*Seungmin POV"
"Seungmin! Warte!"
Der Braunhaarige drehte sich um und starrte in das lächelnde Gesicht des Schwarzhaarigen.
"Meine Mum besteht darauf, dass du zum Essen bleibst. Ich habe ihr von den Geschehnissen im Café erzählt. Sie möchte dich nicht alleine wissen."
Der Jüngere überlegte kurz. Zuhause würde ihn so oder so niemand erwarten. Seine Mum war im Krankenhaus, während sein Dad wahrscheinlich wieder arbeiten war, um die ganze Situation zu vergessen. Also nickte er dem Schwarzhaarigen zu und folgte ihm anschließend in das einladene Haus von Hyunjins Familie. Insgeheim war er froh jetzt nicht alleine zu sein. Denn immer wenn es so war, schlich die Angst in seine Knochen und nagte daran, bis er sich nicht mehr bewegen konnte. Er hatte schreckliche Angst um seine Mutter, um seine Familie, die immer mehr und mehr auseinander brach. Er hatte eine lange Zeit daran geglaubt, seine Familie sei unkaputtbar, unzerstörbar....unantastbar. Aber das war sie nicht. Sie war fragil und zerbrechlich und er wusste nicht, wie er das wieder flicken sollte. Manchmal fand er das Leben wirklich beängstigend. Und manchmal glaubte er, das alles war seine Schuld. Obwohl er tief in sich wusste, dass das Blödsinn war. Und doch tat er nichts dagegen.
"Ach du liebes bisschen! Er ist ja ganz blass. Na komm, Zuckerschnäuzchen. Ich mache dir schnell einen Tee", hörte er Hyunjins Mum sprechen und er versuchte ein wenig zu lächeln.
"Hyeong-Joon, schmeiß schon mal den Herd an!", rief die wunderschöne Frau aus der Küche. Ihre schwarzen langen Haare glänzten in dem fahlen Licht der Küche, wie der Nachthimmel. Ihre Haut war so rein, dass sie keineswegs aussah wie beinahe fünfzig.
"Wir haben einen Gast!"
Im oberen Geschoss hörte man ein Poltern und im nächsten Moment kam ein Mann mit ebenfalls schwarzem Haar, welches jedoch schon mit grauen Strähnen durchzogen war, die Treppe herunter. Er hatte ein freundliches Gesicht, aber wachsame Augen. Er inspizierte Seungmin als wäre er der feste Freund von Hyunjin, obwohl das ja gar nicht stimmte. Zumindest noch nicht.
"Freut mich Sie kennenzulernen, Herr Hwang. Ich bin Kim Seungmin, ihr Nachbar."
Da sich der Braunhaarige auf einem Stuhl im Esszimmer niedergelassen hatte, erhob er sich schnell und verbeugte sich anschließend. Der ältere Mann schenkte ihm ein Lächeln, als hätte er die geheime Prüfung bestanden.
"Es freut mich ebenfalls. Es ist schon Ewigkeiten her, dass Hyunjin jemanden mit nach Hause gebracht hat."
"Dad!", tadelte Hyunjin, was den Braunhaarigen zum Lachen brachte. Hyungjins Mum kam aus der Küche und brachte vier dampfende Tassen mit Jasmintee an den Tisch.
"Ich schmeiße mal lieber den Herd an, sonst bringt mich deine Mum um", grinste Hyeong-Joon und rannte förmlich in die Küche, als die Schwarzhaarigen mit ihrem Arm ausholte.
"Du Flegel!", rief sie ihm hinterher. Dann wandte sie sich an Seungmin.
"Ignorie den Alten. Trink lieber erstmal den Tee. Dadurch bekommst du wieder ein bisschen Farbe", lächelte die Schwarzhaarige.
Der Jüngere bedankte sich und ihm fiel auf, wie ähnlich sich die beiden doch sahen. Hyunjin kam eindeutig nach seiner Mutter.
"Nenn mich ruhig JiHe", bot sie dem Braunhaarigen an. Seungmin nickte. Sie betrachtete ihn mit ihren wunderschönen braunen Augen, die auch Hyunjin trug. Er fand nur ein Wort dafür: Atemberaubend. Nach einigen Minuten fand er es etwas unangenehm, doch er ließ diese Prozedur stillschweigend über sich ergehen. Sie blickte ihm direkt in die Seele, so hatte er das Gefühl. Sie wühlte in ihm, drehte jeden Stein um. Hyunjin schien sein Unbehagen zu merken und stupste seine Mutter an. Im ersten Moment schien sie verwirrt, dann schmunzelte sie.
"Das tut mir leid, ich muss doch meinem zukünftigen Schwiegersohn einer Inspektion unterziehen."
"MUM!!!", rief Hyunjin erschrocken, was Seungmin zum Lachen brachte. Bevor irgendwas gesagt werden konnte, verbannte er seine Mum in die Küche, damit sie anfing zu Kochen. Der Braunhaarige nippte an seinem Tee und genoss die kurzzeitige Stille.
"Tut mir leid, meine Mum, sie ist, sie ist etwas eigen, was ihren Humor angeht."
Der Jüngere winkte ab. Er fand die Frau sympathisch. Auf irgendeine Weise erinnerte sie ihn an seine eigene. Sie war jemand, der sich nicht unterkriegen ließ, der kämpfte und erst aufgab, wenn es keine einzige Lösung mehr gab. Sie war ebenfalls eine Naturgewalt. Genau wie er selbst.
Eine halbe Stunde später saßen sie zu viert am Tisch und aßen gebratenes Hähnchenfleisch, eine Vielzahl an verschiedenem Gemüsesorten und Reis. Es schmeckte vorzüglich. Sie sprachen über alles mögliche. Die Stimmung war entspannt und das Entsetzen war endlich aus seinen Knochen verschwunden. Natürlich hatten Hyunjins Eltern das Geschehen des frühen Abends noch einmal aufgegriffen, was der Schwarzhaarige neben ihm mit bösen Blicken strafte. Seungmin tat es lächelnd ab. Seine Eltern wollte doch auch nur wissen, was passiert war.
Nachdem der Hauptgang abgeschlossen war, fühlte sich Seungmin, als müsse er nach Hause rollen. Und dann kam JiHe noch mit einem Dessert zurück, welches den Braunhaarigen bestimmt zum Platzen brachte. Aber er aß es trotzdem, weil er, nicht unhöflich sein wollte und weil es echt lecker aussah.
"Seungmin und ich werden mit Kkami noch spazieren gehen", entschied Hyunjin und als hätte der Hund, welchen Seungmin den ganzen Abend noch nicht gesehen hatte, die Worte von Hyunjin verstanden, kam er aus dem oberen Stock angeschossen wie eine Rakete. Mit freudigen Bellen und Hüpfern begrüßte der kleine weiße Fellball Seungmin.
Ein kleiner Spaziergang würde nicht Schaden, zumal Hyunjin Detective war.
Er musste sich automatisch sicher fühlen.
Die kühle Abendluft schlug ihnen entgegen, während sie durch die Straßen des Wohnviertels spazierten. Für Mitte August war es noch nicht so kalt, dass meine Jacke tragen musste, aber man bemerkte die Veränderungen. Hyunjin und er liefen schweigsam neben einander her, wobei Kkami freudig jeden Strauch und jedes Stück Rasen, das auftachte, bewunderte.
"Weißt du, gute Menschen sind wie Kerzen; sie verbrennen sich selbst, um anderen Licht zu spenden. Und du, mein Lieber, bist einer dieser Menschen", sagte Hyunjin. Einfach so.
Seungmin blieben für einen Moment die Worte im Hals stecken, denn die Erkenntnis traf ihn mit einer Wucht, die seinen Kopf zu dröhnen brachte.
Woher wusste der Schwarzhaarige das?
Er wollte niemals egoistisch sein. Das hatte er sich irgendwann angeeignet mit den Hintergedanken, dass das eigentlich unmöglich war. Aber er konnte nichts dagegen machen. Lieber kümmerte er sich um alle anderen, damit sie ihm nicht vorwerfen konnten selbstsüchtig zu sein. Was aber auch total bescheuert klang, da er Felix dazu animierte sich zuerst um sich selbst zu kümmern. Es war eine Zwickmühle aus der er nicht rauskam. Er wollte niemanden Enttäuschen. Nicht seine Eltern, nicht seine Freunde, ja verdammt nochmal nicht sich selbst, weil er das Gefühl hatte, wenn er das tat, würden alle denken, er kümmere sich nur um sich.
Hyunjin unterbrach die Ruhe erneut, während Seungmin versuchte sein nervös pochendes Herz unter Kontrolle zu bringen. Es klappte nicht.
"Ich habe dein Zögern beim Dessert vorhin bemerkt. Und auch all anderen Tage, wenn wir zusammen unterwegs waren. Ich merke es an deiner Stimme, wie du Geschichten über die anderen erzählst. Und ich hoffe, du weißt, dass es okay ist, egoistisch zu sein, um dich selbst zu schützen. Es ist unmöglich es allen Recht zu machen. Dem Einzigen, dem du Rechenschaft schuldig bist, bist du selbst."
Seungmin beobachtete das Seitenprofil des Schwarzhaarigen. Beobachtete, wie die Abenddämmerung sein Gesicht zum Leuchten brachte. Er dachte nach.
"Du bist nicht dazu da, die Probleme deiner Eltern zu stämmen oder die Probleme zu flicken. Du bist du und das reicht vollkommen."
Die Worte erwärmten Seungmins Herz, so sehr, dass er die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte. Die salzige Flüssigkeit tropfte auf den asphaltierten Gehweg. Es war ein Beben, dass durch ihn hindurchfegte, während Hyunjin zu ihn heranrutschte. Der Schwarzhaarige zog ihn auf eine naheliegende Bank und strich behutsam, als wäre er aus Glas, über seinen Rücken. Die Wärme, die er verströmte, ließ den Braunhaarigen wohlig aufatmen, auch wenn diese Geste beinahe in seinen Schluchzern unterging. Minuten verstrichen. Minuten, in den Hyungjin ihn einfach nur festhielt, ihn wärmte und Trost spendete. Es war okay, flüsterte er. Es war okay, egoistisch zu, es war okay, er selbst zu sein und es war okay, Angst zu haben.
Denn das machte uns menschlich.
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Guten Abend, meine lieben Leser und Leserinnen!
Dass, was ich jetzt schreibe, ist ziemlich persönlich, aber ich möchte es dennoch mit euch teilen, nicht weil ich Aufmerksamkeit suche, sondern, damit ihr ein kleines bisschen nachvollziehen könnte, warum ich so bin, wie ich eben bin, warum ich mich ständig bedanke, warum ich für jeden Kommentar so glücklich bin.
Ich bin magersüchtig und in Therapie. Zur Zeit geht es mit unglaublich gut, besser noch als vor einem Jahr. Aber manchmal gibt es Tage, da möchte ich schreien und weinen und um mich schlagen. Und das tue ich dann auch, weil es mir dadurch besser geht.
Das Schreiben ist eine heilende Möglichkeit mich von meinem Körper, meinen Gedanken und dieser Stimme, in meinem Kopf, zu distanzieren. Es ist beruhigend und bringt mir Ablenkung. Deswegen möchte ich zu verstehen geben, dass Kommentare wie von axchimchim TinaBaar lin_krrs mir unglaublich viel bedeuten und ich nochmal mit Nachdruck sagen möchte, dass eben diese kleinen Gesten einem den Tag versüßen, wenn das Leben und die Gedanken einen zu überollen drohen.
Ich fand es ganz passend, dass in diesem Kapitel zu beschreiben, da ich in vielerlei Hinsicht wie Seungmin bin. Durch die Magersucht habe ich große Probleme mit meinem Selbstwertgefühl. Vor allem aber habe ich Angst egoistisch und anderen eine Last zu sein . Aber ich habe mittlerweile verstanden, dass es richtig ist, sich um sich selbst zu kümmern.
Puhh, das war jetzt ganz schon viel Text von meiner Seite xd
I'm sorry!
Oben sieht man Hyunjin (l.) und Seungmin (r.)
Feel free to comment!
Erin🌸
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