Als meine Nase juckte und irgendetwas daran kitzelte, schlug ich die Augen auf und setzte mich ruckartig auf. Was sich als schwierig herausstellte, denn auf meinem Bauch lag ein Leopard, der sich dort zusammengerollt hatte und schlief.
"Yemaya", zischte ich, in der Hoffnung, sie würde aufwachen, aber es kam keine Reaktion. Seufzend schaute ich mich um und versuchte, mich irgendwie wegzubewegen, blieb jedoch erfolglos. Yemaya rührte sich kein Stück und ich konnte sie nicht einfach von mir runterschubsen.
"Yemaya!" Dieses Mal hob ich die Stimme, aber sie hörte mich trotzdem nicht. Entweder schlief sie tief und fest, oder sie ignorierte mich.
Ich warf einen Blick auf die Uhr. Wir mussten gleich aufstehen. Das bedeutete, dass der Wecker gleich losgehen würde und Yemaya musste aufwachen, wenn sie den hörte.
Normalerweise wäre sie jetzt schon wach, aber gestern war ein anstrengender Tag gewesen und wir hatten beide lange gebraucht, um einzuschlafen. Ich war zuerst weggepennt, und scheinbar war sie dann auf mir eingeschlafen, weil sie so fertig gewesen war.
Der schrille Alarmton meines Weckers riss Yemaya dann tatsächlich aus dem Schlaf. Ihr Fell sträubte sich und sie sprang auf. Ihre Katzenaugen funkelten mich gereizt an, als sie sah, wie ich über sie lachte.
Sie gab eine Art Fauchen von sich, streckte sich ausgiebig und sprang von meinem Bett hinab. Nun war es an mir, mich zu strecken, und schließlich stand ich auch auf.
Das erste, das ich tat, war, nachzuschauen, ob Brandon mir geschrieben hatte. Keine neuen Nachrichten. Schade.
Ich schnappte mir ein paar frische Klamotten und verschwand im Bad. Ich warf einen Blick ins Spiegelbild. Ich sah komplett übermüdet aus, meine Augen waren gerötet und verquollen. Ich fing an, mir die Haare zu kämmen, und versuchte, nicht über Brandon und seine Freunde nachzudenken, aber meine Gedanken gingen immer wieder dorthin zurück. Waris hatte ein verdammtes Mikrofon unter seiner Haut gehabt. Das bedeutete, dass Miss Youngblood es ernst meinte. Und sie schreckte vor nichts zurück.
Ich machte mir unglaubliche Sorgen um unsere neuen Freunde. Klar, wir kannten uns nicht lange und mit den meisten von ihnen war ich nicht wirklich befreundet, aber ich vermisste sie alle jetzt schon, und ich wollte sie auf keinen Fall im Stich lassen. Brandon hatte zwar gesagt, dass momentan alles okay war, aber Miss Youngblood oder Milling konnten jeden Moment zuschlagen und wenn das passierte, wollte ich dabei sein, um etwas gegen die beiden zu tun.
"Akossiwa!" Yemayas Stimme brachte mich in die Realität zurück. "Beeil dich doch mal!"
ich stöhnte genervt auf und legte die Bürste zur Seite. Erneut verfing ich mich in meinen Gedanken und starrte mein Spiegelbild wie benommen an. Waren meine Wangenknochen immer so hoch gewesen? Waren meine Lippen immer so rissig und trocken gewesen?
Ich zuckte die Schultern und verließ das Bad, um Yemaya, die jetzt wieder ein Mensch war, reinzulassen. Ich warf einen Blick auf mein Handy, um die Uhrzeit abzuchecken. Dabei fiel mein Blick auf das Hintergrundbild. Ein Bild, das meine Familie zeigte, als wir eben noch genau das waren. Immer, wenn ich dieses Bild sah, fiel mir die Ähnlichkeit zwischen mir und meinem Vater auf. Wir hatten denselben dunklen Hautton, dieselbe gerade, breite Nase, dieselben Augen, sogar dieselben buschigen Augenbrauen. Nur die Lippen waren etwas anders, und ich hatte größere Ohren als er. Außerdem war er deutlich größer und breiter gebaut als ich. Er war ja auch ein Mensch. Meine Mutter hatte dieselbe Figur wie ich, sie war ebenfalls ein Maskenweber, aber ansonsten sahen wir uns nicht ganz so ähnlich.
Ich stieß ein tiefes Seufzen aus. Auf dem Bild wirkten wir glücklich. Mittlerweile hatte ich meine Mutter seit zwei Jahren nicht mehr gesehen, weil sie lieber in ihrer Vogelkolonie lebte, als mit mir und meinem Vater zusammen zu leben. Mittlerweile hatte ich auch schon locker mehr als zwanzig Geschwister - wenn man meine drei Geschwister dazuzählt, die alle Maskenweber waren.
"Geht's dir nicht gut?", fragte Yemaya, als sie wieder aus dem Bad kam. Besorgnis spiegelte sich in ihrem Blick.
Ich schüttelte schnell den Kopf. "Was? Nein, mir geht's gut."
"So sahst du aber eben nicht aus", wandte sie ein. Sie legte die Stirn in Falten. "Du sahst so unglücklich aus."
"Achso ... Äh, ich mach mir nur Sorgen wegen Brandon und so", erwiderte ich. Sie schenkte mir ein mitleidiges Lächeln und legte mir die Hand auf die Schulter. "Mach dir keinen Kopf. Denen passiert schon nichts."
Ich wünschte, ich könnte so überzeugt davon sein, wie sie es war. Ich liebte Yemayas Optimismus, aber gerade half er mir nicht wirklich. Zudem kam die Wut auf Mr. Steenkamp zurück. Konnte er uns nicht einfach gehen lassen? Wir würden jetzt vielleicht nicht die größte Hilfe sein, aber gar nichts für die anderen zu tun, fühlte sich einfach falsch an.
Yemaya und ich fuhren gleichzeitig herum, als mein Handy zu klingeln begann. Der Name auf dem Bildschirm leuchtete auf. Brandon.
Wir tauschten einen Blick und ich schnappte das Handy und nahm den Anruf an, mein Herz hämmerte wild gegen meine Brust.
"Ja?", meldete ich mich. Im Hintergrund war Rauschen und das Reden irgendwelcher Menschen zu hören.
Schließlich ertönte Brandons Stimme. "Akossiwa? Wir haben ein Problem. In drei Tagen machen wir einen Ausflug in die Rocky Mountains und Carag hat gerade eine E-Mail bekommen, in der ihm gedroht wurde, dass ihn und seine Freunde eine böse Überraschung beim Ausflug erwartet." Einen Moment lang herrschte Stille. Yemaya schrieb Waris, dass er zu unserem Zimmer kommen sollte. "Mir ist nicht wohl bei der ganzen Sache", vollendete Brandon seine Erzählung.
"Von wem ist die Nachricht?", wollte ich wissen.
"Wahrscheinlich von Miss Youngblood oder einem Helfer von ihr. Milling kann ja schlecht als Tier was geschrieben haben, es sei denn er hat einen Weg gefunden, die Blockade rückgängig zu machen", antwortete Brandon. "Habt ihr eine Idee, was wir machen sollten? Wir wollen nämlich schon gerne auf den Ausflug gehen ..."
"Könnt ihr den nicht einfach umplanen? Auf einen anderen Tag verlegen oder woanders hingehen?", warf Yemaya ein. Bevor Brandon antworten konnte, klopfte es an der Tür und sie stand auf und machte für Waris auf.
Der sah aus, als wäre er gerade erst aufgestanden - übermüdet und mit zerstrubbelten Haaren, was aber auch daran liegen konnte, dass er seine Haare wegen den Perlen da drin nicht kämmen konnte.
"Was ist los?", wollte er wissen und schloss die Tür hinter sich.
"Hey", meldete sich Brandon.
"Oh, hallo, Brandon." Waris ließ sich neben uns auf den Boden fallen und warf mir und Yemaya einen verwirrten Blick zu.
Sorry, dass es so unregelmäßige und seltene Updates bei meinen Stories gibt. Ich arbeitete gerade an einem größeren Projekt (keine Fanfiction) und hab deswegen nicht so viel Zeit, weiter zu schreiben.
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