Kapitel 70


Y/n:

Meine Arme brannten wie Scheiße und die Worte meines Vaters vernebelten sich hinter der dicken Wand von den Gedanken meiner Mutter.

Ich war nicht wie sie.
Das würde ich nie sein.
Diese ganzen Worte und den Spiegel habe ich nur unterbewusst erschaffen, weil mein Quirk wusste, was ich brauchte, um wieder aufzustehen.
Sonst hatte all das es keine weitere Bedeutung.

"Lüge."
"FUCK!" Ich presste meine Hand gegen den Mund, weil ich kurz davor war loszuschreien. Meine Augen schmerzten, aber es war nichts im Gegensatz zu den verheilten Narben, die unbedingt wieder aufgerissen werden wollten.

Ich hörte das Blut in meinen Ohren Rauschen, spürte die Hitze in meinem Kopf aufsteigen und alles gute, jede Erinnerung mit meinem Vater, jede Hoffnung förmlich wie Wasser durch meine Hände fließen.
Es gab nichts wonach man greifen konnte und wenn man es versuchte, fühlte man nur noch die unendlich große Leere.

Das einzige, was mir gerade ein Zeichen gab, dass ich noch lebte, war der Drang es zu tun.
Die Narben pochten und jeder Zentimeter von meiner Haut flehte praktisch um die Erlösung.
Um den Moment, wo ich Luft bekommen konnte. Atmen.

Ich legte meinen Kopf in den Nacken, während ich meine Ärmel hochkrempelte.
Bitte nicht. Bitte, nicht schon wieder.
Wann wird es aufhören?
Wann kann ich endlich wieder "normal" sein??

Ich musterte meine Arme, betrachtete die weißen leicht erhobenen Striche auf meiner Haut und wurde in meine Erinnerungen geschleudert.
Jeder Tiefpunkt war hier aufgelistet.
Und ich konnte mich an genau alle wegen meinen verdammten Narben erinnern. Es gab kein Zurück.
Sie würden nie heilen.

Egal wie viele Jahre vergehen würden, ich würde sie jeden Tag im Spiegel sehen. Ich würde jeden Tag an die schlimmsten Momente meines Lebens zurückdenken. Schon das nahm mir alle Hoffnung auf ein glückliches Leben.

Meine Zukunft machte mir regelrecht Angst. Ich konnte mir nicht einmal Sachen, wie meinen Schulabschluss oder so vorstellen. Wenn ich es versuchte, dann gefahl mir nie das was ich sah. Oder ich sah garnichts.
Was sollte das bedeuten?

Egal. Ich will nur vergessen.
Ich kann nicht mehr. Atmen, es gibt eine Lösung.
Langsam stand ich auf und ging auf meinen Schreibtisch zu, ehe ich die Schubladen durchwühlte, um nach einer Klinge zu suchen.

Ach du scheiße, ich hab es lange nicht mehr gemacht. Das letzte mal.. fuck.
Sofort stieß ich mich von dem Tisch ab und ballte meine Hand zur Faust, bevor ich mit voller Kraft gegen die Wand schlug.

Fuck, fuck, fuck.
Es fühlte sich so an, als hätte mir jemand knallhart ins Gesicht geschlagen und aufgeweckt.
Das letzte mal hatte mich Katsuki dabei erwischt. Und darauf meine Klinge weggeworfen. Scheiße.

Ich suchte nach einer Schere oder einem Spitzer, doch nicht einmal das hatte ich. Meinen Rasierer hatte ich schon lange vorher weggeworfen und stadessen Wachsstreifen benutzt.
Und Messer.. Nein.

Mein Herz fing an wie wild zu rasen und ich fühlte mich aufeinmal wie ein verrückter Junkie, der unbedingt noch einen weiteren Schuss wollte.
Ich war nicht besser. So wie ich gerade aussah konnte man mich warscheinlich nicht mal mit einem unterscheiden.

Ich schnaubte, während ich meine Ärmel wieder nach unten krempelte und die Gedanken schweifen ließ.
Ja, ich verdiehnte garnichts auf dieser Welt und war komplett nutzlos.
Ist okay. Weil so langsam war mir das auch egal. Sollten sie mich doch hassen.

Als ich ins Badezimmer ging, mich auszog und in die Dusche stieg, stöhnte ich erleichtert auf.
Das warme Wasser ließ mich wenigstens ein bisschen besser fühlen.

Gleich darauf schaltete ich die Wärme hoch. Und dann höher. Und noch höher. Meine Haut fing nach ein paar Minuten an zu schmerzen und verfärbte sich leicht rötlich, aber ich hörte nicht auf.
Es fühlte sich gut an.

Ich atmete den Dampf tief ein und spürte, wie er meine Lungen erfüllte. Es war schon so heiß, dass sich das Wasser ein wenig kalt anfühlte. Aber obwohl es weh tat, war es nicht dasselbe. Dieses Gefühl...
Es war nicht genug.

Ich wollte unbedingt mehr, aber auch nicht. Ich wollte ein Messer aus der Küche holen, aber auch nicht.
Auf der einen Seite wollte ich etwas fühlen, irgendwie innerlich am Leben bleiben, aber auf der anderen Seite schämte ich mich.

Das ist alles wegen meiner Mutter.
Wenn Sie nicht wäre, dann wäre all das nicht passiert. Ich hasse sie. Ich hasse sie so sehr, dass man es nicht beschreiben kann.

Meine Tränen vermischten sich mit dem Wasser und mein Brustkorb verschloss sich regelrecht.
Ich war wütend, so voller Hass, dass ich schreien könnte. Aber es würde sowieso nichts bringen.

Egal wie sehr ich kämpfte, es brachte nie was. Niemand hörte meine Rufe, wo ich um Hilfe schrie.
Meine Freunde nicht, meine Familie nicht und nicht einmal ich selber konnte meine eigene Stimme hören.
Bitte. Hilft mir. Drei Wörter, die so schwer auszusprechen waren.

Ich schaltete das Wasser ab, weil ich wusste, dass nicht einmal 100 Grad mich atmen lassen könnten.
Während ich aus der Dusche stieg, mich abtrocknete und mich fertig machte, blickte ich kein einziges mal in den Spiegel. Die Angst wieder meine Mutter zu sehen war zu groß.

Nachdem ich mich umgezogen habe und mich erschöpft ins Bett fallen ließ, schaltete ich mein Handy ein.
Als ich WhatsApp öffnete, strömten einige Nachrichten auf mich ein und die meisten waren von Shoto.

Shoto<33:

Shoto<33: - Heyy Y/n. Wie geht's?? :)
- Wollen wir uns vielleicht heute sehen?
- Ist das Training noch nicht vorbei?
- Hallo?
- Ruf bitte zurück.
Drei verpasste Anrufe.

Ich schnaubte und schaltete mein Telefon aus. In diesem Zustand würde ich ihn sicherlich nicht anrufen.
Doch aufeinmal vibrierte mein Handy und als ich einen Blick darauf warf, sah ich Shoto's Namen auf dem Display aufleuchten.

Scheiße, er hat gesehen, dass ich seine Nachrichten gelesen habe.
Ich wollte den Anruf ablehnen, aber in dem Moment kam mir ein Gedanke in den Kopf. Er hatte mich angelogen.
Eigendlich hätte ich mit Izuku trainieren sollen. Was sollte das??

Mein Adrenalin stieg in die Höhe und ohne darüber nachzudenken nahm ich den Anruf an.
"Y/n!" Shoto klang aufgebracht, aber ich antwortete nicht.

"Hallo? Alles gut bei dir?? Du hast nicht auf meine Nachrichten geantwortet und ich habe mir Sorgen gemacht."

Nach ein paar Sekunden der Stille, fragte er wieder: "Hallo???? Y/n?"

Meine Lippen zitterten, als ich mich dazu überwand, etwas zu sagen.
"Du hast mich angelogen."

"Was meinst du?" Shoto klang verwirrt, bis er aufeinmal hörbar ausatmete. "Oh, scheiße."

"Mhm.", stieß ich nur aus und versuchte nicht zu schniefen, obwohl meine Nase volkommen verstopft war.

"Y/n ich hab's wirklich vergessen dir zu sagen. Izuku hat mir kurzfristig bescheid gesagt, dass er dich nicht trainieren kann und dann habe ich dir vergessen zu schreiben.", erklärte er glaubwürdig, doch es war mir egal.
Ich war immernoch wütend.

"Aha." Meine Stimme klang heiser und Shoto schien anscheinend zu realisieren, dass da mehr dahintersteckte.

"Y/n? Ist alles gut?? Was ist passiert?"

Ich schüttelte meinen Kopf, obwohl ich wusste, dass er es nicht sehen konnte. "Nichts. Nur lass mich nie wieder mit Katsuki trainieren."

"Was ist passiert?", wiederholte er eindringlicher und ich schluckte.
"Nichts, ich mag ihn nur nicht!", erwiderte ich grob und bereute es gleich wieder ihn so angefahren zu haben.

"Sorry.", fügte ich noch hinzu, aber er antwortete nicht.
Das einzige was ich hörte, war sein abgehackter Atem und die plötzliche Stille beunruhigte mich.

"Ich mache mir gerade wirklich Sorgen um dich. Soll ich zu dir kommen?"

"Nein.", presste ich schnell heraus und hoffte, dass er es sein lassen würde.

"Wirklich? Ich.." Aufeinmal hörte ich einen unverständlichen Laut am anderen Ende der Leitung nachhallen und gleich darauf irgendetwas zerbrechen. "Fuck.", murmelte Shoto leise, ehe er nach Luft schnappte und hektisch durch irgendein Zimmer ging.

"Shoto?", fragte ich zögerlich, doch statt seiner Stimme nahm ich nur unbekannte Schreie wahr und im selben Moment etwas poltern.
Ach du scheiße, was passiert da?

Shoto nahm einen tiefen Atemzug, bevor er hastig sagte: "Y/n, es tut mir voll leid, aber ich muss los. Lass das alles morgen klären."

Als ich darauf etwas antworten wollte, hatte er aber schon aufgelegt.
Und dann war ich wieder alleine, gefangen in meinem eigenem Käfig.

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