2 [IN ÜBERARBEITUNG]

Der Partyraum ist so riesig, dass man durch die verschiedenen Scheinwerfer und die Menge an exklusiven Gästen das Ende gar nicht erblicken kann. Natürlich hat es auch verschiedene Bars, wo viel zu viel Alkohol ausgeteilt wird, einige dekorative Vorhänge, Pflanzen - ich denke, es sind vielleicht sogar Plastikpflanzen - und Sofas, Tische, Sitzbänke, Bierpong-Tische, sonstige Spieltische und noch andere solche Sachen eben. Und falls ich es vergessen haben sollte - es hat neben jeder Bar auch ein mini-Buffet. Die einen haben Pralinen, andere Snacks, wiederum andere mini-Sandwiches und einmal mehr müsste ich durch den ganzen Raum wandern, um alles einzeln aufzählen zu können.

Das Ding ist einfach, dass es hier etwa fünfhundert Leute hat, viele davon sind Zwanzigjährige, und dabei habe ich die Angestellten einfach einmal ausgeschlossen. Aber auf jedem Gesicht kann man tiefe Ehrfurcht und Respekt für Brexon und seine Musik erkennen. Die meisten haben wahrscheinlich genug Selbstbeherrschung, nicht in Ohnmacht zu fallen, falls sie ihn tatsächlich sehen oder mit ihm sprechen könnten. Viele sehen aber auch so aus wie ich es im Moment wahrscheinlich tue.

Überwältig und ein wenig verstört zugleich. Ich meine, wer braucht schon so viele unbekannte Gäste bei einer dummen Party? Brexon Dillon. Ich meine, ich kenne den Anlass nicht, aber Les hat mir gesagt, dass dies eine einmalige Gelegenheit ist, den Superstar zu treffen. Und vielleicht meine Fehler auszubügeln. Keine Ahnung, wie zur Hölle ich das anstellen sollte. Er kennt mich nicht, ich kenne ihn nicht. Es kümmert ihn wahrscheinlich gar nicht, was ich mache.

Mit diesem Gedanken atme ich noch einmal tief durch, bevor ich mich ins Getümmel stürze. Nachdem ich eine halbe Stunde orientierunsglos herumirre, werden mir zwei Sachen klar.
Erstens: Diese Party ist ein fataler Fehler gewesen, denn ich habe Leslie seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen und sie braucht mich hier sowieso nicht. Zweitens: Es sind bestimmt noch viel mehr Menschen hier drin, als ich anfangs gedacht habe. Denn ich habe von einem Gespräch gerade aufgeschnappt, dass praktisch das ganze Hotel als Partyraum zur Verfügung steht und dass alle Arten von reichen Leuten und Frischlingen in der Talentebranche sich in diesem Gebäude aufhalten.

Der einzige Haken an der Sache: Das Hotel ist ein wenig abgeschottet, auf privatem Gelände, dass hier keine Paparazzi oder Medien aufkreuzen können. Handys sind wegen der Kameras ebenfalls verboten, allerdings hat es Telefone, die nur für Notfallnummern wie einen Krankenwagen oder so brauchbar sind. Und die dritte aussergewöhnliche Regel ist, dass man ohne Erlaubnis von Brexon das Gebäude nicht verlassen darf. Damit hat er also alles im Griff. Vielleicht ist er deshalb ja nicht hier. Weil er sich um Dinge kümmern muss. Aber das ist mir eigentlich egal. Ich habe nicht mit diesem Typen am Hut -einmal abgesehen von dem Artikel- , also kann es mir egal sein, ob der Rockprinz da ist oder nicht.

In Gedanken versunken knalle ich voll in einen älteren Typen, was mich nur ein wenig ins Schwanken bringt, schliesslich habe ich noch immer High Heels an, ihn aber fest stolpern lässt, sodass er sich an einem der Tische festhalten muss, um nicht unzukippen. Damit bringt er allerdings den kleinen, runden Metalltisch ins Wanken, worauf einige der Getränke darauf umkippen. Ich gebe mir Mühe, wenigstens diese Gläser schnell zu retten, allerdings kann ich nicht alle rechtzeitig auffangen, was dazu führt, das zwei Gläser klirrend auf dem Boden ankommen, wo sie schliesslich zerspringen.

Ganz tolle Arbeit.

Der Typ den ich praktisch umgestossen habe, hat es leider nicht geschafft das Gleichgewicht zu halten und sitzt nun inmitten der Scherben auf dem Boden. Ich kann im Dunkel nicht viel erkennen, aber ich bin mir sicher, dass da auf dem Boden neben den verschütten Getränken auch noch Blut ist. Der Kerl stöhnt schmerzverzerrt auf, was mich nur mein Gesicht verziehen lässt. Einige der umstehenden Leute haben schon zu tuscheln begonnen, aber sie drehen sich weg, sobald ich sie mit einem bösen Blick bedacht habe.

Ich räuspere mich und wende meine Aufmerksamkeit wieder dem Jungen. Okay, jetzt kommt der Moment der Wahrheit. Er sieht mich aus seinen blauen Augen halb wütend, halb überrascht an und ich gehe so vor ihm in die Hocke, dass man nicht unter mein Kleid sieht, ich aber doch halbswegs auf Augenhöhe mit ihm bin. Noch unbeliebter muss ich mich bei ihm ja nicht machen.

Gott, wieso bin ich nur so unfähig?

»Tut mir leid«, fange ich an. »Ich habe nicht aufgepasst. Es ist nicht Absicht gewesen. Hast du dich verletzt?«

Er sieht mich an, als hätte ich den Verstand verloren, aber dann seufzt er schliesslich doch noch.

»Ein wenig.« Er hält seine Hände in die Luft und ich kann mehrere Scherben darin stecken sehen. Na toll. Ich bin einfach nicht für so Dinge gemacht. Was soll ich denn jetzt zu ihm sagen? Dass das hässlich aussieht?

»Tut mir leid«, wiederhole ich also hilflos. Glücklicherweise kann er nichts mehr darauf erwidern, da eine junge Frau neben uns auftaucht und ihm aufhilft, bevor sie mit einem wutverzerrtem Gesicht zu mir sieht. Ich habe ihr jetzt wirklich nichts getan. Soll sie jemand anderen so ansehen. Ehrlich. Sie sieht aus, als würde sie mich am liebsten mit einem Stuhl verprügeln.

Sie hat ein bodenlanges, extem dünnes Kleid an, aber anders als ich steckt sie in Ballerinas, was mich grösser als sie werden lässt, sobald ich mich aufrichte. Allerdings auch nur etwa zwei Zentimeter, weil sie natürlich gross ist. Sie ist aber auch viel stärker als ich geschminkt, was mir mein Selbstbewusstsein wieder stückweit gibt. Genau wie der Typ, der wegen mir umgefallen ist, hat sie blonde Haare, blaue Augen und blassbleiche Haut.

»Halt dich von meinem Freund fern!«, fährt sie mich an und scheucht mich mit einer wedelnden Handbewegung weg. Nur gehe ich nicht. Soll sie ihre dummen Tricks doch bei jemand anderem anwenden, der kleiner ist als sie. Und ja, ich kenne das Gefühl zu gut, ich darf ruhig auch einmal mit meiner Grösse, welche ich durch die Pumps erhalten habe, angeben. Ausserdem muss ich sowieso noch zuerst klarstellen, dass der Typ mit den Scherben in der Handfläche nicht stirb. Wegen Blutverlust oder so.

Ich ziehe nur unbeeindruckt die Augenbraue in die Höhe und verschränke meine Arme vor der Brust, wahrscheinlich nur, um sie noch mehr zu ärgern.

Okay, Page. Was zur Hölle glaubst du, was du da machst?

»Ich habe mich bei deinem« -ich deute auf den Typen, den sie so festhält, als hätte ich ihm die Beine gebrochen- »Freund entschuldigt. Hast du ein Problem damit?«

Doch statt mir eine Antwort zu geben, fällt ihr Blick auf etwas hinter mir und ich runzle meine Stirn verwirrt. Will sie mir nicht den Hals umdrehen oder so?

Doch statt einer Antwort höre ich nur ein ungeduldiges Räuspern, welches andeutet, dass ich gerade in massiven Schwierigkeiten stecke...

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