30. ϾФЛТΛϾТ

[Levi]

Ich stand vollkommen neben mir und hatte kein wirkliches Ziel, dem ich entgegen fuhr. Mein Körper handelte völlig automatisch, den Ort zu verlassen.
Doch in meinen Kopf war nichts als Chaos.
Verdammt! Immer wieder schlug ich mit der Faust gegen das Lenkrad. Das konnte doch nicht wahr sein! Jahrelang hatte ich es geschafft mein Umfeld nicht in meine Scheiße mit hineinzuziehen und nun hatte ich genau das Leben einer Person auf den Gewissen, welche mit der Person in Verbindung stand, die mir etwas bedeutete!

Gerade als ich wirklich geglaubt hatte, dass ich der Dunkelheit den Rücken zukehren konnte, kettete sie mich an ihre kalten Fesseln und lachte mich aus. Vollkommen in Gedanken riss ich das Lenkrad abrupt herum und wich dem Gegenverkehr aus. Mein Atem ging hektisch, als ich an den Rand fuhr und dort parkte. Es hätte nicht mehr viel gefehlt und ich hätte noch mehr Menschen ins Unglück gestürzt.

Scharf sog ich die Luft in meine Lungen und fuhr mir durchs Haar, während ich mich im Sitz zurücklehnte. Ich war wohl völlig automatisch in diese Richtung gefahren, denn ich konnte das Bürogebäude erkennen. Meine Brauen schoben sich zusammen. Es war ungewöhnlich, dass noch am Eingang Licht brannte. Mit einem Schlag zog sich meine Brust zusammen und mein Kiefer spannte sich an. Ich riss die Fahrertür auf und hastete aus dem Wagen.

Dieser Druck in meiner Brust …

Ich hatte dieses seltsame Gefühl schon den ganzen Abend und es wurde jede Sekunde unerträglicher! Ohne weiter nachzudenken, führten mich meine Beine zum Eingang des Bürogebäudes. Mit einem Ruck öffnete ich so hart die Tür, dass sie gegen die Wand prallte und das Glas Risse bekam. Doch das störte mich gerade einen Scheiß! Ich rannte an der Anmeldung vorbei, weiter den Flur entlang.

Meine Augen weiteten sich. Meine Kehle schnürte sich zu. Mein Körper blieb für einige Sekunden wie versteinert. Als ersten fiel mein Blick auf den Wachmann, dieser lehnte an der Wand und schien bewusstlos zu sein. Es sah fast so aus, als sei er in einer Schlägerei verwickelt gewesen. Etwas weiter weg erkannte ich Kirschstein. Dieser lag auf dem Bauch und unter ihm erstreckte sich eine Pfütze aus Blut.

Was zum Teufel? Was war hier passiert?

Ich sammelte mich augenblicklich wieder und ging weiter. Der Wachmann war nur bewusstlos. Doch Kirschstein … aus seiner Halsschlagader trat immer noch Blut. Jedoch war es schon zu spät.

»Scheiße! Verdammt!«, fluchte ich und holte mein Handy heraus. Gerade als ich den Krankenwagen verständigen wollte, kam mir ein Wimmern über die Wände des langen Flurs entgegen. Wieder nahm der Druck in meiner Brust zu. Langsam ging ich dem Wimmern entgegen und erkannte einzelne Blutspuren am Boden. Bis ich innehielt, als ich in die Ecke schaute, die zum Treppenaufgang führte.

Kana!! Sie hockte dort. Ihr Rücken war zu mir gewandt und ein verzweifeltes Schluchzen entkam ihren bebenden Körper. Ihre Bluse war komplett zerrissen und ab der Hüfte an war sie nackt. Mein Puls dröhnte in den Ohren. Zögerlich setzte ich einen Fuß vor den anderen und kam ihr näher.

»K-Kana …!« Sie reagierte nicht. Vorsichtig beugte ich mich zu ihr herunter und berührte sie an der Schulter.

»Kana wa -« Ich fuhr augenblicklich zurück. Kana wirbelte hektisch herum und schrie hysterisch auf. Wie von Sinnen trat sie um sich. Zum ersten Mal in meinem Leben wurde ich komplett überrumpelt. Überrascht und geschockt zugleich, schaffte es Kana mich um zu reißen. Mit einem verzweifelten Schrei setzte sie sich auf mich und wollte mit der Faust ausholen, ehe sie innehielt und mich mit aufgerissen Augen anstarrte.

»K-Kana …«, entkam es mir brüchig und ich beugte mich nach vorne. Immer noch starrte sie mich an, als sei ich ein Geist. Bis sich ihr Gesicht verzog und sie bitterlich anfing zu weinen. Mit voller Wucht schlug sie immer wieder gegen meine Brust und vergoss dabei immer mehr Tränen. Ich biss mir auf die Unterlippe.

»Wo warst du?!«, schrie sie abgehakt und schlug immer weiter ihre Fäuste gegen meinen Oberkörper. »Wo warst … du …?!« Unter Schluchzen sackte sie zusammen und ihr Kopf lehnte sich kraftlos an meine Schulter.

Ich war wie versteinert. Ich starrte ins Leere und mir wurde schlagartig klar was genau sich hier abgespielt hatte. Ihr ganzer Körper war mit Blut bedeckt und etwas weiter vom Treppenaufgang lag ein blutiger Kugelschreiber. Wahrscheinlich war Kirschstein ihr zu Nahe gekommen und der Wachmann wollte helfen. Doch dieser hatte Kana wahrscheinlich auch berührt. Ich konnte zwar nur erahnen, ob diese dreckigen Bastarde sich dann das Streiten bekamen. Jedoch hatte ich eine genaue Vorstellung von dem anderen …

Ich schlang meine Arme vorsichtig um Kanas Taille und presste sie an mich.

»Wo warst du?!«, wiederholte sie nochmals leise und zittrig, ehe sie schlagartig aufsah und mir eine Ohrfeige verpasste. Mein Kopf neigte sich zur Seite und mein Gesicht lag im Schatten.

Ja …
Wo war ich gewesen?! Wo war ich, als sie ...
Ich war nicht da ...
Stattdessen hatte ich ihre Mutter ...

Ich spürte gar nichts mehr. Verzweifelt krallte Kana ihre Nägel in meine Schultern und ich hörte nur noch ihr Schluchzen.

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