28. 𝐸𝑖𝑛𝑒 𝐿𝑢̈𝑔𝑒, 𝑠𝑜 𝑠𝑐ℎ𝑤𝑒𝑟 𝑤𝑖𝑒 𝑒𝑖𝑛 𝑆𝑡𝑒𝑖𝑛

Schnell wischte sich Naomi die Tränen ab und folgte der Anweisung. Noch immer hielt sie das Kästchen in der Hand, als Alec ihr wieder auffordernd die Hand hinhielt.
„Den Schlüssel bitte!"
Sie gab ihm den Autoschlüssel und Alec verriegelte den Nissan sofort.

Dann zog er sie unsanft am Handgelenk hinter sich her. Sie gingen ein paar Meter von der Hütte weg bis zu ein paar einsamen Kiefern, die etwas abseits auf dem Gelände standen. Er drehte sie und drückte ihren Rücken gegen den rauen Stamm.

Naomi rechnete schon mit einer kleinen Schneelawine, aber da kam nichts. Alec legte seine große Hand neben ihr Gesicht an die Rinde und blickte ihr verärgert in die Augen. Seine ganze Ausstrahlung war einschüchternd.

„Ich habe dir doch gesagt keine Nachforschungen anzustellen, Naomi!", konfrontierte er sie gereizt.
Sie schluckte unsicher und machte sich klein. Er wusste genau, dass es zu spät zum leugnen war.
„Es tut mir leid, ich musste einfach sicher gehen...", sie stoppte kurz und senkte die Stimme, „...dass du Night Runner bist."

Sie hielt verzweifelt die Tränen zurück.
„Wenn du das irgendjemandem erzählst...", warnte er eindringlich.
„Ich würde dich niemals verraten, Alec! Du musst mir glauben!"
Ihre Aussage schien ihn etwas zu beruhigen. Er nahm doch nicht ernsthaft an, dass Naomi ihn verraten würde.

Er nahm die Hand runter und wich einen Schritt zurück.
„Ich war so blind. Du warst die ganze Zeit vor meiner Nase und ich habe dich nicht erkannt. Wieso hast du mir nichts gesagt, Alec?"
„Bist du dumm?", fragte er herablassend. Seine ganze Haltung war abweisend und kalt. „Was glaubst du wohl warum ich eine Maske trage, Naomi? Um die Menschen in meinem Umfeld nicht in Gefahr zu bringen. Allein dafür, dass du die Wahrheit kennst, kannst du ernsthafte Schwierigkeiten bekommen."

„Das kümmert mich nicht."
Jetzt klang sie vielleicht wieder wie das naive und trotzige Mädchen, aber sie meinte es ernst.
Alec stöhnte. Seine Augen bewegten sich unruhig über die verschneite Landschaft.
Naomi sah ihn lange an, nur mit ganz anderen Augen als zuvor. Er stemmte die Hände in die Seiten und wirkte aufgewühlt.
Sein warmer Atem hinterließ kleine Dunstschwaden in der eiskalten Luft. War ihm nicht kalt?

„Wie naiv bist du eigentlich, Naomi? Deine unbedarfte Art und deine Gutgläubigkeit haben dich schon oft in Gefahr gebracht. Warum bist du wohl von einem Tower gefallen? Und warum bist du nicht eher auf dein Rad gestiegen, bevor diese Schläger dir hätten zu nahe treten können? Ich fasse einfach nicht wie man so leben kann."

Seine Worte waren verletzend. Sie wollte doch nicht in Gefahr geraten und es war auch nicht ihre Schuld, dass die HKS Group sie bedroht hatte.
„Wieso sagst du das so?"
„Weil deine Oberflächlichkeit nervt!", motzte er sauer.

Etwas in ihr zerbrach gerade. Auch wenn er recht hatte, musste er nicht gleich so verletzend sein.
„Ich habe genug davon", fuhr er etwas ruhiger fort. „Ich habe keine Lust dir ständig hinterher zu laufen und die Scherben deines Lebens aufzusammeln, Naomi."
„Was soll das heißen? Wirst du mir nicht mehr helfen?"
Er schüttelte langsam den Kopf.

„Ich kann nicht. Ich habe genug eigene Probleme. Ich bin schon lange hinter der HKS Group her. Deshalb werde ich dich zumindest nicht in Bezug deiner Anfrage enttäuschen. Doch lauf mir nicht mehr hinterher. Bitte vergiss alles was du gesehen oder gehört hast. Es ist besser für dich."

„Das kann ich nicht, Alec."
Sie ging auf ihn zu, doch Alec wich zurück.
„Ich habe keine Zeit mehr, mich um deinen Kindergarten zu kümmern. Wenn wir uns in der Uni begegnen, spricht mich nicht an. Tu einfach so, als würdest du mich nicht kennen."

Sie glaubte sich verhört zu haben. Wieso? Wieso wollte er auf einmal Abstand zu ihr? Es hatte ihn doch vorher nicht gestört ihr beim Lernen zu helfen und ständig auf sie aufzupassen.
„Das kann ich nicht", erklärte sie verzweifelt und hielt krampfhaft die Tränen zurück, indem sie sich immer wieder auf die Zunge biss. „Nicht nach allem, was ich erlebt habe. Alec, ich mag dich."

Er lachte höhnisch.
„Wen magst du? Night Runner oder mich? Was weißt du überhaupt über mich? Hmm? Glaubst du das, was ich dir täglich in der Uni vorspiele, wäre die Wahrheit?"
Sie schüttelte unmerklich den Kopf.
„Ich bin weder introvertiert noch bin ich tollpatschig. Das war alles nur Fassade, Naomi."

Das wusste sie bereits. Schließlich war Night Runner auch nie gestolpert. Trotzdem wollte sie das alles nicht von ihm hören. Es kümmerte sie nicht wer er war. Ihr Herz hatte sie nicht vorher gefragt, ob es sich verlieben durfte. Auch wenn er ihr noch immer ein Fremder war, wusste sie jetzt mit absoluter Sicherheit, dass sie sich in Alec verliebt hatte.

Nicht weil er Night Runner war. Nicht alles war nur gespielt. Sie glaubte es nicht.
„Wenn du nicht wolltest, dass das hier passiert, warum hast du mich dann geküsst, Alec? Du hättest mir ruhig weiterhin was vorspielen können. Ich hätte es vermutet, aber ganz sicher wäre ich mir nie gewesen."

Er blieb einen Moment still. Suchte er nach den richtigen Worten? Was für eine Ausrede würde er ihr jetzt bringen, um sie auf Abstand zu halten?
„Weißt du, Naomi...", begann er gelassen und senkte den Blick. „...dieses Leben kann manchmal sehr einsam sein und ich bin auch nur ein Mensch. Ich mache Fehler. Interpretier da nicht zu viel hinein. Es war nur ein Spiel und ich war am Zug."
„Ja gestern vielleicht, aber was war auf dem Dach? Warum hast du mich da geküsst?"
Er hob den Kopf und funkelte sie böse an.
„Weil du so einen Blödsinn geredet hast!", schrie er schon fast.

„Also war alles bloß ein Spiel für dich?"
„Ja, Naomi! Ich habe mit deinen Gefühlen gespielt, weil es mir Spaß gemacht hat. Weil ich mich vergessen habe. Es tut mir leid, wenn du so naiv bist und gleich denkst ich hätte Gefühle für dich. In Wahrheit gehst du mir ziemlich auf die Nerven. Werd' endlich erwachsen und wach aus deiner Traumwelt auf. Kein halbwegs vernünftiger Mann würde sich in ein so oberflächliches und leichtgläubiges Ding vergucken."
Er sah herablassend und abwertend auf sie herab.

Naomi hatte keine Kraft mehr dagegen anzukommen. Wenn er das wirklich von ihr dachte, dann gingen sie sich tatsächlich besser aus dem Weg. Nichts desto trotz tat es weh und Naomi musste jetzt ihrem weinenden Herz erzählen, dass dieser Mistkerl sie getäuscht hatte.

Sie presste traurig die Lippen aufeinander, als er ihr die Schachtel aus der Hand nahm und den Ring heraus holte. Diesen legte er ihr grob in die Hand und sagte nur eiskalt: „Behalt den Ramsch. Ich habe keine Verwendung mehr dafür."
Dann ging er an ihr vorbei zu seinem Auto. Naomi drehte sich nicht um. Sie hörte den Sportmotor aufbrummen, dann fuhr der Nissan vom Gelände.

Bis zu diesem Moment hatte sie krampfhaft die Tränen zurück gehalten. Doch nun konnte sie nicht mehr. Sie glaubte ihm einfach nicht. Sie wollte es nicht glauben. Alec war nicht so ein Arschloch, der einfach mit Gefühlen anderer spielte. Und dennoch waren seine Worte unglaublich verletzend.

Niedergeschlagen sank sie in die Hocke und schlang die Arme um die Knie. Noch immer hielt sie den Ring ihrer Mutter in der Hand und ließ ihren Gefühlen freien Lauf. Sie akzeptierte Alecs Wunsch sich von ihm fernzuhalten. Sie verstand es ja sogar. Wenn er weiterhin in ihrer Nähe blieb, brachte er sie in Gefahr. Er wollte sie nur beschützen - mal wieder. Er hatte sie immer beschützt. Ganz egal in welcher Situation.

Nur hätte er ihr dafür nicht so wehtun müssen. Warum nur hatte er solche Sachen zu ihr gesagt? Eine Bitte und eine Erklärung hätten ihr ausgereicht.
So musste sie sich mit diesen bitteren Gefühlen abkämpfen und es einfach hinnehmen.

Es wurde ihr in diesem Moment bewusst: Noch nie hatte sie so intensiv für jemanden empfunden. Alles davor war nur Kinderkram gewesen. Die Gefühle für James waren bloß Schwärmerei gewesen. In Alec war sie richtig verliebt. Er hatte sie beeindruckt, ihr das Leben gerettet und sie beschützt.
Ganz langsam hatte dieser verfluchte Dieb ihr das Herz gestohlen.

Da wo es sein sollte, klaffte jetzt ein tiefes Loch. Naomi hielt sich die geschlossenen Hände vor die Brust und ertrank beinahe in ihren Tränen. Das war alles zu viel für sie. Ihr Vater verlor seine Arbeit, sie wurde von Schlägern verfolgt und fiel Meter tief von einem Hochhaus. Dann fand sie heraus, dass ihre Mutter absichtlich angefahren wurde und nun ließ auch noch Night Runner sie im Stich. Sie konnte einfach nicht mehr. Sie konnte ihre Gefühle nicht mehr verbergen und ließ alles raus. Der Knoten löste sich und brachte ihr endlich Erleichterung.



~



Alecs starke Hand haute immer wieder aufs Lenkrad ein. Er schrie sich selbst an und kämpfte gegen das schlechte Gewissen an.
Seine Brust schmerzte so sehr. Er konzentrierte sich gar nicht mehr auf die vereiste Straße und trat das Gaspedal noch tiefer durch.

Es kümmerte ihn nicht, wie gefährlich das war. Er hätte jetzt sogar verdient einen Unfall zu haben und dabei drauf zu gehen. So sehr hasste er sich dafür, was er gerade getan hatte. Er hatte den einzigen Menschen verletzt, den er abgesehen von dem alten Mann mochte. Ja er mochte Naomi sehr.

Es gab kein Leugnen mehr. Obwohl sie so naiv und unbedacht war, fand er gerade das an ihr süß. Sie war absolut liebenswert und ohne dass er es bemerkt hatte, hatte sie sich in sein Herz geschlichen.

Er war es nicht gewohnt, dass die Menschen ihn mochten. Er hatte viel Ablehnung erfahren. Doch Naomi hatte ihn stets bewundert und ihn nicht als Außenseiter behandelt. Selbst gerade eben hatte sie ihm gesagt, dass sie ihn mochte, obwohl er so ein Arsch zu ihr war.

Es brach ihn in zwei. Endlich war da jemand, der sich nicht für sein Geld oder sein Aussehen interessierte. Naomi mochte ihn, obwohl sie ihn eigentlich gar nicht kannte.
Sie war wirklich dumm und weltfremd. Doch gerade das mochte Alec an ihr. Ihre Leichtgläubigkeit zeigte nur wie ehrlich und verletzlich sie war.

Das Autotelefon klingelte.
Alec erkannte die Nummer und drückte den Anruf weg. Er wollte jetzt nicht mit Maurice reden. Er sollte ihn nicht so außer Fassung sehen.
Doch der alte Mann war nicht so einfach abzuwürgen. Kurz darauf rief er erneut an.
Alec nahm widerwillig den Anruf entgegen.

„Was?"
„Wohin willst du?"
„Ist das wichtig?"
„Vielleicht. Fred ist auch in Bewegung. Sieht so aus als würde er sich auf Naomi zu bewegen."
Alec trat eisenhart auf die Bremse. Der Wagen kam schleudernd am Straßenrand zum Stehen.
Das konnte doch nicht wahr sein. Für einen Augenblick hatte Alec den Mistkerl vergessen. Er atmete tief ein und riss sich zusammen.

„Stimmt etwas nicht?", fragte Maurice. Er bemerkte aber auch alles.
„Sie weiß es", brachte Alec nur leise hervor. Sein Stimme versagte irgendwie und hörte sich seltsam fremd an.
„Wie bitte?"
„Naomi weiß wer ich bin, Maurice", gestand er etwas lauter.

Zuerst kam gar keine Reaktion vom anderen Ende der Leitung. Dann räusperte sich Maurice und atmete hörbar aus.
„Tja, dann kannst du schonmal deine Sachen packen."
„Sie würde mich nicht verraten."
„ALSO WIRKLICH, JUNGE!", schrie Maurice ins Telefon. „Willst du wirklich das Risiko eingehen und dich darauf verlassen?"
„Ich vertraue ihr. Wenn mich das den Hals kostet, dann sei es eben so."
Maurice schnaubte verächtlich.

Alec drehte den Wagen und fuhr zur Hütte zurück. Seine Brust schmerzte, als ob ihm jemand das Herz heraus reißen würde.
„Was ist mit deinen Werten los?"
„Gar nichts", sagte Alec schnell, um Maurice nicht noch mehr zu beunruhigen. Doch er sah genau wie es ihm ging. Seine Lebensfunktionen wurden ihm detailliert auf seinem Computer angezeigt.
Zum Glück ging Maurice nicht weiter darauf ein. Er wusste es eh. Er wusste immer alles.

„Was wirst du jetzt tun?"
„Ich halte mich zurück, sonst wäre das gerade alles umsonst gewesen."
„Was alles?", hakte Maurice nach.
„Ich habe ihr das Herz gebrochen, okay! Ich habe sie im Stich gelassen, jetzt wo sie meine Hilfe am meisten braucht. Bist du jetzt zufrieden, alter Mann?", rief Alec aufgebracht.

Maurice antwortete nicht. Lange schwieg er ins Telefon. Mittlerweile kam Alec wieder bei der Herberge an. Naomi war nicht mehr zu sehen. Einerseits war er froh ihr nicht direkt in die Arme zu laufen. Auf der anderen Seite war er wegen Fred besorgt. Wo steckte der Blödmann?

„Keine Sorge, er hält sich im Hintergrund. Lass ihn einfach und unternimm nichts, solange er nicht aktiv wird."
„Schon klar", brummte Alec und legte auf.
Er rieb sich mit der Hand übers Gesicht und versuchte sich wieder unter Kontrolle zu bringen.

Doch er fühlte sich noch immer schlecht. Er hatte das Gefühl nicht atmen zu können und plötzlich wirkte sein Auto ziemlich eng. Er stieg aus und holte tief Luft. Er hasste dieses Gefühl eingesperrt zu sein. Manche hätten es als Platzangst beschrieben, aber er wusste es besser. Er war einfach ein kranker und gestörter Scheißkerl.

Er rief Maurice erneut an und setzte seine EarPods ein.
„Wo ist Naomi gerade?"
„Im Haus."
„Und Fred?"
„Irgendwo in der Nähe. Sieht so aus, als ginge er Richtung Strand."
Alec wunderte sich darüber. Wieso unternahm er nichts? Wofür hatte man den Mistkerl bezahlt?

„Na schön, ich denke der Professor wird die Truppe noch einmal in die Pampa treiben. Es wäre besser, wenn ich noch eine Weile in ihrer Nähe bleibe."
„Wenn du meinst."
Was denn, kein Einspruch von Maurice?



~



Deprimiert saß Naomi auf einem der gemütlichen Sofas im Aufenhaltsraum und schenkte ihren Kommilitonen kaum Beachtung. Sie hatte die Beine angezogen und ihre Arme darum geschlungen. Abwesend starrte sie auf ihre bunten Socken. Sie hatte so lange draußen geweint, bis sie völlig ausgetrocknet war. Dann hatte sie einen Liter Wasser auf einmal getrunken und sich nachdenklich zu ihren Freunden begeben. Diese hatten natürlich ihre negative Stimmung bemerkt, doch Naomi konnte nicht darüber reden.

Sie hatte Alec versprochen ihn nicht zu verraten. Also durfte sie nichts sagen, egal wie schwer es ihr fiel.
Sie war mittlerweile wütend auf ihn. Erst erzählte er ihr sie wären Freunde und dann wollte er ihr weiß machen sie ginge ihm auf die Nerven. Wieso war er dann erst hergekommen? Er hielt sie wohl für bescheuert. Dieses Mal ließ sie sich nicht für dumm verkaufen. Sie brauchte immer etwas länger, um die Dinge zu kapieren. Trotzdem war sein Verhalten mehr als eindeutig und vor allem verletzend. Es geschah alles zu ihrem Schutz. Seine Anwesenheit hier, seine Ablehnung und sein erneutes Verschwinden.

Wieso musste sie sich ausgerechnet in ihn verlieben? Endlich war sie über James hinweg und konnte trotzdem nicht glücklich werden. Selbst wenn Alec ihre Gefühle erwiderte, würde er sie niemals akzeptieren. Er war Night Runner. Sein Leben bot einfach keine Möglichkeit für ein sorgloses Happy-End.

Wie schwer es ihm gefallen sein musste, ihr vorhin all das zu sagen. Naomi empfand großes Mitleid mit ihm. Er war immer allein und würde es auch stets bleiben, wenn er sich nicht einen anderen Zeitvertreib suchte.
Was für ein gefährliches und einsames Leben er führte.
Schon wieder kämpfte Naomi mit den Tränen, schüttelte aber nach wie vor den Kopf, als Diana sie zum fünften Mal fragte was los war.

„Okay, ich lass dich in Ruhe, aber irgendwann musst du darüber reden, Nao. Bitte friss nicht alles in dich hinein."
Naomi gab ihr das Versprechen.
Der Professor betrat den Raum. Er hatte bereits seine dicke Jacke und Handschuhe angezogen.
„So Studiosi, wer hat Lust auf eine Schneeballschlacht auf dem Feld?"

Jubelnd sprangen die meisten auf und folgten dem gut gelaunten Professor nach draußen.
Naomi wollte nicht in die Kälte. Ihr Herz war bereits gefroren, da musste nicht auch noch ihr Körper einfrieren und für solche albernen Spielchen war sie eh zu schlecht gelaunt.

Doch Hannes und Diana zerrten sie sanft vom Sofa herunter und versprachen ihr bessere Laune zu verschaffen.
Nur gezwungen zog sich Naomi wieder die Jacke über und folgte den anderen langsam. So hatte sie sich diesen Ausflug nicht vorgestellt. Allerdings, was nützte es traurig in der Ecke zu kleben und jemandem nachzuweinen. Das Leben ging weiter.

Sie brauchte nur etwas Abstand von Alec. Wenn sich die Gemüter einigermaßen beruhigt hatten, nahm sich Naomi vor ihn noch einmal nach ihrer Mutter zu fragen. Allein aus der Polizeiakte wurde sie nicht schlau.
Mit den Aufzeichnungen sah es fast eindeutig so aus, als hätte Mr. Higa ihre Mutter angefahren.

Bei diesem Unfall war sie ums Leben gekommen. Nach allem, was sie mit der HKS Group erlebt hatte, glaubte sie nicht mehr an Zufälle. Wollte er das vertuschen und drängte Charlie deshalb aus dem Haus? Doch warum erst jetzt?

Der Unfall war schon Jahre her. Wenn das der Grund war, handelte er ziemlich spät. Wenn es einen anderen Grund gab, dann welchen?
Naomis Kopf schmerzte. Irgendjemand bohrte sich dort hinein und löste einen Tornado aus.

Sie ging aus dem Haus und trat auf auf die überdachte Treppe, als ihr Blick auf den mattgrauen Nissan fiel. Sofort rutschte ihr das Herz wieder in die Hose. War Alec nicht vorhin weggefahren?
Sie widerstand dem Wunsch dorthin zu gehen und verdrängte jeglichen Gedanken an Alec.

Ihre Kameraden sammelten sich am Rande des Parkplatzes, bevor sie zusammen in Richtung der Felder gingen. Die Jungs konnten sich nicht zurück halten und fingen schon an ein paar Schneebälle zu werfen.

Derweil hielt Naomi ihre Neugier nicht zurück und sah erneut auf Alecs Wagen. Nur ein paar Fußabdrücke waren im Schnee zu erkennen. Doch keine davon führten zum Haus. Zu ihrer Verwunderung führten sie vom Gelände weg.
Sie verschwanden zwischen den hohen Tannen am anderen Ende des Parkplatzes.
Wenn Alec nicht hier war, um auf sie aufzupassen, welchen Grund könnte er haben einfach im Wald zu verschwinden? Wollte er einen Baum klauen?

Die anderen gingen schon los. Sie lachten und freuten sich über das schöne Wetter.
Naomi sah ihnen einen Moment nach. Niemand bemerkte, dass sie nicht folgte. Auch Hannes und Diana kümmerten sich um sich selbst.
Entschlossen stapfte Naomi in die andere Richtung und folgte Alecs Fußspuren.
Das war vermutlich unklug und sie würde sich dafür nachher bestimmt etwas von ihm anhören müssen. Doch ihre Neugier und auch die Sorge um ihn waren zu stark.

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