35.

23 Tage zuvor

A.N.G.S.T. fordert von mir, dass ich ihnen beweise, dass ich ihnen treu ergeben bin. Sie fordern, dass ich etwas tue, was kaum mit meinem Gewissen zu vereinbarn ist, nämlich, dass ich die nächste Testperson ins Labyrinth schicke, ich alles durchziehe, von vorne bis hinten. Ich soll der Testperon die Spritze geben und sie in den Aufzug befördern, ihn dann anschließend betätigen, dass er auf die Lichtung gebracht wird. Ich kann das nicht! Doch ich muss, ich habe keine Wahl! Ich muss es für Newt tun, damit sie mir vertrauen und ich überhaupt eine Chance habe, hier zu bleiben und ihn wieder zu sehen. Ich vermisse ihn so schrecklich, doch ich muss mich mit den kurzen Frequenzen, die ich aus seinem Leben sehe, zufrieden geben. Zumindest bleibt mir das, sonst würde ich ganz zerbrechen. Mit zittrigen Händen stehe ich im Vorbereitungsraum und mische das Serum, das gleich in die Spritze gefüllt wird und das ich ihm dann verabreichen muss. Beruhige dich, du schaffst das! Ich halte eine Pipette zwischen meinen Fingern und gebe einen Tropfen gelber Flüssigkeit in das fast fertige Mittel. Newt, was er wohl gerade macht? Ich will bei ihm sein! Auf der Lichtung müsste gerade Zeit zum Mittagessen sein, wahrscheinlich ruht er sich gerade aus und isst etwas? Ob sein Humpeln wohl besser geworden ist? Oh Gott, ich habe das Gefühl, zum Crank ohne ihn zu mutieren, echt, das ist so grausam, einfach den ganzen Tag über an die Liebe des Lebens denken zu müssen, aber nichts tun zu können und immer auf der Hut zu sein, sich nichts zu schulden kommen lassen, denn sonst wäre ich endgültig geliefert. In der Sekunde, in der ich denke, dass die Flüssigkeit eigentlich fertig sein müsste, kommt Ava Paige zu mir in den Raum und stellt sich direkt hinter mich, ohne einen Mucks von sich zu geben und blickt mir über die Schulter, als würde sie mich beobachten wollen. Was soll das denn jetzt schon wieder? Zweifelt sie denn jetzt schon meine Fähigkeiten an, ein Mittel zu mischen? Wo soll das denn noch hinführen? „Das sieht schon sehr vielversprechend aus, Maria. Bist du so weit, es zu vollziehen? Du wirst das schon schaffen, ein vertrauenswürdiges, vollwertiges Mitglied von A.N.G.S.T. schafft das und das bist du doch oder etwa nicht?" Ihre Stimme lässt mich frösteln, solche Angst habe, irgendetwas falsch zu sagen oder zu machen, was schwerwiegende Konsequenzn mit sich tragen könnte. „Ich bin bereit, so wie das Mittel. Bringen Sie mir den Jungen und ich werde es durchführen", versuche ich meine Stimme so selbstbewusst und klar klingen zu lassen, wie möglich. Ich schaffe das! Ich tue es für Newt! Hinter mir fängt Ava an, zu lachen, wie als hätte ich das Witzigste überhaupt gesagt, und tätschelt mir anschließend mit ihrer Hand die Schulter. „Mein Liebes", lacht sie, „das musst du schon schön selbst machen. Raum E07, dort wartet er auf dich!" Mit rasenden Herzen nehme ich die Spritze und lasse die Flüssigkeit in sie fließen, bevor ich kehrtmache und auf den sterilen, weißen Flur trete. Der Geruch nach Desinfektionsmittel hängt in der Luft und ich weiß nicht, wieso, aber ich bekomme ein noch schlechteres Gewissen. Wieso muss ich einem unschuldigen Jungen diese Qualen zumuten? Das kann ich nicht! Doch ehe ich es bemerke, bin ich schon vor seiner Tür angekommen und schiebe dem Schlüssel ins Loch. Dort steht er, wimmernd und zusammengekrümmt und fleht mich an, ihn gehen zu lassen. Ich muss meine Gefühle abstellen! Gibt es nicht einen Schalter, durch den ich all den Schmerz einfach ausschalten kann? Wobei, dann würde ich Newt nicht mehr lieben. Doch er liebt mich auch nicht, er erinnert sich noch nicht mal mehr an mich, ich werde ihn nie wiedersehen und das alles nur wegen dieser Organisation. Ich habe eine solche Wut, einen solchen Hass auf sie, dass ich sie am liebsten alle töten würde. Meine zittrige Hand ist um die Spritze geschlossen, während ich, völlig benebelt, auf den Jungen zutorkele. „A.N.G.S.T. ist nicht gut", wispere ich, während sich die dünne Nadelspitze in seine Haut hineinschiebt, ich die regenbogenfarbige Flüssigkeit in seinen Kreislauf pumpe und der Junge zusammensackt. Ich habe es getan! Ich habe einen Jungen vergiftet, um ihn auf die Lichtung zu schicken. Für ihn. Für Newt. Doch es hat alles keinen Sinn. Ich packe den Jungen unter den Achseln und schleife ihn auf den Flur hinaus. Niemand darf mich so sehen, das würde meine Würde beschmutzen! Ob Newt sich wohl mit ihm verstehen wird oder ob sie sich streiten werden? Ob dieser Junge herausfinden wird, warum Newt humpelt? Er wird ihn sehen können, mit ihm sprechen können und ihn den ganzen Tag über Fragen stellen können. Auf einmal kommt mir ein Gedanke: Er könnte sogar funktionieren! Er ist völlig verrückt und gefährlich, doch es ist mein einziger Ausweg. Ich muss Julia dazu bringen, mit mir dasselbe durchzuziehen, was ich gerade mit dem Jungen mache. Sie muss mich ins Labyrinth schicken! Ich werde mich dann auch nicht mehr an ihn erinnern, doch so stark wie meine Liebe ist, werde ich mich sicherlich wieder erinnern und dann kann ich ihm auch helfen. Wir können es aus dem Labyrinth schaffen, durch meine Gedanken können wir entkommen. Ich würde ihn tatsächlich wiedersehen! Egal, was Julia sagen wird, ich muss das durchziehen! Ich kann nicht anders. Dort, da liegt der Aufzug, und um ihn herum stehen Janson, Ava, Miss Miller und viele andere. Sie sehen mich voller Zuversicht an, als wären sie stolz auf mich, dass ich das wirklich durchziehe. Schnell lege ich meine Finger auf die metallene Tür und öffne sie. Dunkelheit befindet sich vor mir, klirrende Kälte und ein bestialischer Gestank. Behutsam lege ich den Jungen ab und schließe die Tür wieder hinter ihm. Dieses Mal wird er auf die Lichtung geschickt, doch das nächste Mal werde ich an seiner Stelle sein.

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