Kapitel 47


Katsuki:

Obwohl es für Oktober sonderlich warm war, lief mir ein kalter Schauer über dem Rücken.

Wir waren beim Strand, die Sonne ging gerade unter und auf dem Meer spiegelten sich die bunten Farben ab.

Wenige Leute waren da und eigendlich hätte ich den Moment genossen, wenn ich mir nicht den Kopf über Y/n zerbrechen würde.
Ich hatte verdammte Angst um sie.
Natürlich war ihr nicht Übel oder so, aber ich habe die Leere in ihren Augen gesehen.

Sie wollte es nicht zugeben, aber ich wusste ganz genau, dass ich ihr die Augen geöffnet habe.
Doch zur falschen Zeit am falschen Ort.

Nachdem sie den Laden verließ, verspührte ich den Drang ihr unbedingt zu folgen, aber das hätte für zu viel Fragen gesorgt und ich hatte wirklich keine Lust auf weitere Gerüchte.
Ein paar Meter weit weg hörte ich Gelächter und ich wandte meinen Blick für einen kurzen Moment zu den anderen Klassenkameraden.

Sie spielten gerade Volleyball und ich war der einzige der nicht mitmachen wollte. Ich war nie für so einen Spaß zu haben, denn ich wusste ganz genau, dass niemand mich dabeihaben wollte.

Das sollte nicht so klingen, als wäre ich das Opfer, ganz und garnicht.
Ich hatte mir die Scheiße selber eingebrockt und um ehrlich zu sein,  war mir das auch Recht.
Wenn man nicht viele Freunde besaß gab es auch kein Drama, keine Streitigkeiten und solch unnützes Zeug. Doch..

Ich mustertete die anderen, wie sie Lachten und es schien so, als würden sie alle perfekt zueinander passen.
Sie sahen alle aus wie Eins.
Sogar Denki passte zu ihnen.
Alle waren glücklich.

Und erst jetzt erkannte ich, was für eine Scheiße ich mit Y/n abgezogen hatte. Mein Magen zog sich abrupt zusammen und sofort fühlte ich mich wie das größte Miststück, welches es geben konnte.

Vielleicht war sie jetzt gerade nicht glücklich, aber sie war auf einem guten Weg dahin. Momo, Kyoka, Mina und alle anderen waren voll okay.
Sie hat Freunde gefunden und vielleicht jemanden zum Reden.
Fuck.

Ich fühlte mich so mies, weil ich ihr den ganzen Tag verdorben hatte.
Was ist auch los mit mir? Wieso kann ich nicht weg von ihr?? Ist das nur die Angst um sie?
Meine Gefühle waren kurz davor überzulaufen und ohne darüber nachzudenken, holte ich mein Handy aus der Hosentasche raus.

Ich ging auf WhatsApp, öffnete ihren Chat und starrte für ein paar Sekunden nur auf das Display.
Ich war mir sicher, dass es ihr nicht gut ging. Und das wegen mir.
Nachdem ich eine Nachricht geschrieben habe, sendete ich sie ab.

~Y/n:

Du: - tut mir echt leid dass ich dir den tag mit deinen freunden verdorben habe

Ich schaltete mein Handy wieder aus, weil ich wusste, dass sie mir nicht so schnell antworten würde.

Das Geräusch des Meeres beruhigte mich auf irgendeine Weise, doch im Gegensatz zu dem Sturm in mir drinnen brachte es nichts.

Alles war durcheinander und ich wusste nicht einmal mehr, wo ich mich gerade im Leben befand.
Alle Ziele von früher waren verwischt, oder haben sich verändert und ich war mir nicht mehr sicher, was ich wollte. Doch, sie.

Aufeinmal hörte ich Schritte hinter mir und drehte mich schnell um.
Kiri kam gerade auf mich zu und setzte sich verschwitzt neben mich.

Reflexartig rutschte ich etwas zur Seite, weil ich seinen Schweiß nicht auf meiner Haut haben wollte.
Er ließ sich nichts anmerken und wandte seinen Blick, wie ich auf das Meer.

Ich war mir sicher, dass er mich über Y/n ausfragen wollen würde, weswegen ich den kurzen Moment der Stille genoss. Obwohl Kiri ein angenehmer Mensch war, war er immer verdammt neugierig.

"Du musst mir nichts sagen, wenn du nicht willst.", sagte er aufeinmal gelassen und legte sich jetzt ganz in den Sand hin.

"Okay. Danke, schätze ich?" Es klang eher nach einer Frage, statt einer Antwort.

"Aber..-", wandte er ein und ich stöhnte genervt auf.

"Katsuki, ich bin Yoda. Also sag mir dein Problem mit ihr und ich gebe dir meine Weisheiten."

Ich war kurz davor laut loszulachen, ließ mir aber nichts anmerken.
"Ich habe kein Problem mit ihr.", erwiderte ich und unterdrückte den Drang aufzustehen und abzuhauen.

"Okay, soll ich dir jetzt wirklich alle Male aufzählen, wo ihr kurz davor wart, euch an die Gurgel zu gehen?
Wieso eigendlich? Wieso mögt ihr euch nicht, ausgeschlossen diese eine Umarmung, bei der ich auch schon genug Fragen habe."

Jetzt schaute er mir erwartungsvoll in die Augen, doch ich würdigte ihn keines Blickes. Ich wollte nicht darüber reden, aber dieses Gefühl in mir ließ nicht locker.

"Es ist kompliziert.", entgegnete ich knapp.

"Man sagt nur "es ist kompliziert" wenn man Beziehungsprobleme hat, Katsuki."

Ich antwortete nicht.

"Also seid ihr in einer Beziehung?", hackte er stur nach und ich schüttelte hastig meinen Kopf.

"Nein! Und hör jetzt auf damit, verdammt!", knurrte ich und war kurz davor ihm eine zu klatschen.

"Du hast mir doch erzählt, dass du einmal in ihr Zimmer geklettert bist, um ihr den Kuchen zu geben, erinnerst du dich?", erkundigte er sich und ich schnaubte.

Ich hatte gehofft, dass er es vergessen hatte. Anscheinend konnte er meinen Gedanken lesen, weil er aufeinmal anfing zu grinsen.

"Ja, hab ich. Na und?", murmelte ich genervt und grub meine Finger in den Sand.

"Du hast sie umarmt."

Als ich ihm das erzählt habe, war es Juli gewesen. Wie konnte er sich so viel merken?? Ich meine, ich hätte diesen Scheiß schon längst vergessen.

Er starrte mich mit hochgezogenen Brauen an und auf seiner Stirn bildeten sich leichte Falten.

"Was?", fuhr ich ihn an und war kurz davor ihm den Sand in die Augen zu werfen.

"Sie hat die Umarmung anscheinend erwidert. Wie ist es dann dazu gekommen, dass sie dich nicht leiden kann?"

Ich schluckte schwer.
Durch so vieles, dass ich es nicht mindestens innerhalb von einer Stunde erzählen kann.

Nach ein paar Sekunden wandte Kiri seinen Blick wieder von mir ab, weil er wusste, dass ich auf diese Frage nicht eingehen würde.

Ich atmete kurz tief ein und aus, bevor ich ihn aufforderte: "Schau mich an."

Mein Innerstes zog sich zusammen als er es auch wirklich tat, aber ich starrte ihm ernst an.

"Was siehst du?", fragte ich und er sah für einen kurzen Moment verwirrt aus, antwortete aber dann: "Dich."

Ich kniff meine Augenlider zusammen. "Ja, mich. Und das ist das Problem. Ich bin das Problem."

Ich wollte nicht reden, wirklich.
Doch ich wusste, dass alles irgendwann raus musste und langsam kam ich an meine Grenzen.

"Wie meinst du das?"

War er wirklich so dumm?
Sieht er nicht, was hier passiert, was schon seit über einem Jahr passiert?

"Ich bin das Problem. Schon immer.
Schau dir die Klasse an. Niemand fühlt sich bei mir Wohl oder will mit mir abhängen, oder so. Und genauso ist es mit Y/n. Ich bin das beschissene Problem.", sagte ich, blieb aber ruhig und versuchte ihm nicht meinen psychischen Schmerz zu zeigen. 

Seine Pupillen weiteten sich für einen kurzen Moment.
"Nein, bist du nicht.", erwiderte er mit fester Stimme und ich schüttelte meinen Kopf.

"Kiri manchmal muss man auch der Warheit ins Auge blicken. Nicht alles ist so perfekt, wie du denkst."

Ich bin das Problem.
Und das weiß ich schon seit langem.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top