Kapitel 4
Die erste Woche war die Hölle. Im Unterricht (außer vielleicht in Schauspielkunst) kam ich nicht mit und im Training zog ich mir eine Verletzung nach der anderen zu.
Ich fand schnell heraus, dass Jasper und seine Freunde Sam, Jason und Alex (alle ebenfalls in der Obersekunda) hier von allen Mädchen angehimmelt wurden. War irgendwie logisch, immerhin waren sie alle unglaublich schön. Aber trotzdem totale Arschlöcher. Im Unterricht machten sie mich runter, weil ich hinterher war und im Training protzten sie mit ihren Fähigkeiten. Jessy musste einmal gegen Sam kämpfen, konnte sich aber gut behaupten. Sie konnte ihren Triumph aber nicht wirklich genießen, weil Jason sofort brüllte, dass das nur daran lege, weil Sam's Knöchel verstaucht sei.
Wenigstens konnte ich mit meinem strategischen Denken punkten. Luke hatte nie geschafft mich zu verarschen, weil ich ihn jedes Mal durchschaut habe. Meistens hinterließ er immer irgendetwas, was ihn verriet.
Meine Straßenkünstlerfähigkeiten behielt ich jedoch für mich. Es musste hier niemand wissen, dass ich immer das Mädchen war, was in einer großen Gruppe unterging. An mein Gesicht erinnerte man sich nicht. Luke scherzte oft, dass wir mal zusammen eine Bank ausrauben sollten. Er fuhr den Wagen und ich sollte das Geld ranschaffen, da man sich mein Gesicht ja eh nicht merken könne. Als Antwort habe ich ihn in den Bauch geboxt.
Ich hatte Schmerzen am ganzen Körper und spürte plötzlich Muskeln, von denen ich nicht mal wusste, dass sie existierten. Meinen Plan, der sich in meinen Kopf geschlichen hat, als ich mit Mrs. Miller gerade durch die Flure gelaufen bin, würde ich durchziehen. Am besten an irgendeinem großen Anlass, damit ich auch ja rausgeschmissen wurde. Bis dahin musste ich gute Miene zum bösen Spiel machen.
Wir kamen gerade mit unseren Sportsachen aus den Umkleiden. Erst rannten wir durch den Wald und übers Gelände und erwärmten uns. Anschließend. trainierten wir dann ein paar Übungen mit einem Partner.
"Okay. Das reicht. Wir gehen jetzt über zum Einzelkampf.", befahl unser Trainer Mr. Crown. "Als erstes kämpfen Mike und Jo."
Mike und Jo machten ihre Sache gut und Mr. Crown musste abbrechen, da es zu keinem Ende kam. Unentschieden.
"Als nächstes Jason und Kate."
Augenblicklich erstarrte ich. Ich sah, wie Jason grinsend auf die Matte trat und sich abwartend hinstellte. Hinter mir hörte ich meine Freundinnen erschrocken nach Luft schnappen. Ich könnte mich drücken, haben sie mir gesagt. Sagen, dass ich mir beim Geländelauf den Fuß umgeknickt hätte. Mr. Crown hätte Verständnis, immerhin war ich ja neu, versicherten sie mir. Aber während ich in Jasons Blaue Augen schaute und sein verächtliches Grinsesn sah, wallte Wut in mir hoch. Automatisch trat ich nach vorn und ich hörte meine Freundinnen abermals nach Luft schnappen.
Wir stellten uns gegenüber und sahen uns an. Ich stellte mit Schrecken fest, dass er viel größer war als ich. Bestimmt über 1,80. Und er hatte Muskeln. Muskeln die ich noch nicht wirklich besaß. Aber ich wollte nicht kneifen. Das gönnte ich ihm ganz einfach nicht.
Als Mr. Crown das Go gab, bewegte sich keiner von uns beiden. Ich lies ihm den ersten Zug. Auf keinen Fall würde ich zu erst angreifen. Jasons Grinsen wurde breiter und er fing an einige Manöver vorzutäuschen. Ich wich ihm aus und blieb weiterhin in der Defensive.
"Hast du Angst?", fragte er und hechtete wieder auf mich zu.
"Vor so einem vorlauten Arschloch wie dir hat niemand Angst.", entgegnete ich und sah ihm fest in die Augen. Sein Grinsen verschwand und er griff an. Ich wich ihm immernoch aus, aber er zwang mich immer mehr in die Offensive.
Irgenwann bekam er mich zu packen und schleuderte mich über seine Schulter auf den Boden. Ich keuchte, als alle Luft aus meinen Lungen entwich.
Das ganze wiederholte er etliche Male, ehe Mr. Crown abbrach. Jason kniete sich zu mir hinunter.
"Weißt du Kate, ich kann es mir wenigstens leisten die Klappe aufzureißen."
Mr. Crown beendete das Training und ich setzte mich auf. Ich fühlte mich bis auf die Knochen blamiert und gedemütigt.
"Komm Kate.", sagte Amanda und alle 3 Mädchen halfen mir ins Schloss hinein.
"Es geht schon.", murmelte ich. In unserem Zimmer schmiss ich mich aufs Bett und bemitleidete mich selbst. Christal holte meine Sachen und Amanda und Jessy sahen sich meine Verletzungen an.
"Das werden höchstens ein paar blaue Flecke aber sonst...", versuchte Jessy mich zu beruhigen.
"Du warst wirklich gut für den Angang, Kate.", stimmte auch Amanda mit ein.
"Ich war grauenvoll und das wisst ihr auch!", murmelte ich und vergrub mein Gesicht in meinem Kissen.
"Das wird schon. Und dann trittst du diesem Idioten in den Arsch", sagte Christal, die gerade mit meinem Zeug herein kam.
"Am liebsten würde ich meiner richtigen Mutter in den Arsch treten.", sagte ich.
"Was? Wieso?", lachte Amanda und dachte wohl, ich hatte einen Scherz gemacht.
Ich setzte mich auf. "Weil sie nach 16 Jahren, in denen sie mich in dem Glaube lies, dass meine richtigen Eltern mit mir unter einem Dach wohnen, meint, sie könne ankommen und mich in diese Schule stecken. Wisst ihr, ich hatte ein ganz stinknormales Leben. Vielleicht auch ein bisschen langweilig, aber wenigstens konnte ich jeden Morgen ganz entspannt mit meinem besten Freund in die Schule laufen, mich darüber beschweren wie unnötig ja Französisch ist und anschließend wieder nach Hause gehen. Da ein bisschen Hausaufgaben, dort ein paar Arbeiten und ab und zu eine kleine Party. Und das beste ist, dass ich mich nicht mit meinen Mitschülern auf Note prügeln musste."
"Du willst gar nicht hier sein?", fragte Christal nach längerem Schweigen.
"Nein. Ich warte nur auf eine Gelegenheit, um richtig Scheiße zu bauen, damit ich rausgeschmissen werde. Und am besten Jason gleich noch mit umbringe.", sagte ich.
"Warum hast du deiner Mom nicht einfach gesagt, dass du gar nicht auf diese Schule willst?", fragte Jessy.
"Weil ich sie noch nie in meinem Leben gesehen habe. Sie schreibt mir zwar Briefe, in denen steht, dass wir uns bald sehen werden, aber wenn ich sie sehe, dann werde ich ihr erst mal ordentlich die Meinung geigen."
"Nimm den Ball.", platzte Amanda dazwischen.
"Was meinst du, Am?"
"Als Gelegenheit rausgeschmissen zu werden. Nimm den Ball am Ende des Schuljahres. Er ist für alle Schüler der Oberstufe und Mrs. Miller und Ms. Hayden machen da immer ein riesen Drama draus. Wenn du den zerstörst, fliegst du hundertpro."
"Wie soll ich bitte allein ein ganzen Schulball zerstören?"
"Wir helfen dir. Du kannst dich ja allein stellen.", schlug Christal vor.
"Das klingt nach einer großartigen Idee.", sagte ich und fing an zu grinsen. "Und im Gegenzug werde ich Jason und seinen hirnloses Freunden zeigen, dass sie nichts zu melden haben."
"Jetzt nimmst du dir aber zu viel vor, Kate.", schaltete sich Jessy ein. "Du kannst ihnen nix antun. Dafür sind sie zu gut."
"Jeder hat einen wunden Punkt.", entgegnete ich. "Also Deal? Ihr helft mir zu fliegen und ich helfe euch, Chrissy's Brille und alles andere, was sie euch angetan haben, zu rächen." Da leuchteten Jessy's Augen doch auf und wir legten unsere Hände übereinander.
"Deal!"
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