[01]
Jisung PoV
Das laute Surren der kleinen Nadeln in meiner Hand erstarb und ich betrachtete zufrieden das Kunstwerk, das auf der Haut meines Kunden entstanden war. Ich war immer wieder glücklich, wenn ich die Ergebnisse meiner stundenlangen Arbeit sah. Das war auch der Grund, warum ich damals beschlossen hatte mit meinen Freunden Changbin und Chan ein Tattoostudio zu eröffnen. Unser ursprünglicher Plan Musik zu machen, war bedauerlicherweise im Sande verlaufen, doch glücklicherweise war Musik nicht unsere einzige gemeinsame Leidenschaft und so waren wir zu diesem Studio gekommen.
"So. Das war's auch schon. Sie können es sich noch in Ruhe im Spiegel da drüben ansehen, bevor ich es versorge.", meinte ich freundlich und beobachtete die Reaktion meines Kunden. Es war ein recht aufwendiges Tattoo gewesen, weshalb ich wirklich hoffte, dass es ihm genauso gut gefiel wie mir.
"Woah... Das ist der Hammer! Vielen Dank.", antwortete er begeistert, was mir ein kleines Lächeln auf die Lippen brachte. Es war immer wieder schön zu sehen, dass jemand meine Arbeit schätzte und sich daran erfreute.
"Darf ich noch ein Foto machen, bevor Sie es versorgen?"
"Natürlich, machen Sie nur.", antwortete ich. Ich wusste, wie schön es war, wenn man ein neues Tattoo bekam und es einem gefiel. Ich hatte selbst einige Tattoos und bereute keines davon. Nicht einmal den kleinen Flügel, den ich auf der Innenseite meines linken Armes trug und der mich immer wieder aufs Neue an ihn erinnerte. An Minho. Wir hatten das gleiche Tattoo. Ich hatte sie selbst gestochen. Seines rechts und meines links. Er hatte es vorgeschlagen. Weil Tattoos für immer waren. So wie wir. Das hatte er gesagt. Und dann hatte es kein halbes Jahr mehr gedauert, bis er gegangen war. Er hatte mich verlassen, um in Japan als Background Dancer für BTS auf Tour zu gehen. Er war nun bereits seit einem Jahr wieder von der Tour zurück und auch wenn er meinte, dass er zu mir zurück kommen wollte, glaubte ich da inzwischen nicht mehr dran. Trotzdem vermisste ich ihn jeden Tag. Ich liebte ihn immer noch, doch ich würde ihn nie wieder sehen.
(A/N: Bild vom Tattoo ist oben)
Völlig in Gedanken vertieft merkte ich nicht, dass sich mein Kunde wieder auf den Stuhl setzte, damit ich das Tattoo versorgen konnte.
"Ist alles gut bei Ihnen?", fragte er und holte mich damit zurück in die Wirklichkeit.
"Hm? Ja. Alles gut ich hab nur... Ist eigentlich auch egal.", meinte ich und begann damit, das Tattoo zu versorgen. "Ich musste nur an jemanden denken, den ich sehr vermisse. Das ist alles."
"Oh, das kann ich gut verstehen. Aber keine Sorge. Das Negative findet immer ein Ende."
"Das hoffe ich doch sehr.", sagte ich. "Okay, alles fertig. Jetzt müssen sie sich nicht noch mein Gejammer anhören."
Er bezahlte und ging dann. Ich räumte alles weg, was ich gebraucht hatte, und setzte mich in den hinteren Teil des Studios, in dem wir an den Designs arbeiteten. Genau das wollte ich jetzt auch tun, denn auch wenn es mein letzter Kunde für heute war, hatte ich noch lange nicht Feierabend. Ich wollte mich jetzt noch an ein paar Zeichnungen setzen, die ich bald fertig haben musste. Chan machte normalerweise die meisten der Designs, da er wirklich Talent dafür hatte. Changbin's Talente lagen dafür eher beim Tattoowieren an sich und ich mochte beides, also glichen wir uns alle ziemlich gut aus.
"Hey, Ji.", begrüßte mich Chan und setzte sich zu mir in den büroartigen Raum. In seiner Hand hatte er eine Plastiktüte, bei der ich wirklich hoffte, dass sie etwas zu Essen beinhaltete, denn ich war am Verhungern.
"Hi, Chan. Wie läuft es bei dir?", fragte ich ihn.
"Gut soweit. Kannst du morgen mit einem der Kunden sein neues Tattoo besprechen? Changbin und ich bekommen ihn nicht unter, aber bei dir sollte er noch rein passen."
"Kann ich machen. Hat er gesagt, was er für eins will?"
"Er wollte etwas ergänzen, aber er hat nicht genau gesagt was."
"Seh ich dann ja morgen."
"Jap. Hunger?", fragte er und hielt die Plastiktüte hoch.
"Ich dachte schon, du fragst nie.", antwortete ich und er gab mir einen Pizzakarton, den ich sofort öffnete, um mich über den Inhalt her zu machen. "Du bist der beste, Chan."
"Ich weiß, ich weiß. Ist Changbin noch nicht fertig?"
"Der macht gerade auch noch seinen letzten Kunden für heute. Aber das sollte nicht mehr allzu lange dauern. Mhm... Diese Pizza ist so gut... Ich heirate die Person, die das gemacht hat, einfach nur damit ich das jeden Tag essen kann."
"Was ist mit Min-"
"Ich will seinen Namen nicht mehr hören, Chan.", unterbrach ich ihn. "Er wird nicht mehr wieder zu mir kommen und damit muss ich klar kommen."
"Liebst du ihn denn noch?"
"Ich liebe ihn mehr als mich selbst.", antwortete ich und begann zu schluchzen. "Warum tut er mir so weh? Warum? Er hat gesagt, dass er immer bei mir bleibt und dann sowas. Es ist über ein Jahr her, aber es fühlt sich immer noch genauso an, wie als wäre er gestern gegangen."
"Shht... Ist gut, Ji.", versuchte Chan mich zu beruhigen und umarmte mich. "Ich hätte nicht fragen sollen. Tut mir leid."
"Nichts ist gut. Ich vermisse ihn so sehr..."
"Ich weiß..."
Er sah auf meinen Arm, wo in unmittelbarer Nähe des Flügel-Tattoos ein Symmikolon seinen Platz gefunden hatte, das seine Bedeutung ebenfalls durch Minho bekommen hatte. Vor allem zu Beginn hatten mich viele dunkle Gedanken eingeholt, die mich in den Wahnsinn trieben. Meine Sehnsucht nach meiner großen Liebe hatte mich fast ins Grab gebracht, doch ich hatte mich entschlossen, dagegen anzukämpfen und stark zu bleiben, auch wenn er nicht mehr bei mir war. Auch wenn ich wusste, dass meine Liebe zu ihm ziemlich genau so war das Tattoo. Vielleicht würde sie eines Tages verblassen, aber ganz verschwinden würde sie nie.
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