3 | 70 | Frage aller Fragen
Ich mache es kurz. Viel Spaß mit dem Kapitel. Ich mag es sehr 😆
„Warum sollte sie nein sagen?", fragte Marten und schüttelte grinsend den Kopf.
„Ehrlich, Bruder. Wenn ich mir bei jemandem keine Sorgen mache, dann bei ihr", pflichtete Raphael Johns Cousin bei.
„Ich weiß nicht; kann doch sein, dass sie mich gar nicht heiraten will. Wir haben lang nicht mehr über das Thema gesprochen", sagte John nachdenklich und nippte an seiner Mische. Dabei ließ er seinen Blick in Richtung Veranda gleiten. Cassie saß dort gemeinsam mit Iara und Nika und war mit ihnen in ein Gespräch vertieft. Sie hatten in ihren Geburtstag reingefeiert und inzwischen hatte es sich draußen deutlich abgekühlt, also hatte sie sich einen seiner Hoodies übergezogen. Die Kapuze hatte sie sich ins Gesicht gezogen, während sie an ihrem Getränk nippte. Auch im Dämmerlicht war sie wunderschön.
Als sie Nika ein strahlendes Lächeln schenkte, hatte er das Gefühl, dass Cassies Augen bis hierher leuchteten. Je näher der große Moment rückte, desto nervöser wurde er. Dabei war er sich seiner Sache immer so sicher gewesen; doch jetzt überkamen ihn doch erste Zweifel. Deshalb stand er seit einiger Zeit zusammen mit Marten und Raphael im Garten und suchte Zuspruch bei ihnen.
„Mach dir keine Gedanken", winkte Raphael ab und riss ihn damit aus seinen Gedanken.
„Was, wenn sie nein sagt?", wiederholte er seine Frage.
„Wird sie nicht", versicherte Marten ihm. Er drehte ihm seinen Kopf zu.
„Hast du keine Bedenken gehabt, dass Nika nein sagen könnte?", wollte er wissen.
„Das war was ganz anderes. Ihre Eltern hatten immer Schwierigkeiten mit mir und nach der Razzia im Dolls ist die Lage komplett außer Kontrolle geraten. Wenn sie in der Situation abgelehnt hätte, hätte ich es sogar verstanden; aber sie hat zu mir gehalten, so, wie Cassie zu dir halten wird. Du hast immer hinter ihr gestanden, ihr sogar das Leben gerettet und sie wäre bereit, ihre Träume für dich aufzugeben", erwiderte Marten.
„Aber was, wenn sie sich gar nicht für immer binden will?", hakte John nachdenklich nach.
„Sie versucht, mit dir ein Kind zu bekommen. Mehr für immer geht nicht", widersprach Raphael ernst.
John nickte zustimmend.
„Okay, klingt plausibel", räumte er ein. „Aber was, wenn das Timing gerade einfach schlecht ist? Nach allem, was in der letzten Zeit passiert ist, hat sie vielleicht gar keinen Kopf dafür."
„Ich glaube, du machst dir zu viele Gedanken, Bruder", sagte Raphael. „Du hast einen Bombenantrag geplant; keine Frau der Welt würde nein sagen."
John atmete tief durch.
„Wahrscheinlich habt ihr Recht; ich bin einfach unfassbar nervös deswegen. Ich wollte nie heiraten; jedenfalls nicht, bis ich Cassie wiederbegegnet bin und wir wieder zusammengekommen sind. Aber gerade nach den letzten Monaten will ich ihr zeigen, wie ernst es mir ist; ganz egal, wie unsere Umstände sind; ob wir eine intakte Familie haben, Kinder bekommen können oder Geld haben spielt dabei keine Rolle. Ich will, dass sie weiß, dass ich nur sie will und keine andere. Sie soll sich sicher fühlen können", erklärte John.
„Wird sie", versicherte Marten. „Überleg dir lieber, wie du ihr schonend beibringst, dass sie statt deiner Geburtstagsüberraschung eigentlich ihren eigenen Antrag geplant hat."
John lächelte.
„Du wirst genauso dran glauben müssen, wenn sie herausfindet, dass du auch in der Sache mit drinhängst", sagte er. Immerhin hatte er von Anfang an von Cassies und Martens Treffen gewusst, die Cassie für heimlich gehalten hatte. Dabei war die Sache von der ersten Verabredung an abgesprochen gewesen und Marten hatte ihm stets auf dem Laufenden gehalten. John hatte sicherstellen wollen, dass Cassie einen Trip nach L. A. buchte und sie absichtlich in dem Glauben gelassen, sie würde ihm damit eine Überraschung bereiten; dabei war sein Antrag die eigentliche Überraschung zu ihrem Geburtstag. Vermutlich hatten die beiden recht; sie würde niemals zögern, seinen Antrag anzunehmen.
Jedenfalls hatte John das geglaubt, bis er in diesem Augenblick, der eigentlich so märchenhaft sein sollte, in Cassies verunsichertes Gesicht schaute.
„Oh mein Gott, ich-"
Seine Erinnerungen an sein Gespräch mit Marten und Raphael verblassten, als Cassie endlich ihre Sprache wiederfand. Sofort war er zurück im Hier und Jetzt; auf der malerischen Terrasse zwischen den märchenhaften, weißen Häusern des romantischen Dörfchens vor dem türkisfarbenen Meer. Die Sonne strahlte am Himmel, die Fotografin stand nur einige Meter von ihnen entfernt, um den magischen Moment direkt für immer festzuhalten.
Doch Cassie hatte seit seinem Antrag kein Wort mehr gesagt. Noch immer kniete er vor ihr und schaute erwartungsvoll zu ihr auf. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und das Blut rauschte durch seine Ohren. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn, als sich Entsetzen in Cassies Augen widerspiegelte. Ihre Finger zitterten. Sie taumelte zwei Schritte nach hinten, ließ dabei seine Hand los und drohte, das Gleichgewicht zu verlieren, ehe sie sich völlig unerwartet von ihm abwandte und davonstürmte. Er fühlte sich gefangen in dieser Szene, völlig unfähig, sich zu bewegen. Noch immer gelang es ihm nicht, einen klaren Gedanken zu fassen, während er versuchte, zu verstehen, was gerade passiert war.
Er hatte diesen Antrag seit Monaten geplant. Niemals hatte er damit gerechnet, dass sie wirklich kommentarlos davonlaufen würde. Seine Finger schwitzten. Er wusste nicht, ob es die Aufregung oder das Gefühl der Zurückweisung war. Sein Herz hatte sich schmerzhaft zusammengezogen. Wieso ließ sie ihn einfach so stehen?
Zeitgleich mit seinem Unverständnis und seiner Enttäuschung stieg Wut in ihm auf. Was dachte sie sich dabei, ihn nach einem solchen Antrag derart vor den Kopf zu stoßen? Er stand vor allen Anwesenden jetzt da wie ein Idiot. Die gefakte Auftraggeberin, die Fotografin, deren Assistent und der gebuchte Make-Up-Artist schauten ihn unangenehm berührt an. Ihre Blicke waren es, die sein Blut regelrecht zum Kochen brachten. Wieso verhielt sie sich so?
Hatte er in den letzten Wochen nicht genug durchgemacht wegen ihr - wegen ihres Vaters, der es sich offenbar zur Aufgabe gemacht hatte, ihnen das Leben schwerzumachen? Schließlich war er nur durch seine Beziehung zu Cassie zur Zielscheibe geworden. Wie konnte sie es wagen, ihn derart vorzuführen und einfach so zu verschwinden?
Wutschnaubend folgte er ihr. Wenn sie ihn nicht heiraten wollte, sollte sie wenigstens die Größe besitzen, es ihm ins Gesicht zu sagen. Nach all den Jahren Aufrichtigkeit, Treue und Loyalität verdiente er wenigstens das.
Seine Gedanken überschlugen sich, während er sich auf die Suche nach ihr machte. Aus welchem Grund wollte sie ihn nicht heiraten? Was war passiert, dass sie an ihrer Beziehung zweifelte?
Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er durch die schmalen Gassen lief und sich dabei suchend nach ihr umschaute. Zu seiner Überraschung fand er sie unweit von der Shooting-Location. Sie saß schluchzend auf einer kleinen Treppe, die zu einem Hauseingang hinaufführte.
Sie hatte ihre Arme um ihre Knie geschlungen und ihr Gesicht darin vergraben. Als sie ihn bemerkte, schaute sie zu ihm auf. Ihr Gesicht war nass von den Tränen, die über ihre Wangen liefen, und sie rang nach Luft. Er wollte sie gerade anfahren, als er merkte, dass sie hyperventilierte. Sie sah ihn aus großen Augen an, ihr gesamter Körper bebte.
„So schrecklich, dass ich für immer mit dir zusammenbleiben will?", fragte er beißend, während er sich neben sie setzte. Sie ließ ihre Hände zwischen ihre Knie sinken und stieß ein weiteres Schluchzen aus. Sie versuchte, etwas zu sagen, doch sie bekam nach wie vor keine Luft.
„Nein, ich-", japste sie weinend, brach jedoch ab.
„Reiß dich zusammen, okay? Wenn hier jemand heulen sollte, dann ich", forderte er harscher als gewollt, was nur dazu führte, dass sie erneut aufschluchzte.
„Du Arschloch", presste sie mühsam hervor, während Tränen wie Sturzbäche über ihre Wangen liefen.
„Ich bin ein Arschloch?", platzte es aus ihm heraus. „Ich hab dir einen Antrag gemacht – und du hast mich einfach stehenlassen! Wenn du mich nicht heiraten willst, sag es mir gefälligst!"
„Nein!", sagte sie entsetzt. „Ich will. Ich-. Es ist nur-."
Sie brach erneut ab und kämpfte gegen die Panikattacke an. Erst jetzt verstand er, dass ihr unerwartetes Davonstürmen vielleicht doch nicht bedeutete, dass sie seinen Antrag ablehnte.
„Willst du jetzt oder nicht?", fragte er verständnislos. Als sie sich nicht beruhigte, legte er widerwillig seinen Arm um sie. „Du musst dich auf deine Atmung konzentrieren", setzte er etwas weniger hart hinzu. Er versuchte, selbst ruhig und regelmäßig zu atmen, auch, wenn es ihm schwerfiel. Doch nach und nach übertrug sich seine äußere Gelassenheit auf sie, dabei tobte in ihm ein heftiger Sturm.
„Ich möchte dich unbedingt heiraten", sagte sie irgendwann, als es ihr endlich wieder gelang, einen zusammenhängenden Satz zu bilden.
„Aber?", hakte er misstrauisch nach.
„Kein aber", sagte sie und schaute in seine Augen.
Er schüttelte verständnislos den Kopf.
„Warum bist du dann weggelaufen?"
„Weil ich überfordert war. Die ganzen letzten Wochen, ich meine, das ist alles ungeklärt. Es steht alles offen; das mit meinem Vater, das, was sie über dich schreiben; einfach alles. Und statt dich darum zu kümmern, machst du mir so einen tollen Antrag, dabei wissen wir doch gar nicht, was uns erwartet, wenn wir wieder nach Hause kommen. Außerdem werden wir möglicherweise niemals eigene Kinder bekommen können, weil ich immer noch nicht schwanger geworden bin. Ich meine, hast du dir dein Leben wirklich so vorgestellt? Du wolltest immer Kinder", bemühte sie sich, ihre wirren Gedanken zusammenzufassen.
„Und? Sei doch froh, dass ich dich heiraten will, obwohl du beschädigte Ware bist", gab er gleichgültig zurück. Sie starrte empört in sein Gesicht. „John!", platzte es aus ihr heraus.
„Ich liebe dich, okay? Es ist mir scheißegal, ob wir jemals Kinder bekommen oder dein Vater ein Bastard ist. Das gehört alles zu dir dazu; zu dir, Cassie, dem Mädchen, an das ich mein Herz verloren habe, als es sich damals in dieser Schlange ängstlich an mich geklammert hat; dem Mädchen, dessen Hochzeit ich vier Jahre später gecrasht habe, damit es niemanden heiratet, der ihre Liebe und ihr Herz aus Gold nicht Wert ist; dem Mädchen, dem ich verziehen habe, dass sie mit meinem Cousin geschlafen hat, um mich zu vergessen. Dem Mädchen, für das ich beinah gestorben wäre und immer wieder sterben würde, solang ich lebe."
Ihre Augen hatten sich erneut mit Tränen gefüllt. Auch sein Herz war bei seinen Worten schwer geworden.
„Du bist mein Schicksal, Cassie. Bitte glaub nicht, ich würde das, was wir haben, einfach so aufgeben, nur, weil unser Leben nicht so geradlinig verläuft wie das von anderen. Das sind wir einfach nicht und das waren wir nie; wir haben schon immer gekämpft; für alles, was wir erreicht haben. Aber das ist es doch, was uns ausmacht. Wir haben uns das alles zusammen aufgebaut und waren füreinander da, wenn es unangenehm wurde. Niemals werfe ich das weg, nur, weil du auf einmal Angst hast, ja zu sagen."
Sie wischte sich eine Träne weg und schenkte ihm ein Lächeln.
„Womit habe ich dich nur verdient?", fragte sie leise und lehnte sich in seine Umarmung herein.
„Das frag ich mich auch häufig", erwiderte er erleichtert, bevor er all die negativen Gedanken beiseiteschob und ihr einen Kuss gab.
„Das war wirklich ein atemberaubender Antrag. Es tut mir leid, dass ich es so verkackt habe. Ich hatte einfach Panik", seufzte sie reumütig.
„Ich frage dich nur noch einmal, Baby", sagte er ernst und sah aufmerksam in ihr Gesicht. „Willst du mich heiraten?"
Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem Strahlen, ehe sie schließlich euphorisch nickte.
„Ja. Auf jeden Fall will ich dich heiraten", antwortete sie, bevor sie ihm um den Hals fiel und sein Gesicht mit Küssen bedeckte. Er hielt sie einfach nur fest, ließ es geschehen und schaute ihr schließlich tief in die Augen.
„Ich liebe dich", sagte er.
„Ich liebe dich auch", gab sie zurück.
„Dann gib mir endlich den Kuss, den ich seit einer halben Stunde verdient habe", forderte er ernst und strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. Sie biss sich beschämt auf die Unterlippe, dann beugte sie sich zu ihm und küsste ihn.
Ja, ich weiß, es war schon mies, dass sie weggelaufen ist. Ich hoffe, ihr könnt uns verzeihen ❤ und ich hoffe, ihr mochtet das Kapitel trotzdem. Ich finde es schön, dass sie ja gesagt hat, auch, wenn ich inzwischen denke, er ist eigentlich gar kein typischer Antrags-Typ.
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