Du kommst mit mir mit!

Als ich aufwachte, war es draußen schon hell. Die Sonne suchte sich ihren Weg an die Decken vom Fenster vorbei und erhellte das Wohnzimmer ein wenig. Aaron saß auf dem Fensterbrett und spähte hinaus. Hielt er immer noch Wache? Hatte er überhaupt geschlafen? Ich wollte aufstehen und versuchte mich aufzusetzen, doch sofort wurde ich zurückgezogen. Verwundert drehte ich meinen Kopf zur Seite und sah in Daryl sein Gesicht. Ich lag noch immer in seinen Armen. Fest drückte er mich an sich, obwohl er scheinbar schlief. Zumindest waren seinen Augen geschlossen. Seine Brust hob und senkte sich gleichmäßig. Und er schnarchte. Kein störendes, nerviges Schnarchen. Eher so ein leises, niedliches Schnarchen. Schmunzelnd strich ich ihm sanft ein paar verirrte Haarsträhnen aus seinem Gesicht. Sein Gesichtsausdruck wirkte wesentlich entspannter, als tagsüber.

Mein Blick glitt zu seinen Lippen. Lippen, die verführerischer nicht sein könnten. Wie gerne würde ich ihn jetzt küssen. Ich musste an unseren ersten Kuss auf dem Dachboden denken. Dominant und fordernd war sein Kuss damals. Fiel es ihm wirklich so schwer, solche Gefühle zuzulassen? An solche Gefühle zu glauben? Auf sein Herz zu hören? Ich wünschte, ich könnte ihm beweisen, dass meine Gefühle echt waren. Das mein Herz ihm gehört. Das es nur für ihn schlägt. Das er mich glücklich macht.

Wieder versuchte ich mich vorsichtig aus seiner Umklammerung zu lösen, doch er drückte mich nur fester an sich. Schmunzelnd strich ich ihm mit meinen Fingern über seine Wange.

„Halte mich bitte für immer so fest" flüsterte ich ihm leise ins Ohr. Ohne Vorwarnung riss er seine Augen auf und starrte mich an. Regelrecht schockiert wirkte sein Blick. Kalt und hart. Es versetzte mir Stiche ins Herz. Abrupt ließ er mich los und stand auf. Nahm seine Armbrust und verließ ohne ein weiteres Wort das Haus. Ich war den Tränen nahe. Anscheinend hatte ich mich doch getäuscht. Er fühlte nicht so, wie ich.

„Wo will er denn hin?" fragte mich Aaron.

„Ich weiß es nicht..." erwiderte ich leise und versuchte die Tränen runterzuschlucken. „Hast du überhaupt geschlafen?" fragte ich ihn und versuchte mich so selber auf andere Gedanken zu bringen.

„Nein. Ich wollte euch nicht wecken. Hier in der Straße stehen einige Autos. Wenn wir eines davon in Gang bekommen, können wir zurückfahren und weiter auf Tour gehen" erklärte er und sah wieder aus dem Fenster. Ich stellte mich neben ihn und legte meinen Arm um ihn. Ich konnte nur erahnen, wie sehr Eric ihm fehlte und dass es ihm den Schlaf raubte. Doch er musste sich auch ausruhen. Seinem Körper eine Pause gönnen.

„Du möchtest wieder zurück? Hältst du das für eine gute Idee?" fragte ich ihn.

„Ja, klar. Wir brauchen die Vorräte. Ihr könnt zurück nach Alexandria fahren. Ich fahre alleine" erklärte er und klang ziemlich emotionslos.

„Vergiss es. Wir fahren zusammen. Ich möchte nicht, dass du alleine losziehst" erwiderte ich leise und erntete einen bösen Blick von ihm.

„Ich kann alleine auf mich aufpassen, Josie!" erklärte er bestimmend.

„Das weiß ich. Aber zusammen ist es leichter" erwiderte ich.

„Na schön. Gibt's ja doch keine Ruhe. Ich gehe ein Auto suchen" erklärte er und war schon zur Tür raus. Nun blieb ich alleine zurück. Ich hatte so meine Zweifel, ob er nicht einfach alleine zurückfahren würde, wenn er ein Auto gefunden hatte, was fährt. Um mich etwas abzulenken und die Zeit sinnvoll zu nutzen, durchsuchte ich das Haus und legte alles Brauchbares auf den Couchtisch. Es dauerte nicht lange, da hörte ich unten die Haustür.

„Aaron?" rief ich leise runter und spähte um die Ecke, wo die Treppe runter ins Erdgeschoss geht.

„Nein" vernahm ich Daryl sein knurren, was heute ungewohnt bedrohlich für mich klingt. Ich erwiderte nichts weiter darauf und suchte oben weiter die Räume ab. Nach kurzer Zeit war ich fertig und legte ein paar Kleinigkeiten für die Kinder auf den Couchtisch. Daryl versuchte ich dabei zu ignorieren. Zu schmerzlich war seine Reaktion heute Morgen. Plötzlich hörten wir ein Auto näherkommen. Alarmiert stellten wir uns unauffällig an die Fenster, als wir das Auto vorbeifahren sahen.

„Aaron!" knurrte Daryl und rannte raus.

„Ich habe es geahnt..." nuschelte ich leise und rannte ihm hinterher. Doch von Aaron und dem Auto war weit und breit nichts mehr zu sehen. „Er will alleine weiter auf Tour" erklärte ich Daryl.

„Schön. Wir fahren nach Alexandria zurück" brummte Daryl und ging zu dem Auto, was auf der anderen Straßenseite stand. Öffnete die Motorhaube und schaute hinein. Es sah aus, als wenn er an irgendwelchen Kabeln wackeln würde.

„Spinnst du? Wir können ihn doch nicht alleine fahren lassen! Er ist nicht er selbst und braucht Unterstützung und vielleicht unsere Hilfe" erklärte ich ihm.

„Seine Entscheidung!" erwiderte er knurrend, doch ich glaubte, mich zu verhören. Das konnte doch unmöglich sein Ernst sein?

„Dann kannst du alleine fahren. Ich fahre Aaron hinterher!" erklärte ich bestimmend und davon konnte er mich ganz sicher nicht abbringen. Er konnte knurren und drohen so viel er wollte, ich hatte keine Angst vor ihm. Ich wusste, er würde mir nie etwas tun.

„Nichts da! Du kommst mit mir mit!" fuhr er mich unbeherrscht an und seine Augen funkelten dabei bedrohlich. 

„Nein" erwiderte ich ruhig und schaute mich nach einem Auto um. Ich hatte absolut keine Ahnung von Autos. Vermutlich würde ich nie eines zum laufen bringen, was seit Jahren unbenutzt rumsteht. Ich war auf Daryl seine Hilfe angewiesen, oder aber ich müsste den ganzen Weg zurücklaufen. Plötzlich stellte er sich mir in den Weg.

„Du kommst mit!" knurrte er mich gefährlich leise an und griff nach meinem Handgelenk. Hielt mich so fest, aber nicht schmerzlich.

„Daryl. Ich werde nicht mit dir mitkommen. Aaron ist mein Freund und ich lasse ihn nicht im Stich. Ich würde auch dich nie im Stich lassen. Und auch niemand von den anderen. Das kann ich nicht. Das weißt du. Du bist auch nicht so. Du lässt niemanden im Stich. Du lässt niemanden zurück. Das hast du nie getan und das wirst du auch heute nicht tun. Du lässt Aaron nicht im Stich und du lässt mich nicht im Stich. Denn ohne deine Hilfe schaffe ich das nicht. Ich brauche dich. Bitte hilf mir" erklärte ich ihm ruhig und sah ihn dabei in seine Augen.

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