Kapitel 14


Dabi:

Sie ist gut geworden.
Verdammt, sie hätte wirklich fast einen Zweikampf gegen mich gewonnen.

Ich nippte an meinem Glas voll Gin Tonic und blickte nachdenklich auf die Bar. Y/n's Blick konnte mir seit unserem Kampf nicht mehr aus dem Kopf gehen. Plötzlich kamen mir sofort wieder die Bilder in den Kopf, wo Y/n rittlings auf meinem Becken saß und wir uns intensiv in die Augen starrten. Ich roch immer noch den blumigen Duft der von ihr ausging, hatte noch jede einzelnen ihrer Gesichtszüge im Kopf, jedes verdammte Detail. Und das gegen meinen Willen. Ich trank mein Glas schnell zu Ende, bevor meine Gedanken noch in eine komplett falsche Richtung abdrifteten.

"Seit wann trinkst du denn so viel, Dabi?", wollte mein Kollege Adam wissen, der sich neben mich setzte und ich blickte zu ihm hoch.

"Hast du mich etwa beobachtet und meine Shots gezählt?", fragte ich stattdessen und er grinste.

"Nein, aber du siehst komplett neben der Spur aus. Ich glaube, ich habe dich noch nie so nachdenklich gesehen.", erwiderte er und ich hob ungläubig meine Augenbrauen.

Als ich nicht antwortete, hackte er weiter nach und traf dabei direkt ins Schwarze. "Wie läuft es eigentlich mit Venatrix aka Y/n?" Sein Ton klang ironisch und abwertend.

"Etwa kein großer Fan von ihr?"

Er lachte auf. "Wer ist das schon hier? Immerhin hat sie über die Hälfte von den Schurken mindestens einmal in den Arsch getreten. Mich eingeschlossen."

Bei seiner letzten Bemerkung musste ich schmunzeln. "Du würdest sie mögen, wenn du sie mal näher kennenlernst. Sie ist ein genauso sturer Bock wie du und will immer recht haben.", meinte ich und er erwiderte mein Schmunzeln.

"Ach wirklich? Benimmt sie sich auch genauso abgehoben hinter ihrer Maske, obwohl sie ohne ihre gefälschten Kräfte nicht annähernd so stark ist?", wollte er wissen und schaute mich interessiert an.

Ich schüttelte meinen Kopf. "Am Anfang vielleicht, aber jetzt ist sie sehr wissbegierig und zielstrebig. Sie ist wirklich besser geworden."

"Dann sagst du ihr aber nicht, oder?", erriet er meinen Gedanken und meine Mundwinkel zuckten.

"Natürlich nicht."

Adam lachte auf, als wir daraufhin zusammen ansstießen und aus unseren Gläsern tranken. Von allen Schurken hier war er am erträglichsten. Ich würde ihn nicht als Freund bezeichnen, aber er war von allen am nähesten dran.
Im Gegensatz zu Toga oder Twice ging er mir nicht ständig auf den Sack.

Nach einer kurzen Pause, drehte er sich wieder zu mir. "Denkst du denn, dass sie bereit ist?"

Ich zögerte einen Moment. Schon bei dem Gedanken Y/n auf einer unserer Missionen mitzunehmen, bekam ich unbegründet ein unbehagliches Gefühl, aber Shigaraki wollte schon seit einigen Tagen wissen, wann sie endlich zum Einsatz kommt. Ich fragte mich immer noch, wieso er Y/n so sehr in der Schurkenliga brauchte. Natürlich war sie mit ihrem gefälschten Quirk sehr stark, aber wir könnten auch problemlos ohne sie auskommen.

"Ja.", antwortete ich und nahm einen weiteren Schluck von meinem Gin Tonic.

Y/n:

Ich folgte Shigaraki, Dabi und einigen weiteren Schurken die Treppen runter und wir gingen auf eine Etage, wo ich bisher noch nie zuvor war.

"Könntest du mir vielleicht sagen, was wir gleich tun werden?", fragte ich Dabi leise und stubste ihn von der Seite an.
Das Treppenhaus war sehr schlecht beleuchtet und ich erkannte nur ein paar Umrisse vor und hinter mir.

"Das wirst du gleich erfahren.", antwortete er nur knapp und ich schluckte.

Nach ein paar Minuten erreichten wir eine Tür, die Shigaraki dann aufsperrte und plötzlich neonblaues Licht in meine Augen stach. Ich kniff sie kurz zusammen, weil ich von der Helligkeit geblendet wurde, bevor ich den Raum vor uns näher betrachten konnte.

Mein Atem stockte, als ich unzählige beleuchtete Waffen und Anzüge in ein Haufen Glasschränken vor uns erblickte. Die Schurken teilten sich langsam auf und gingen in verschiedene Richtungen. Säulen erhoben sich von den Ecken empor und solche Art von Technologie habe ich noch nie gesehen.

"Ist das.."

"Wir nennen es die Arcade. Hier bereiten wir uns auf unsere bevorstehende Mission vor, statten uns mit Waffen und entsprechenden Anzügen aus und so weiter.", unterbrach Dabi mich und wirkte im Gegensatz zu mir relativ unbeeindruckt.

"Warte mal, was meinst du mit Mission? Gehen wir etwa..", ich hielt meinen Atem für eine Sekunde an. "Wieso hast du mir das nicht früher gesagt??"

Dabi zuckte mit seinen Achseln und seine Mundwinkel zuckten nach oben. "Ich könnte dir jetzt einige Ausreden nennen, aber bleiben wir einfach bei der ach so tollen Wahrheit. Ich wollte dich einfach nerven."

Mein Mund blieb offen stehen. "Willst du mich verarschen?"

"Reg dich ab, dafür habe ich eine andere Überraschung für dich.", meinte er und ich verschränkte erwartungsvoll meine Arme vor die Brust.
"Ja das kann mal was werden."

Er warf mir einen genervten Schulterblick zu, bevor er sich einen Weg durch die ganzen Schurken bannte und ich ihm ungeduldig folgte. Obwohl mein Magen sich krampfhaft zusammenzog, versuchte ich es mit aller Kraft zu ignorieren. Denn die Schuldgefühle bissen sich immer tiefer in meine Haut. Ich werde auf eine Mission mit der Schurkenliga gehen und dort werden sicherlich Menschen zu Schaden kommen. Verdammt.
Doch was kann ich tun? Ich habe keine Waffen, nichts, um irgendetwas dagegen zu tun.

Nach einigen Sekunden blieb Dabi plötzlich stehen, sodass ich fast gegen seinen breiten Rücken knallte. Ich stellte mich neben ihm und folgte seinem Blick, der auf einen weiteren Glasschrank gerichtet war. Mein Herz blieb abrupt stehen.

"Shigaraki hat dir an manchen Tagen heimlich beim Trainieren zugeschaut. Er meint, dass du sehr große Fortschritte gemacht hast und da du bis jetzt keine weiteren Probleme gemacht hast, hast du die Erlaubnis deinen gefälschten Quirk wieder anzuwenden.", erklärte Dabi, doch ich hörte ihm kaum zu.
Mein Blick war starr auf meinen alten Anzug und meine Netzapparate gerichtet.

"Wie habt ihr meine Sachen bei mir Zuhause gefunden?", wollte ich wissen und legte meine Hand um den Türgriff, bevor ich die eine Schranktür öffnete.

"Wenn du irgendwann zurückkehren solltest, wirst du einiges zu putzen haben. Es wurde die ganze Wohnung auf den Kopf gestellt.", antwortete er amüsiert. Wenn ich irgendwann zurückkehren sollte. Was dann?

Ich schob meine Spekulationen nach hinten und hole meine Sachen raus.
Der Stoff war immer noch der gleiche, aber es fühlte trotzdem anders an.

"Wo kann ich mich umziehen?", fragte ich und er deutete hinten auf einige Garderoben an.

Ich wollte gleich losgehen, doch Dabi griff nach meinem Handgelenk und hielt mich zurück. Seine Gesichtszüge waren ernst und kühl, bevor er in einem harschen Ton sagte: "Wenn du auch nur auf die Idee kommst mit deinem gefälschten Quirk irgendwelche Dummheiten zu machen, bist du tot. Du magst vielleicht mit deinen Spinnenweben stark sein, aber du kannst nicht gegen uns alle ankommen. Also bau keinen Scheiß, ja?"

Ich nickte schnell und als er mich darauf losließ, machte mich schnell auf dem Weg und öffnete eine Tür, bevor ich hereinging. Die plötzliche Stille fühlte sich wie schwere Steine auf meine Schultern ab und auf einmal brachen meine ganzen Gedanken wieder an die Oberfläche. Seit so vielen Wochen hat sich mein Kopf nie wieder so klar angefühlt und erst jetzt wurde mir bewusst, was ich im Begriff war zutun.
Ich werde mit Schurken kämpfen. Nicht mehr gegen sie. Ich werde eine von ihnen sein.

Mir wurde Übel und ich lehnte mich gegen die Wand, bevor ich meine Gleichgewicht verlor. Ich muss abhauen.
Aber dann werde ich nie erfahren wer mein Vater ist - welches verdammte Arschloch meine Mutter umgebracht hat

Ich schluckte schwer.
Doch als ich auf meinen allzu bekannten Anzug blickte, bekam ich langsam ein vertrautes Gefühl in der Brust - Selbstbewusstsein.
Ich bin Venatrix. Und ich werde eine Lösung finden, dass habe ich immer getan. Ich habe bis jetzt überlebt und werde auch weiterhin überleben.

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Es war eine ruhige Nacht.
Der Vollmond war klar sichtbar und Tokio kam mir noch nie so friedlich vor.
Bis jetzt.

Ich folgte Dabi und drei weiteren Schurken aus dem Hubschrauber, der auf dem Dach eines Hochhauses landete und wir blickten über die ganze Stadt vor uns. Mein Herz klopfte heftig gegen meine Brust und ich hatte das Gefühl noch nie so sehr gelebt zu haben.
Die allzu vertraute Kraft die von meinem Anzug ausging sehnte sich nur daran ausgeschöpft zu werden.

Dabi näherte sich dem Abhang und blickte nach unten. Danach zeigte er mit dem Finger in eine Richtung und wir folgten seinem Blick. "Seht ihr dieses Museum?"

Die anderen und ich folgten seinem Blick.

"Ihr habt sich sicherlich schon von "The White Diamond" gehört oder? Er ist neunzig Millionen Euro wert und befindet sich zufällig genau dort.", fuhr er fort und ich hörte Toga schmunzeln.

"Wer ihn zuerst findet, darf ihn behalten.", sagte sie und lachte.
Bevor Dabi reagieren konnte machte sie sich bereits auf dem Weg und die anderen Schurken folgten ihr schnell.
Ich verharrte für einen Moment und hielt meinen Blick immer noch auf das Museum gerichtet.

"Denk nicht zu viel darüber nach.", sagte Dabi plötzlich und ich schaute zu ihm.
Er entgegnete meinen Blick nicht.

"Tu ich nicht." Ich stand auf und richtete mich in meiner vollen Größe auf. "Pass du nur auf, dass ich mir nicht vor dir den Diamanten kralle."

Statt auf eine Antwort zu warten, richtete ich meine Arme in die Richtung des nächstgelegenen Gebäudes und schoss zwei Spinnenweben auf sie, bevor ich einen kleinen Anlauf nutzte und vom Gebäude sprang.

Für meine Mutter.

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