Kapitel 2 - Eine Welt ohne Farben

Man kommt sich vor, als wäre man in einem falschen Film, wenn man Worte wie ,,Es tut mir unfassbar leid, Ihnen das mitteilen zu müssen, Miss Kingston. Ihr Freund hat den Unfall nicht überlebt. Wir konnten nichts mehr für ihn tun'' zu hören bekommt. Ich verstand deren Bedeutung und wollte gleichzeitig nicht wahrhaben, dass es meinen Freund nicht mehr gab. Er sei noch am Unfallort seinen Verletzungen erlegen gewesen. Die Ärzte hatten ihr bestes gegeben, ihn zu reanimieren, es war trotzdem eine aussichtslose Sache.

Ich trug vom Umfall einige Schürfwunden und hatte einige Prellungen abbekommen. Besonders meine Rippen waren davon betroffen gewesen und es erklärte, warum es mir so schwer gefallen war, mit dem Sanitäter zu reden. Ich musste einige Tage im Krankenhaus bleiben und dort erzählte mir die Krankenschwester, was mit meinen Freund geschehen war. Es riss mir den Boden unter den Füßen und von da an glaubte ich nicht mehr, dass ich diesen jemals wieder sehen würde. Mein Herz besaß Risse, die sich nie mehr flicken lassen würden. Ich war gebrochen und konnte nur daran denken, dass eine Entscheidung von mir und Matteo alles auf den Kopf gestellt hatte.

Wären wir nicht zum Prom gegangen, würde er noch leben. Wenn jemand anderes als ich am Steuer gesessen hätte, hätte dieser Unfall verhindert werden können. Wäre das Auto nicht von hinten gekommen, wäre nichts passiert. Es waren alles Szenarien, die ich mir ausmalte, die leider nichts besser machten. Der Fahrer hinter uns war zu schnell gefahren und ich hatte nicht ausweichen können. Matteo war tot und ich war am Leben.

Die Polizei versicherte mir, dass es nicht meine Schuld war, dennoch fühlte es sich so an. Jeden Morgen, als ich aufstand, war mein erster Gedanke, dass ich den Unfall verursacht hatte. Schließlich hatte ich am Steuer gesessen und war den Wagen gefahren. Es wäre also meine Verantwortung gewesen, dass Matteo und ich es heil nach Hause geschafft hätten.

Wer der Fahrer des anderen Autos war, erfuhr ich erst, als ich den Bericht der Polizei las. Er hieß Nathaniel Connor und war Anwalt einer bekannten Kanzlei. Er habe es an dem Tag eilig gehabt, nach Hause zu kommen und hätte unser Auto erst viel zu spät gesehen. Beim Unfall brach er sich den Arm, mehr auch nicht. Egal, wie wütend ich auf ihn war, es würde mir meinen Freund nicht mehr zurückbringen. Ich wollte keine Entschuldigung oder sonst etwas von ihm, weil es das Geschehe nicht rückgängig machen würde. Und doch machte ich mich selbst verantwortlich, dass mein Freund nicht mehr hier war.

Mir fiel alles unglaublich schwer. Das Schlafen. Essen. Atmen und das Aufstehen, wenn mir bewusst wurde, dass mein Leben niemals mehr so sein würde wie davor. Ich saß am Fenster in meinem Krankenzimmer und fand nicht die Worte, die meinem Verlust auch nur ansatzweise gerecht werden könnten. Sie fehlten mir und ich war hilflos gefangen mit all den Emotionen, die wie ein Orkan auf mich einschlugen.

Meine Mama saß oft neben mir, hielt mich in ihren Armen und hielt mich so fest, als könnte sie mich jeden Moment verlieren. Sie weinte mit mir und flüsterte, dass alles gut werden würde. Für mich war das unvorstellbar. Von wegen alles wird gut werden. Ich würde Matteo nie mehr sehen.

Seinen Geruch, der mit seinem Lieblingsparfum verbunden war, würde ich nie mehr riechen. Seinen Herzschlag an meinem, wenn er mich an sich zog und mir so das Gefühl gab das wertvollste dieser Welt für ihn zu sein, würde ich nie mehr zu spüren bekommen. Sein Lachen, das diesen ganz bestimmten hellen Ton hatte, würde ich nie mehr hören und das Funkeln seiner blauen Augen, die mich strahlend ansahen, würde ich nie wieder zu Gesicht bekommen. Vor allen fehlte mir seine vertraute Stimme, die mir so viel Sicherheit vermittelt hatte. Sie hatte einen ganz besonderen, beruhigen Klang, der stets wahre Schmetterlinge in meiner Magengegend ausgelöst hatte. All das war mit ihm gegangen und ich hasste es abgrundtief.

Ich hätte ihn so gerne um Rat gefragt, wie es mit mir weitergehen würde und bekam nie eine Antwort, da er mir nie wieder antworten konnte. Also sprach ich in Gedanken mit ihm und entschuldigte mich jedes Mal aufs Neue, dass er nicht mehr bei mir sein konnte. Dass ich ihn unglaublich vermissen würde und nicht wusste, wie ich es ohne ihn meistern würde.

Der wohl schwierigste Tag war seine Beerdigung. Ich trug ein schwarzes Kleid und hatte meine Harre genauso wie beim Prom zu einem Dutt gemacht, weil Matteo immer gemeint hatte, dass mir die Frisur super stehen würde. Nachdem der Pfarrer seine Rede gehalten hatte, stand ich auf und ging vorne ans Podium, wo ich kurz schluckte und nach den richtigen Worte suchte. 

,,Matteo und ich sind uns das erste Mal bei einer Party begegnet. Er hat mich angesprochen und auf einen Drink eingeladen. Wir haben uns direkt gut verstanden und Nummer ausgetauscht. So kam es, dass wir uns hin und wieder trafen und zu unzertrennlichen Freunden wurden. Er verstand mich besser als jeder andere Mensch dieser Welt, war zu jeder Zeit für mich da. Wenn ich traurig war. Wenn ich nicht mehr weiterwusste oder überglücklich war. Mit ihm fühlte ich mich, als könnte ich alles schaffen und jedes Hindernis meistern. Er war mein Held und meine Stütze im Leben. Und jetzt ... und jetzt ist diese Welt so schrecklich leer ohne ihn.'' Ich wollte es mir wirklich verkneifen, doch die Tränen kamen ohne, dass ich es verhindern konnte. ,,Matteo. Ganz egal, wo du nun bist. Ich werde dich und unsere Zeit niemals missen oder vergessen wollen. Ich bin dankbar, dass ich jemanden wie dich kennenlernen durfte. Du fehlst mir mit jedem weiteren Atemzug, den ich noch nehmen werde.'' 

Mit diesen Worten verließ ich meinen Platz und die Trauerfeier ging weiter. Matteo Strong wurde auf einer schönen Wiese beerdigt, wo wunderschöne Blumen sprießten. Und das fand ich wundervoll, weil es so gut zu ihm passte. Er war blühendes Leben gewesen und hatte meine Welt bunter gemacht. Er hatte ihr die Farben geschenkt und zu einem besseren Ort gemacht. Von nun an würde genau dieser Ort nicht mehr der gleiche sein, denn er war für immer weg und hatte all die vielen Farben mit sich genommen.

1055 Wörter

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