Kapitel 20 - Adrenalin
Willows Atem war stark beschleunigt und ihr Herz hämmerte noch immer gegen ihren Brustkorb. Das bestialische Tier war nun gänzlich aus ihrem Sichtfeld verschwunden, doch nicht ohne einen weiteren markerschütternden Schrei ausgestoßen zu haben.
Überwältigt drehte sie sich zur Seite und sah in Cals Gesicht. Auch der Junge schien wachgerüttelt von der Begegnung und atmete schwer. Willow dachte nicht darüber nach, als sie ihren schmerzenden Kopf gegen seine Brust fallen ließ. Unmittelbar fühlte sie zwei Arme um sich und genoss die zusätzliche Wärme. Ihr Ohr an seine Brust gedrückt konnte sie hören, wie ihre beiden Herzen um die Wette schlugen.
Nach einem Augenblick hörte sie Cals leise Stimme an ihrem Ohr: „Ist wohl weg, die Kreatur."
Die Stellen, an denen sein Atem ihre nackte Haut berührt hatte, fingen geradewegs an zu kribbeln. Aus angst, er könnte das bemerken, löste sie sich schnell von ihm. Auf seine Aussage hin nickte Willow zustimmend mit dem Kopf und konnte das hauchzarte Lächeln sehen, das an seinem Mundwinkel zupfte. Sie wollte gerade etwas erwidern, da fing der Droide an zu beepen und hopste auf ein Neues von Cals Schulter. Schnell wie er war tapste er zurück zu der Leiche des Nachtbruders, welche noch immer an die Wand gelehnt dasaß.
Die zwei Jugendlichen folgten ihm und dort angekommen kniete Cal neben dem leblosen Körper nieder. Zielsicher griff er dessen Hände und zog etwas von denen ab. Erst, als Cal sich das unbekannte Etwas um die Fingerknöchel anlegte, erkannte Willow es. Es sah aus wie kleine Greifhaken, die bei Bewegung der Hand ausfuhren.
Unsicher, was diese bewirkten fragte sie dennoch: „Wofür sind die gut?"
Cal hob seinen Blick.
„Ich nehme an, dass das so etwas wie Kletterhaken sind - nur eben für die Hände", er zuckte die Schultern. Dann, mit einem mal, sanken seine Gesichtszüge.
„Aber... hier ist nur ein Paar davon", sagte er und musterte betrübt die Wand vor ihnen. Ausnahmsweise war diese nicht mit Ranken bewachsen, sondern war geprägt von kleinen greifbaren Kratern in dem Stein, in die man sich nur mit dem passenden Werkzeug einhängen konnte.
Die junge Schülerin winkte ab: „Ach, alles gut. Ich finde schon einen Weg."
Sie drehte sich einmal im Kreis, auf der Suche nach einem für sie erreichbaren Ausweg. Da fiel ihr etwas ein; selbstsicher langte sie mit einer Hand hinter sich. Sie war höchst erleichtert, als sie das geschliffene Holz ihres Besens spürte. Grinsend zog sie ihn hervor und drehte sich zu ihrem Begleiter um.
„Brauchst du eine Mitfluggelegenheit?"
Cal sah sie ungläubig an.
„Dein Besen? Da kommst du erst jetzt drauf? Wir hätten schon längst wieder am Grab sein können", entfuhr es ihm und bei seinem Ton hob er direkt entschuldigend eine Hand.
Willow zuckte die Schultern.
„Nicht aufmüpfig werden, Redhead. Im Gegensatz zu mir siehst du den Besen nämlich eigentlich", konterte sie mit einem überlegenen Grinsen und der Junge sah ein, dass sie beide schuldig an dem späten Einfall waren.
Das Mädchen setzte sich ohne weitere umschweife auf ihren Besen und sah Cal herausfordernd an. Dieser wechselte mit seinem Blick von Willow zu seiner neuen Greifhilfe und wirkte ziemlich unentschlossen. Er warf seinem Droiden einen Blick zu, welcher fröhlich trällerte. Dann machte Cal sich mit einem „Nur weil BD das so wollte", auf den Weg zu ihr.
Sie lachte über die Abenteuerlust der kleinen Maschine und schüttelte leicht den Kopf. Dann wies sie ihren Freund an, wie er sich auf dem Besenstiel positionieren sollte. Er nahm hinter ihr platz und legte vorsichtig seine Hände auf ihre Hüften. Dann stieß sie sich kräftig vom Boden ab und ging im Steigflug steil nach oben. Cal drohte vom Besen zu fallen und klammerte sich direkt ein bisschen fester an Willow. Und da war es schon wieder - dieses seltsame Kribbeln, nur dieses Mal in Kombination mit einer merkwürdigen Wärme. Schnell schüttelte sie den Gedanken ab, sie musste sich jetzt konzentrieren.
Hinter sich hörte sie Cals Lachen. Wiederholt stellte sie fest, dass es einer der schönsten Klänge war, der ihr je zu Ohren gekommen war. Grinsend ärgerte sie ihn ein wenig, indem sie in leichten Schrauben nach oben flog. Der Flug war nicht lang, doch er reichte aus, um zu einem neuen schönen Marmeladenglasmoment zu werden.
Sie landeten oben auf einem Absatz, um sich erst einmal einen Überblick über ihren neuen Standort zu verschaffen. Cal stieg von ihrem Besen ab und taumelte ein wenig. Schnell griff sie ihn an den Armen und hielt ihn fest, besorgt, dass er umkippen würde. Er brauchte einen Moment ehe er sie mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Freude ansah. Bei diesem Ausdruck auf seinem leicht blassen Gesicht musste sie lachen. Der Rotschopf vor ihr schüttelte den Kopf, ehe er sagte: „Ich weiß noch nicht, ob ich es hasse oder liebe."
BD-1 ließ ein paar Töne vernehmen und Cal übersetzte für Willow.
„BD fand's klasse. Aber das überrascht mich auch nicht", sagte er grinsend.
„Wenn man sich daran gewöhnt hat ist es eigentlich schwer in Ordnung", grinste sie zurück.
Ihre Gedanken schweiften für einen Augenblick zurück nach Hogwarts. Willows Mitschüler und Professor für Flugunterricht, Madam Kogawa, hatten ihr schon mehrmals mitgeteilt, dass ihr Besenarbeit sehr gut war. Es machte Willow traurig, dass sie nie die Chance hatte sich an Quidditch zu probieren. Das Fliegen machte ihr Spaß, doch da Schulleiter Black jegliche Quidditchaktivitäten in Hogwarts untersagt hatte, würde Willow ihr Hobby nie in professionellen Sport umwandeln können.
„Hey, hier gehts nach oben!" unterbrach Cal ihre trüben Gedanken.
Das Mädchen drehte sich im Kreis, auf der Suche nach ihm. Er war wohl schon ein wenig voraus gelaufen, doch konnte er nicht weit sein. Wie aufs Stichwort entdeckte Willow seine schmale, hoch gewachsene Statue. Er befand sich zwischen zwei Felsen, den Blick auf eine weitere von Kratern übersäte Wand gerichtet.
„Ich lass dir mal 'nen kleinen Vorsprung, sonst warte ich da oben eine halbe Ewigkeit auf dich", neckte sie ihn und blickte die meterhohe Wand empor.
„Werden wir ja sehen", erwiderte Cal und hing sich in das Gestein.
Er war mit den Greifhaken schnell im Klettern und bereits einige Meter über dem Boden. Willow schnappte sich gerade ihren Besen und wollte aufspringen, da wurde sie gezwungen, sich zu ducken. Dicht über ihrem Kopf schrammte das scheußliche Vieh vorbei und krallte sich unter Cal in die Felswand. Das Gestein vibrierte heftig und Willow sah, wie Cal Schwierigkeiten hatte, das Vieh abzuwimmeln. Er kletterte mit rasanter Geschwindigkeit weiter. Noch dazu musste er riesigen Felsbrocken ausweichen, die sich durch das aggressive Krallen des Monsters aus dem Gestein gelöst hatten.
Der Horror war Willow ins Gesicht geschrieben. Sie schwang ihr rechtes Bein über den Besenstil und stieß sich schnell vom Boden ab. Willow war nicht sicher, wie nah sie heranfliegen konnte, ohne erwischt zu werden. Sie raste in die Höhe und als sie Cals Position erreicht hatte, wollte er sich gerade auf den Absatz am Ende des Felsens hochziehen. Die Schülerin plante ihn am Absatz einzusammeln. Doch gerade als sie auf ihn zusteuerte ergriff ihn die riesige Klaue des erblindeten Biests.
„Cal!" rief sie seinen Namen und ihr Herz drohte stehen zu bleiben.
Das monströse Wesen trug ihn immer und immer höher. Willow war sich fast sicher, dass es ihn einfach zu Tode stürzen lassen würde. Also flog sie unter dem Vieh her, ihre Augen fest auf dessen Klauen gerichtet. In dem Flugwind fühlte sie, wie ihr der Schweiß auf der Stirn ausbrach, doch nicht etwa der Wärme wegen - sie hatte schreckliche Angst um Cal.
Da sah sie, wie etwas blaues, grell leuchtend, aus den Klauen hervorlugte und hin und her tanzte. Er greift es an, dachte sie und war erfreut, dass Cal noch nicht aufgab. Seine Klinge schwang wild herum und Willow konnte nicht ganz erkennen, ob Cal überhaupt traf. Dann, mit einem Mal, war die Klinge nicht mehr zu sehen. Und erst einen Augenblick später realisierte Willow, dass das Vieh in die Tiefe purzelte.
Schnell scannte sie den Himmel ab, auf der Suche nach Cal - und sie wurde fündig. Er stürzte mit erschreckender Geschwindigkeit hinterher und überschlug sich mehrmals in der Luft. Bevor Willow auch nur darüber nachdenken konnte, handelte ihr Körper ganz selbstständig. Sie flog auf ihren Freund zu, einen Arm bereits ausgestreckt. Als sie ihn erreichte erwischte sie sein Handgelenk und hielt ihn eisern fest. Durch das zusätzliche Gewicht gerieten sie kurz ins Schleudern, doch Willow brachte ihren Besen gekonnt wieder unter Kontrolle. Cal brauchte scheinbar einen Moment doch als er realisierte, was passiert war, sah er zu ihr auf. Sie schenkte ihm ein Lächeln und er grinste zurück. Cal packte mit seinen Händen den Besenstiel und zog sich mit erstaunlicher Kraft hoch, um hinter Willow platz zu nehmen.
„Bei Merlin, Cal! Seid ihr beiden okay?" fragte Willow über ihre Schulter hinweg.
Sie war in der Luft zum Stehen gekommen, damit sie alle einmal durchatmen konnten.
Cal hatte seine warmen Hände auf ihren Schultern platziert und nickte, völlig aus der Puste. Sein kleiner Droide trillerte und Cal fand die Kraft zum Sprechen wieder, den Kopf in den Nacken gelegt.
„Uns gehts gut. Danke, Lills", er lehnte sich leicht über den Besen und spähte in die verschlingende Tiefe. „Für diese Kreatur gilt das leider nicht."
„Oh, verzeih mir. Das nächste Mal fang ich erst die Bestie auf, die euch töten will", grinste sie ihn an.
„Das möcht' ich auch hoffen! Mordlustige Wesen sind deutlich effektiver als ich", sagte er in ernster Manier und streckte seinen Rücken gerade.
Willow hielt seinem Blick für einen Moment stand, ehe sie in Kichern ausbrach. Cal schloss sich ihr an und seine Sommersprossen tanzten auf seinem bildschönen Gesicht. Um sich selbst vom Starren abzuhalten drehte sie sich wieder nach vorn und flog los.
Hinter sich hörte sie Cal mit BD-1 sprechen: „Hey, Kumpel. Könntest du einen guten Punkt zum Landen ausfindig machen?"
Der kleine Droide beepte und kurz herrschte einen Moment Ruhe. Dann spürte Willow, wie Cal sich näher zu ihr lehnte. Sein Oberkörper drückte gegen ihren Rücken und sein Gesicht war nahe an ihrem Ohr.
„Hey, Lills", sagte er und jagte ihr damit einen Schauer an Gänsehaut die Wirbelsäule runter.
Das Mädchen hielt die Luft an und versuchte all ihre Konzentration in das Fliegen zu legen.
„Hm?", machte sie nur.
„Dort vorne gibt es einen kleinen Vorsprung, nicht allzu weit von dem Grab entfernt", mit einer Hand deutete er in die genannte Richtung. „Meinst du, du könntest uns dort landen?"
Willow nickte lediglich, zu mehr war sie nicht im Stande. Ihre Wangen waren erhitzt und ab diesem Punkt vermutete sie, dass Cal das mit Absicht tat. Sicherlich wusste er mittlerweile, was für eine Wirkung er auf sie hatte. Sie ärgerte sich über sich selbst. Nachdem sie doch erst jahrelang unerwidert in Sebastian verknallt war und diese Schwärmerei vor einigen Wochen aufgegeben hatte, hatte sie nicht vor das selbe Theater noch einmal zu durchlaufen. Erst recht nicht nachdem, was Cere neulich zu ihr gesagt hatte.
Verloren in Gedanken bemerkte sie gar nicht, dass sie schon an dem abgemachten Punkt angekommen waren. Cal musste Willow erst darauf aufmerksam machen, damit sie nicht daran vorbeiflog. Noch völlig benebelt von ihrer kleinen Erkenntnis kamen sie dem Boden immer näher. Sanft setzten sie mit den Füßen auf und sowohl Willow als auch Cal stiegen von dem Besen.
Sie befanden sich nun auf einer hölzernen Plattform mit Sicht auf die Mantis.
Da ertönte Ceres Stimme über den kleinen Kommunikator in ihrem Ohr.
„Habt ihr das Grab gefunden?"
Willow hatte ganz vergessen, dass sie den Kommunikator besaß. Ein wenig benommen schüttelte sie ihren Kopf. Sie konnte nicht sagen warum, doch fühlte sie sich gerade ein wenig seltsam.
Cal übernahm das Antworten.
„Haben wir. Wurden allerdings abgelenkt."
Willow vernahm ein resigniertes Seufzen von der Ex-Jedi.
„Greez verhält sich seltsam. Er will jemanden vor der Mantis gesehen haben. Dathomir zermürbt ihn."
„Das ist bei ihm völlig normal", scherzte Cal.
„Gehts dir gut?"
„Ich halluziniere nicht, also... Ja. Wir nehmen die Spur wieder auf. Sind jetzt fast vor dem Grab."
„Hört sich an, als kämet ihr zurecht", stellte Cere fest.
„Ja, zu dritt schaffen wir das", erwiderte der junge Jedi und die endete damit die Kommunikation.
Ihr Weg führte sie nun durch einen steinernen, dunklen Gang in dem mehrere Fackeln an den Wänden hingen. Das tanzende Licht des Feuers wäre unter anderen Umständen einladend und wärmend gewesen, doch hier wirkte es bedrohlich. Als würden die Flammen versuchen zu entkommen, um sich tödlich auszubreiten. Willow rieb sich einmal über ihre linke Augenbraue. Dathomir fing an sie zu beunruhigen.
Cal, der einige Schritte vor ihr lief, drehte sich zu Willow um. Als er bemerkte wie groß der Abstand zwischen ihnen war, blieb er stehen und erlaubte Willow somit zu ihm aufzuschließen.
„Hey, alles okay?" besorgt hob er seine Augenbrauen.
Die Schülerin nickte bloß. Ihre Gedanken schwirrten in ihrem Kopf umher, zu viele und viel zu laut, um einen klaren zu fassen. Die unheimliche Atmosphäre auf Dathomir sorgte auch nicht für Besserung.
Cal griff nach ihren Händen und sah ihr tief in die Augen.
„Lills, du kannst jederzeit zurück zum Schiff. Quäl dich hier bitte nicht durch, BD und ich schaffen das auch so."
Direkt schüttelte Willow ihren Kopf.
„Nein, ich bleibe bei dir, Cal. Es ist alles gut, glaub mir."
Ergeben atmete der Junge aus. Er nickte, ehe er einen Arm um ihre Schultern legte. Sie führten ihren Weg fort und Cal blieb die ganze Zeit über an Willows Seite. Sie war ihm dankbar für seine Unterstützung. Auch wenn sie sich sicher war, dass es ihm noch schlechter als ihr gehen musste. Fast fühlte sie sich schuldig, dass sie ihm nicht dieselbe Stütze bieten konnte.
Nach einem Moment des Laufens fanden sie sich der Tür gegenüber wieder, die sie schon anfangs direkt zu dem Grab geführt hatte. Ein paar dunkle Gänge später standen sie der alten zerbrochenen Brücke gegenüber, deren Schluchten sie schon einmal überwunden hatten. Wie auch das Mal zuvor sprangen sie über die erste Schlucht, doch diesmal war etwas anders. Der Wanderer, er war weg.
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2.317 Wörter,
ach ja, die süßen Momente vor dem Sturm. wie fandet ihr das Kapitel?
wo wir schon ein bisschen quatschen (oder vielleicht bleibt es auch einfach bei einem Selbstgespräch), ich schaue momentan Gotham für unseren lieben Cameron Monaghan. er spielt die Rolle eines Irren und ich muss gestehen, der Umschwung von einem (attraktiven) Psychopathen zu dem süßen und unschuldigen Cal ist einfach massiv. ich bitte um Vergebung, sollte Cal mir ein bisschen Out Of Character geraten. weist mich dann gerne darauf hin!
bis zum nächsten Mal
~Alice
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