende Wunde zum Vorschein kam. Ich schloss meine Augen, als er die dickflüssige Paste auf die Stelle rieb.

Eigentlich hatte ich wirklich erwartet, dass es höllisch brennen würde, doch das tat es nicht. Es war eher ein wohliges Kribbeln, welches sich von der Wunde aus über meinen ganzen Körper ausbreitete. Sofort spürte ich, wie das Fieber wieder nachließ, wie die Schmerzen betäubt wurden. Selbst meine Sicht wurde wieder klarer. Deshalb erkannte ich auch, dass Loki mittlerweile nicht mehr nur meine Wunde zu begutachten schien.

,,Hast du noch einen Verband?", riss ich ihn deshalb aus seinem Gestarre und sofort nahm er den Stoff zu Hand, welchen er neben sich gelegt hatte und wollte ihn mir umlegen, doch ich entriss ihm diesen.

,,Danke, aber ich denke, dass kann ich selbst", sagte ich, woraufhin er ein Schmunzeln nur schwer verstecken konnte. Vorsichtig setzte ich mich auf, legte den Verband auf die Wunde und wickelte diesen zweimal um meinen Körper. Nachdem ich sichergestellt hatte, dass er auch wirklich fest saß, zog ich endlich auch dieses verdammte Kleid wieder nach unten, auch wenn es wahrscheinlich das Beste wäre, mich direkt umzuziehen. Mit einer Hose und einem T-Shirt wäre das alles um Längen unkomplizierter gewesen.

Als Loki bemerkte, dass es mir scheinbar wieder besser ging, stand er von der Bettkante auf und wollte aus dem Zimmer verschwinden, aber ich rief ihn zurück.

,,Was war das für ein Zeug?", fragte ich ihn, woraufhin er anfing zu Lächeln, bevor er zurück ging und sich wieder auf das Bett setzte. So als hätte er nur darauf gewartet, dass ich ihm diese Frage stelle. ,,Eine Paste aus sämtlichen Kräutern, die nur hier in Asgard zu finden sind. Es hat mich beinahe Jahrhunderte gekostet, sie zu perfektionieren", sagte er stolz.

Beeindruckt weitete ich meine Augen. ,,Das Zeug ist von dir? Ich bin wirklich überrascht, hätte ich dir gar nicht zugetraut", schmunzelte ich, woraufhin er mir einen leicht beleidigten Blick zu warf.

Doch ich erwischte mich selbst dabei, wie unbekümmert ich auf einmal neben Loki war. Neckte ich ihn gerade etwa? So als wären wir alte Bekannte.. oder Freunde? Oh Gott, was war nur los mit mir? Coulson würde sich im Grabe umdrehen, wenn er uns so sehen würde. Mein Gesichtsausdruck wurde kühler, als ich mir das ins Gedächtnis holte. Auch Loki schien von unserer plötzlichen Unbeschwertheit überrascht zu sein.

,,I-ich sollte jetzt wieder gehen. Falls du noch Schmerzen hast, dann reib dich damit einfach nochmal ein, ich lass dir die Paste hier", sagte er, stellte sie mir neben meinen Nachtisch und wollte gerade rausgehen, als er dann doch noch ein letztes Mal am Türrahmen stehen blieb. Plötzlich wirkte sein Blick noch angespannter als zuvor.

,,Ich.. ich bin übrigens vorhin zu dir gekommen, weil.. weil ich dir mitteilen wollte.. dass ich.. dass ich dein Dorf gefunden habe", mein Herzschlag wurde direkt schneller, als ich realisierte, was er da gerade gesagt hatte.

Mein Dorf? Das Dorf, in dem ich angeblich aufgewachsen war? Hier auf Asgard? Ich konnte nichts sagen, zu sehr hatte sich jeder Muskel in meinem Körper angespannt.

,,Du musst dort nicht hin, wenn du nicht willst. Aber wenn du bereit dafür bist, dann werde ich dich unterstützen", sagte er weiter, wartete darauf, dass ich etwas sagen würde, doch ich konnte nicht. Noch immer starrte ich ihn entgeistert an, so lang bis er mir noch ein letztes Mal zulächelte, bevor er leise die Tür hinter sich schloss und mich somit allein ließ.

•°•

Unruhig lag ich in meinem Bett, rollte von der einen zur anderen Seite, mittlerweile war es schon Mitten in der Nacht und das Licht der unzähligen Sterne um diesen Planeten herum schien in mein Zimmer.

Ich konnte an nichts anderes mehr denken, als das, was mir Loki erzählt hatte, kurz bevor er mein Zimmer verließ. Ich hatte die Chance, endlich meine Familie wieder zu sehen? Auch wenn ich keine Erinnerungen mehr an sie hatte, überkam mich das Gefühl, als würde ein Teil tief in mir sie vermissen. Ein Teil, der noch wusste wer sie waren. Vielleicht würden meine Erinnerungen endlich wieder zurückkommen, wenn ich bei ihnen war?

Aufgebracht stand ich auf und lief in meinem dunklen Zimmer Hin und Her. Auch wenn meine Wunde vor einigen Stunden aufgerissen war, schien sie durch Lokis Paste schon mehr verheilt zu sein, als heute Morgen noch.

Das brachte meine Gedanken doch wieder direkt zu ihm. Hatte er sich wirklich die Mühe gemacht, etwas über meine Vergangenheit herauszufinden? Etwas über mein Dorf? Die Schuldgefühle mussten ihn anscheinend noch immer plagen, wenn er das alles wirklich selbst herausgefunden hatte. Ob er es wirklich nur deshalb getan hatte? Moment.. was kümmerte mich das eigentlich?

Verdammt, ich hielt das nicht mehr länger aus. Ich blieb plötzlich Mitten in dem Raum stehen, fasste einen Entschluss, auch wenn ich mich dafür wahrscheinlich später wieder Ohrfeigen könnte. Ich fühlte mich eigentlich noch nicht bereit dazu, meine Familie und das Dorf, welches mich umbringen wollte, wiederzusehen. Doch seit dem ich wusste, dass diese Chance wirklich bestand, konnte ich an nichts anderes mehr denken. Es machte mich verrückt.. diese Ungewissheit. Ich war so kurz davor, endlich die ganze Wahrheit zu erfahren.

Ich seufzte müde. Okay, ich würde das also wirklich tun. Mit rasendem Herzen verließ ich mein Zimmer, tappste durch den dunklen Flur, bis ich nach wenigen Metern vor meinem Ziel stand. Noch ein letztes Mal atmete ich tief durch, bevor ich leise an die Tür klopfte. Es dauerte einen Moment, bis sich diese vor mir öffnete.

Erstaunt blickte Loki zu mir. Verständlich, ich hätte es ja selbst nicht erwartet, dass ich jemals Mitten in der Nacht plötzlich an seiner Tür klopfen würde und das nur in meiner Nachtrobe. Ich räusperte mich kurz.

,,Hi.. also.. ich.. ich würde mich wirklich freuen, w-wenn du mich zu dem Dorf begleiten würdest", stotterte ich. Warum war ich denn jetzt so aufgeregt? Loki mir gegenüber zog eine Augenbraue nach oben, schmunzelte dabei. Es wirkte fast so, als würde ihn meine Unsicherheit amüsieren. Hey.. was hatte er auch erwartet, immerhin würde ich endlich meine Familie wiedersehen.

,,Komm morgen einfach zu mir, wenn du dich bereit fühlst", sagte er, unterdrückte dabei ein Gähnen. ,,Danke dir.. wirklich", flüsterte ich ihm zu, bevor ich mich zurück auf den Weg zu meinem Zimmer machte. Ich musste jetzt wirklich etwas Schlaf finden.

Entweder war es die Schlaflosigkeit, oder diese Paste, die meine Sinne vernebelten, anders konnte ich mir nicht erklären, warum mein Herz noch immer so raste, selbst wenn ich gar nicht mehr an morgen dachte..

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Hey, ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen!
Über Feedback von euch würde ich mich sehr freuen. :)

lea <3

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