Kapitel 5

Samstag früh wachte ich besonders zeitig auf. Es wurde gerade hell draußen, als ich aufstand und mir Klamotten überzog.

Ich hatte noch Muskelkater in meinen Gliedern und dachte, ich müsste sterben, als ich im Speisesaal der Oberstufe ankam. Dort holte ich mir was zu essen und schaufelte es genüsslich in mich herein. Nach dem Frühstück ging ich nach draußen. Ich hatte vor etwas joggen zu gehen. Vielleicht runter ans Meer.

Während ich durch den Wald lief, entdeckte ich auf dem Trainingsplatz Jason und Mr. Miller miteinander kämpfen. Ich blieb stehen und schaute ihnen kurz zu. Sie sahen professionell aus. Und absolut tödlich. Mr. Miller rief irgendetwas, worauf Jason mit einem Schlag antwortete. Neugierig pirschte ich mich an sie heran. Im Unterholz kauerte ich mich hinter einen Busch und sah ihnen weiter zu.

"Konzentrier dich, Junge. Was wirst du jetzt tun?", fragte Mr. Miller und drückte Jason's Kopf nach unten. "Überleg dir was!"

Jason rammte seine Schulter in Mr. Millers Magen und befreite sich aus seinem Griff. Dann packte er seinen Arm und drehte ihn auf seinen Rücken. Mr. Miller lachte nur und schleuderte Jason mit einem geübten Griff über seine Schulter. Jason schlug auf der Matte vor Mr. Miller's Füßen auf und blieb liegen.

"Du musst dich mehr konzentrieren und mehr nachdenken, Jason.", sagte Mr. Miller und half ihm auf die Füße.

"Das sagst du mir jedes Mal, Cal.", keuchte Jason.

"Weil du dich nicht verbesserst. Wir trainieren ein ander Mal weiter.", teilte Mr. Miller ihm mit und klopfte ihm auf die Schulter. Daraufhin ging Jason mürrisch und hielt sich die Seite. Mr. Miller packte die Kapfstäbe ein, mit denen sie vorher trainiert haben mussten und ich wusste, es war Zeit zu verschwinden. Also machte ich mich leise auf den Rückweg. Zumindest wollte ich das.

"Hat dir niemand beigebracht, nicht zu lauschen?", fragte Mr. Miller, der weiterhin seinen Rücken zu mir gewandt hatte. Ich erstarrte. Jetzt gab es zwei Möglichkeiten. Entweder ich kam aus meinem Versteck und stellte mich oder ich lief einfach weiter und lies ihn in dem Glauben, er hätte sich geirrt. Sofort entschied ich mich für Letzteres und zog mich weiter zurück.

"Ich meine es ernst. Komm raus.", sagte Mr. Miller nun und drehte sich um. Scheiße. Seufzend kapitulierte ich und trat aus dem Unterholz.

"Ahh Kate. Ich hatte schon so eine Vermutung.", lachte er und sah mich an.

"Sie wussten gar nicht, dass ich es war?", rief ich verwirrt.

"Nein. Aber manchmal muss man eben bluffen.", sagte Mr. Miller und trug die Tasche mit den Kampfstäben an den Rand der Matte. "Und jetzt sag schon. Was treibt dich um die Uhrzeit nach draußen?"

"Ich weiß nicht. Das schöne Wetter schätze ich."

"Wie schlägst du dich bis jetzt?", fragte Mr. Miller und wandte sich wieder zu mir.

"Geht schon.", murmelte ich und mied seinen Blick.

"Komm her. Wir trainieren jetzt. Ich bin grad so gut in Form.", sagte er und trat auf die Matte.

"Nein danke.", erwiderte ich.

"Das war keine Bitte, Kate."

"Ich habe aber gerade nicht wirklich Lust.", versuchte ich ihn abzuwimmeln.

"Dann hättest du nicht lauschen dürfen. Oder zumindest so getarnt sein müssen, dass man dich nicht wahrnimmt.", sagte er und wartete auf mich.

"Sie haben ja keine Ahnung. Glauben Sie mir, in einer Menschenmenge könnte ich mich an Sie heranschleichen und Sie außer Gefecht setzen, ohne dass sich mich kommen sehen.", entgegnete ich und trat zu ihm auf die Matte. Prompt griff er nach meinem Arm und schon lag ich auf der Matte.

"Dann müsstest du mich erst mal besiegen können.", sagte er. Ich rappelte mich wieder auf und machte mich bereit.Mr. Miler startete einige Manöver, aber ich konnte ihnen ausweichen. Ich blieb in der Defensive und wehrte seine Angriffe ab. Dennoch kam ich langsam ins Schwitzen.

"Wenn du das auch in der wirklichen Welt machst, wärst du schon längst tot. Defensive verschwendet Zeit."

"Wie gut das wir hier auf diesem Campus sind und alle Zeit der Welt haben, nicht wahr Mister?", erwiderte ich und weigerte mich auf seinen Bluff hereinzufallen. Mr. Miller jedoch riss mich mit einem speziellen Griff erneut von den Füßen und wieder landete ich auf dem Boden.

"Du solltest die Klappe nicht so weit aufreißen, Kate.", meinte er und wartete bis ich mich wieder aufgerappelt hatte.

"Los, schlag mich.", verlangte er und stand mit ausgestreckten Armen vor mir. Ich holte aus, stoppte aber. Ich konnte mich doch nicht mit meinem Direktor prügeln. Unschlüssig stand ich vor ihm und sah ihm in die Augen. Seufzend schleuderte er mich wieder auf den Boden.

"Regel Nummer 1: Zögere nicht! Wenn du es doch tust, könnte das deinen Tod bedeuten."

Ich sprang wieder auf die Füße und nutzte den Überraschungseffekt, um ihm gegen die Brust zu schlagen. Es hatte zwar nicht den gewollten Effekt, aber immerhin habe ich ihn geboxt. Mr. Miller nahm meinen Arm und hielt ihn fest.

"Du musst fester zu schlagen. Leg dein Gewicht mit hinein.", forderte er und ich tat, wie mir befohlen. Wir übten das eine Weile, bevor er mich mit einem Ruck wieder von den Füßen riss.

"Schlagen kannst du. Jetzt musst du nur noch lernen, Angriffe abzuwehren.", sagte er und streckte mir eine Hand entgegen. Ich nahm sie an und er zog mich ein Stück, lies dann jedoch los und ich klatschte zurück auf meinen Rücken.

"Regen Nummer 2: Traue nie dem Feind. Wenn du es doch tust, könnte das deinen Tod bedeuten." Mittlerweile lag etwas Spott in seiner Stimme.

"Wie soll ich bitteschön gegen Sie ankommen?", fauchte ich, als ich wieder auf meinen - inzwischen wackligen - Beinen stand.

"Überleg dir was, Kate." Langsam spürte ich, wie Wut in mir hochkroch. Als er das nächste Mal zum Schlag ansetzte, wich ich ihm aus und boxte ihm in den Magen. Sofort brachte ich mich wieder außer Reichweite. Ich rannte zu der Tasche mit den Kampfstäben und zerrte einen heraus. Ich wirbelte herum und hielt ihn drohend vor mir.

"Clever. Wie deine Mutter.", sagte Mr. Miller und grinste schief. Ich wurde noch wütender.

"Hören Sie auf mich auf sie anzusprechen!", zischte ich und starrte ihn erbost an. "Wegen ihr bin ich auf dieser Schule gelandet. Sie hatte kein Recht dazu!"

"Ach, hatte sie nicht?"

"Nein! Nach 16 Jahren fällt ihr ein, dass sie noch ein Kind hat. Mein Leben war in Ordnung und dann kommt sie und bringt alles durcheinander.", schrie ich und holte aus. Mr. Miller fing den Stab ab, nutzte den Schwung, um sich zu drehen und schleuderte mich so in einer Drehung auf den Boden. Ich rutschte ein paar Meter und blieb schließlich liegen.

"Du kennst ihre Beweggründe nicht.", meinte er sachlich.

"Ich bin sicher, liebevoller Herkunft waren sie nicht.", entgegnete ich schnippisch und kloppfte mir den Dreck von den Oberschenkeln. Mr. Miller kam näher und griff wieder an. Diesmal schlug ich seinen Arm zur Seite und duckte mich weg.

"Sagen Sie mal, warum hat Jason sie Cal genannt?", fragte ich zwischen zwei Schlägen.

"Er ist mein Neffe."

"Was?", rief ich und starrte ihn mit großen Augen an. In der nächsten Sekunde lag ich schon auf dem Rücken.

"Regel Nummer 3: Nicht ablenken lassen. Wenn du es doch tust -"

"könnte es deinen Tod bedeuten, jaja schon klar.", beendete ich seinen Satz und verdrehte die Augen.

"Du solltest die Sache ernster nehmen, Kate. Du hast Potential. Verschwende das nicht."

"Ja natürlich.", meinte ich und verabschiedete mich. Und während ich zurück ging, fragte ich mich, wie es wäre, seit anfang an auf diese Schule gegangen zu sein.

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