Kapitel 67


Y/n:

"HILFE! IST HIER JEMAND?? BITTE, WIR BRAUCHEN UNBEDINGT HILFE!"

Ich schrie so laut, bis meine Stimmbänder förmlich rissen und presste den Stoff meiner Jacke auf die Fleischwunde.

Gleich danach beugte ich mich über Katsuki, öffnete seinen Mund und fing an ihn zu beatmen. Atme. Bitte atme wieder!

Salzige Tränen rollten mir über meine Wange und meine Gedanken rasten.
Er wird sterben. Das ist alles wegen mir, das ist..

Ich schluckte mein hochgekommenes Mittagessen wieder runter und versuchte die Szenarien aus meinem Kopf zu verbannen. Konzentriere dich, verdammt nochmal!

Sein Herz klopfte jetzt nur noch zehn Mal pro Minute und die Angst, dass es komplett aufhörte zu schlagen überollte mich. Egal wie lange ich ihn beatmete, es geschah nichts.

Plötzlich wurde mir so schwindelig, dass ich kaum etwas sehen konnte.
Alles drehte sich und ich versuchte mich dem ermüdeten Drang zu widersetzen. Konzentrier dich, konzentrier dich, konzentrier dich!
Nur dieses eine mal, bitte!!

Doch es brachte nichts.
Ich sah nur noch Katsuki tot vor mir im Krankenhaus liegen.
Und dann verlor ich komplett die Kontrolle.

Mir war so schlecht, dass ich mich gegen einen Baum lehnen musste und meine Augen schloss. Ich packte meinen Kopf mit meinen Händen, schlug darauf, zog an meinen Haaren und versuchte einfach nur klar zu denken. Aber innerlich hoffte ich einfach nur, dass ich träumte.

Dass das alles hier nicht echt war.
Dass Katsuki nicht am sterben war, dass ich nicht nach Japan gezogen war und dass alles einfach wieder in Ordnung war. Denn ich konnte das alles nicht mehr. Es war zu spät.
Katsuki war tot und das nur wegen mir. Das war die Realität.

"Du bist genauso wie ich, Y/n.", hörte ich die Stimme meiner Mutter nachhallen und ich atmete hörbar aus. "Aber da gibt es einen Unterschied zwischen uns.", setzte sie aufeinmal wieder an und ich zuckte zusammen.

Ich ballte meine Hände zur Faust und war kurz davor mir selber diese Stimme aus dem Kopf zu schlagen.
Doch als sie ihren Satz beende, zerbrach alles in mir.

"Im Gegensatz zu dir, bin ich nicht nutzlos und lasse einen Freund sterben. Schäm dich. Du nutzlose Mistgeburt."

Sofort hob ich meinen Blick.
Neben Katsuki, war immernoch mein Quirk, geformt in einem kleinen Ball.
Es sah so aus, als würde er mich wütend, zugleich aber auch schmerzerfüllt anstarren.
Und dann verstand ich es erst.

Das war nicht meine Mutter.
Es war auch nicht ihre Stimme.
Die ganze Zeit war wirklich ich das, mein Quirk war ein Teil von mir.
Und er wusste genau, was ich brauchte, um mich so hart zu treffen, dass ich endlich aufstand.

Abrupt schleifte ich mich hoch und rannte direkt auf ihn zu.
Der Ball bewegte sich nicht vom Fleck und schwebte direkt vor mir.
Aus irgendeinem Grund, war ich mir genau sicher, was ich tat, während ich eine Hand auf meinen Quirk legte.

Er fühlte sich kalt und heiß zugleich an und ich schauderte. Doch ich zuckte nicht zurück, sondern festigte meinen Griff um den kleinen Ball und schaute ihn genau an.
"Bitte." War das einzige, was ich mit rauer Stimme rauspressen konnte.

Und dann geschah etwas, was ich nie im Leben erwartet hätte.
Der Rauch verfärbte sich schneeweiß und roch plötzlich nach frischen Blumen. Im nächsten Moment verlor er seine Härte und wurde flüssig, ehe er sich um mich herum aufteilte.

Bevor ich überhaupt realisierte, was gerade passierte, setzte er sich auf all meine Wunden. Es fühlte sich angenehm kühl an, doch aufeinmal spührte ich, wie sich meine aufgerissene Haut wieder zusammenflickte.

Es tat nicht weh, doch ich schnappte erschrocken nach Luft, als nach wenigen Sekunden meine ganzen Schmerzen verschwanden und nur noch Dreck an mir klebte.
"Ach du scheiße, was bist du?", fragte ich nun laut. Das war nicht mein Quirk. Das hier war praktisch das komplette Gegenteil von meiner Kraft.

Das weiße Etwas, formte sich darauf wieder zu einem Spiegel und mein Magen zog sich zusammen.
Wenn ich jetzt schon wieder..

Doch als ich hieneinblickte, war dort plötzlich ich zu sehen.
Aber nicht das Ich, welches im Hier und Jetzt war, sondern ich war in meinem Zimmer. Mein Herz machte einen Satz, als ich mich an den Tag zurückerinnerte.

Der Spiegel zeigte mein Vergangenheits-Ich, wo ich mit Katsuki an jenem Abend auf meinen Bett saß und wir redeten. Obwohl ich ein paar Stunden zuvor innerlich am sterben war, lachte ich in dem Moment und in meinen Augen spiegelte sich Licht. Hoffnung.

Meine Lippen bebten, als ich endlich alles verstand. Doch ich hatte keine Zeit mehr zum Denken.
Ich konnte Katsuki noch heilen und das war gerade am wichtigsten.

Gleich darauf lief ich auf ihn zu und kniete mich hin. Ich hatte keine Ahnung ob er schon Tod war, doch es war mir egal. Ich würde ich verdammt nochmal heilen, egal ob tot oder lebend.

Vorsichtig ließ ich meinen neuen Quirk auf mich zuschweben.
Ich wusste nicht, wie man eine Person heilte, weswegen ich flehte: "Bitte hilf ihm."

Wie von selbst widmete er sich Katsuki, aber anstatt die Wunde an seiner Seite zu heilen, verschwand ein Stück von dem weißen Etwas in seinem Mund. Irritiert ließ ich meinen Blick auf Katsukis Lippen heften, erwiederte aber nichts darauf.

Für die nächsten Sekunden war es still, was mich nur noch nervöser machte. Mein neuer Quirk, ist gerade im Körper von Katsuki verschwunden.
Ja, ich träumte definitiv.

Aufeinmal hörte ich, wie sich die Haut von Katsukis Seite zusammensetzte.
Als ich kurz darauf einen Blick warf, musste ich sofort wieder wegschauen.
So etwas furchtbares konnte man nicht in Worten beschreiben.

Ich hielt meinen Blick starr auf Katsukis Gesicht, wartete auf irgendeine Regung, doch es passierte nichts. In der ganzen Zeit, wo sich die Wunde von selbst heilte und das Gift aus ihm rausgezogen wurde, hörte ich immernoch keine Atmung.
Sein Herz schlug, aber wie lange noch?

Ich zupfte nervös an meinen Nägeln, während ich auf meinen Quirk wartete, aber er tauchte nicht mehr auf. Fuck. Was ist mit meiner Kraft passiert?! Er ist immernoch am sterben!

Ich hatte keine Zeit mehr, um zu warten. Hastig beugte ich mich erneut über ihm und fing an ihn wieder zu beatmen.
Mit regelmäßigen Abständen atmete ich Luft ein und blies sie wieder in seinem Mund aus.

Seine Haut fühlte sich wärmer als zuvor an, trotzdem hatte ich noch große Angst.
Katsukis Herz könnte in jeder Sekunde aufhören zu schlagen..
Nein, du schaffst das.

Ich machte weiter und jede Sekunde fühlte sich wie ein Jahr an.
Aber es war mir egal. Auch wenn es tausend Jahre dauern würde, ich würde Katsuki nicht aufgeben.

-----------------------------------

Aufeinmal hörte ich ein schmerzerfülltes stöhnen unter mir.
Sofort ließ ich von ihm ab und blickte in seine erschöpften Augen.
"Ah verdammt.", presste er heraus, während mein Herz für einen kurzen Moment stehen blieb.
Katsuki hustete stark, bevor er versuchte sich gegen den Boden zu stemmen.

Er lebt. Er lebt. ER LEBT!
"Scheiße, hast du mich gerade g-..".
Er konnte seinen Satz nicht beenden, da ich ihn so heftig umarmte, dass er stark aufkeuchte.

"Du lebst!", schrie ich und heulte dabei sein ganzes Tank Top voll.
Ich spührte, wie er seine Arme auf meinen Rücken legte und meine Umarmung erwiederte.
"Und du stinkst.", erwiederte er und musste sich dabei ein leichtes Lachen unterdrücken.

Ich hatte es geschafft.
Ich hatte es wirklich geschafft.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top