Kapitel 137
Katsuki:
Der Brief in meiner Hosentasche brannte sich bis in meine Haut.
Zumindest fühlte es sich so an.
Mein Herz raste wild gegen meine Brust und jeder Schritt fühlte sich immer schwerer an. Alles in mir sehnte sich danach sofort wieder den Rückweg anzutreten und ihn zu verbrennen.
Verdammt, wieso tue ich das nur?
Ich atmete tief ein und aus, als ich den Ort betrat, den ich schon seit langem aus meinem Kopf verbannt habe. Den größten Ostpark Tokio's, bekannt für deren Kirschblüten und schönen Bäche.
Doch ich konnte ihn nicht mehr als so einen faszinierenden Ort betrachten, weil meine ganzen Erinnerungen voll mit Alora waren.
"Okay, ich bin beeindruckt. Du hast gewonnen, dieser Park ist viel schöner, als jeder in Paris.", gab Alora zu und ich schmunzelte. "Trotzdem werde ich nie aufhören damit anzugeben, dass ich in fast jedem Land in Europa gewesen war."
Ich bemerkte ihr nur allzu bekanntes schelmisches Grinsen im Gesicht, während wir uns auf einer der Bänke saßen und unsere Blicke über den Ostpark schweifen ließen. Viele Kinder tolten herum und die Sonne verschwand gerade hinter den Hochhäusern.
Die Atmosphäre war sehr friedlich und es fühlte sich gar nicht mehr an, als würden wir uns in einer Großstadt befinden.
"Wenn du in Europa so viel zu sehen hast, wieso bist du dann für ein Auslandsjahr nach Tokio gekommen?", wollte ich wissen.
Sie zuckte mit ihren Achseln, während sie sich gelassen gegen die Bank lehnte.
"Hm, ich weiß nicht so recht. Die meisten Schüler bei uns machen ein Auslandsjahr in Amerika, aber ich hatte keine Lust darauf. Ich wollte mal was neues, etwas nicht jeder tut, verstehst du?"
"Natürlich. Wundert mich nicht, wenn alle nach rechts gehen, gehst du nach links. Typisch Alora."
"Hey!", sie stieß mir spielerisch mit ihrem Ellenbogen gegen meine Seite und lachte.
"Wenigstens musste ich nicht mein ganzes Leben dafür opfern zu trainieren und habe noch nie kein anderes Land außer Japan bereist.", erwiderte sie und grinste triumphierend.
Mein Grinsen verschwand für eine Sekunde. Ich konnte mich gerade so noch wieder in Fassung bringen und es aufrechterhalten, damit sie es nicht bemerkte. Mein Innerstes zog sich zusammen, doch ich versuchte es so gut es ging zu ignorieren.
Alora bemerkte meine plötzliche Stimmungsschwankung wie erwartet nicht. Ich liebte sie, aber es gab manche Dinge, die ich einfach nicht leiden konnte.
Dinge, die mich verletzten, aber nie ansprechen würde.
Zum Glück war sie nicht empathisch genug, um zu verstehen, was sie gerade in mir ausgelöst hatte. Sie hatte immer nur sich im Kopf, die ganze Welt drehte sich um sie. Wenn wir über etwas sprachen, dann ging es hauptsächlich um ihre Angelegenheiten. Ein einziges Mal habe ich mich bei ihr geöffnet, ihr von meiner Vergangenheit erzählt und jetzt musste sie das ausnutzen und so einen beschissenen Kommentar herauslassen.
Ich drückte meine Wut unter die sichtbare Oberfläche und für einige Sekunden holte uns die Stille ein.
Mein Herz schlug etwas schneller gegen meine Brust, bevor ich leise fragte: "Und was passiert, wenn du wieder zurückgehst?"
"Was meinst du?" Alora schaute mich verwirrt an und sie verengte etwas ihre jadefarbenen Augen.
"Ich meine, was wird mit uns passieren? Wir leben tausende Kilometer voneinander entfernt. Würdest du eine Fernbeziehung halten wollen?", wollte ich wissen.
"Würdest du es wollen?", stellte sie mir als Gegenfrage und sah mich provokativ an.
"Ja." Ich weiß es nicht.
"Dann ist doch gut.", antwortete sie und schaute den kleinen Kindern vor uns beim Spielen zu.
Was heißt das?
Ich hackte nicht weiter nach.
Ich wusste ja selber nicht, ob ich bereit für eine Fernbeziehung war.
Wir hatten noch drei Monate, bis sie gehen würde. Vier waren wir bereits zusammen. Natürlich liebte ich sie, aber war ich wirklich bereit eine Fernbeziehung mit jemandem zu halten, der ausschließlich nur auf sich achtete?
Natürlich ist Alora lustig, man kann mit ihr viel lachen und sie ist mehr als attrakriv, aber sie besitzt einige narzisstische Eigenschaften, dir mir Sorgen machen. Egal, ich liebe sie.
Ich werde damit klar kommen.
Ich schob meine Gedanken beiseite und bereute es hierhergekommen zu sein.
Seitdem hatte sich vieles geändert und mir wurde gerade erst jetzt durch diese einzige Erinnerung bewusst, wie lange ich ihr eigentlich nachgelaufen bin.
Ich war so dumm.
"Bist du das jetzt nicht?"
Der Gedanke schnellte mir innerhalb von Milisekunden in meinen Kopf.
"Denkst du nicht, dass du nicht auch jetzt von Liebe geblendet worden bist?
Du würdest doch für Y/n alles tun."
Das war nicht meine Stimme.
Mein Herz schlug lauter gegen meine Brust, als der Brief in meiner Hosentasche deutlich wärmer wurde.
Das bilde ich mir nur ein. Alora ist tot, sie redet nicht mit mir.
Und doch hörte ich immer wieder ihre Stimme, obwohl ich komplett nüchtern war. Ich war kurz vorm Durchdrehen. Vielleicht hätte ich doch mit Y/n hierherkommen sollen.
"Was ein Angsthase, du schaffst es nicht mal alleine einen Brief durchzulesen. Spiel nicht den Halbstarken, du bist immer noch die gleiche Person wie vor über einem Jahr. Eingeschüchtert und naiv. Du hast auf mich gehört wie ein kleines Hündchen und hast alles für mich getan. Genauso tust du es auch bei Y/n und genauso wie bei mir wird es mit ihr enden. Sie wird dich hassen. Sie.."
Ich riss den Brief aus meiner Hosentasche und öffnete ihn, bevor meine Gedanken den Satz beenden konnten. Nachdem ich mich auf eine Bank setzte und ihn auffaltete, blieb mir die Luft weg, als ich einige wellige Stellen am Papier bemerkte. Tränen.
Ich nahm einen letzten tiefen Atemzug, bevor ich anfing ihn zu lesen.
Es tut mir so leid, Alora.
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An Katsuki
Wenn du diesen Brief ließt, dann bin ich höchstwahrscheinlich schon tot.
Du wirst ihn bestimmt von einer Mitarbeiterin oder so erhalten haben, denn ich werde nicht mehr in der Lage dazu sein ihn dir zu überreichen.
Ich hätte ihn dir gerne persönlich übergeben, aber mir wurde nicht gestattet, dass Personen mich besuchen. Es tut mir leid, ich hätte mich richtig verabschieden sollen.
Jedoch gibt es noch einige Dinge, die ich dir sagen möchte. Bitte setz dich hin.
Wahrscheinlich wirst du von vielen grausamen Gedanken geplagt. So wie ich dich kenne, wirst du die Schuld auf dich schieben. Ich möchte, dass du weißt, dass du nicht an meinem Suizid die Mitschuld trägst. Es ist meine eigene Entscheidung.
Nachdem ich erfahren habe, dass meine Eltern durch einen Autounfall ums Leben gekommen sind, ist meine Welt in tausend Teile zerbrochen. Ich habe dir bereits viel von meiner Vergangenheit erzählt, aber es gibt einige Dinge, die ich dir noch erklären muss. Ich wurde mit einer narzisstischen Persöhnlichkeitsstörung im Alter von neun Jahren diagnostiziert. Sicherlich sind die bereits einige meiner Verhaltensmuster aufgefallen, doch du hast sie nie angesprochen. Mir ist das aufgefallen und dafür bin ich dir sehr dankbar. Im Gegensatz zu vielen anderen Menschen in meinem Umfeld konnte ich mich in deiner näher "normal" fühlen. Ich habe nicht viele bis gar keine Freunde zuhause. Das Einzige, was ich dort habe ist meine Familie, die ich nun auch verloren habe. Ich hoffe du kannst diese Panik, die ich hatte gut nachvollziehen. Aus Furcht wollte ich nur noch alles vergessen, meine Gefühle irgendwie ausgleichen und habe deswegen, wie du leider schon weißt, angefangen Rauschmittel zu nehmen. Ich möchte mich für mein Verhalten in dieser Zeit besonders entschuldigen. Du hast es nicht verdient, alles miterleben zu müssen. Im Gegensatz zu mir bist du bestimmt für dieses Leben. Du hast eine Zukunft vor dir, weil Gott dir eine gegeben hat. Ich war nie für diese Welt geschaffen. Ich bin geboren worden, um zu sterben. Nicht mehr und nicht weniger. Doch ich bin nicht wütend oder traurig darüber. Es ist der Lauf des Lebens und ich habe es akzeptiert.
Jedoch will ich dir noch letzte Worte mit auf den Weg geben.
Ich bin weder wütend noch enttäuscht von dir. Auch wenn ich es dir nicht zeigen konnte, habe ich dich geliebt. Mehr als jede andere Person in meinem Leben.
Du warst meine erste große Liebe und bist sie immer noch. Die Worte und Beleidigungen waren nur aus reinen Emotionen ausgeschrien worden. Alles davon war eine Lüge. Ich habe jeden Tag an dich gedacht und alles bereut. Bitte lasse dich nicht von diesen Worten prägen, deine Seele soll nicht wegen mir zu Brüche gehen, denn du bist der beste Mensch, den ich kenne. Deine Liebe zu mir hat dafür gesorgt, dass ich mich für eine lange Zeit selbst lieben konnte und dafür danke ich dir von Herzen.
Ich hoffe, dass du diesen Brief rechtzeitig lesen wirst und es schaffst, alle Hindernisse im Leben zu überwinden.
Ich weiß, ich habe dir gerade viel gesagt und du wirst bestimmt auch nicht alles im Kopf behalten können, aber bitte merke dir genau den nächsten Satz.
Lasse dein eigenes Glück nicht von anderen abhängig machen und wenn du es gefunden hast, lasse es nie wieder los.
Ich hoffe du verstehst ihn, ich habe ihn von meinem Vater, jedoch konnte ich ihn mir nie einprägen.
Katsuki, ich liebe dich und ich werde dich bis zu meinem letzten Atemzug leben.
Es tut mir leid.
In Liebe, Alora.
Die Welt blieb stehen.
Das Einzige, was ich wahrnahm, war, wie meine Augen feucht wurden und die Wellen auf den Papieren wieder befeuchtet wurden.
Meine Brust schnürrte sich so sehr zu, dass ich das Gefühl hatte zu ersticken.
Y/n hatte Recht. Sie hatte einfach Recht.
"Katsuki."
Ich blickte sofort hoch und sah sie plötzlich vor mir stehen.
Y/n lächelte mich sanft an, bevor sie sagte: "Du hast ihn gelesen."
"Woher wusstest du, dass ich hier bin?", wollte ich wissen, als sie sich zu mir setzte. Ich drehte meinen Kopf von ihr weg, weil ich nicht wollte, dass sie mich so sah.
Im selben Moment, griff sie nach meiner Hand. "Schau mich an, ich weiß an was du denkst, aber es stimmt nicht. Ganz und gar nicht."
"Du sollst nicht weinen. Und das bestimmt nicht vor anderen." Sätze, die ich mir nach ihrem tot immer wieder in mein Hirn eingebrannt habe, um sicher zu gehen, nie wieder verletzt zu werden.
"Katsuki, ich liebe dich und ich bin so unendlich stolz auf dich, dass du es bis zu diesem Punkt hier geschafft hast. Das hätte nicht jeder geschafft.", fuhr sie fort und ich konnte ihren Blick förmlich spüren.
"Woher wusstest du, dass ich hier bin?", wiederholte ich meine vorherige Frage und sie zögerte einen Moment.
"Ich wollte zu dir gehen, doch als deine Mutter mich reingelassen hatte warst du bereits weg. Als ich in deinem Zimmer nachgeschaut habe, habe ich bemerkt, dass der Brief, der immer in deiner Schublade gelegen hatte, nicht da war. Danach habe ich Kiri angerufen und gefragt, wo du dich befinden könntest, nachdem ich es ihm erzählt habe. Ich hoffe, dass das okay war."
Ich lachte ironisch auf, als ich antwortete: "Was ein Bastard."
Für einige Sekunden blieb es still, bis sie dann zögernd fragte: "Was stand denn drin?"
Ich gab ihr den Brief ohne ihr in die Augen zu schauen.
Sie brauchte zwei Minuten, um ihn durchzulesen und als sie den Kopf hob, um mich anzuschauen, sagte ich: "Du hattest Recht. Sie war nicht mehr wütend auf mich."
"Aber ist das nicht gut?"
"Doch, ich meine, ich weiß es nicht. Es fühlt sich nicht realistisch an. Ich brauche Zeit.", winkte ich ab und schüttelte leicht meinen Kopf.
Diese ganze Situation fühlte sich so an, als würde ich gerade träumen. Ich wartete nur auf den Moment, um aufzuwachen und einen Brief in der Hand zu halten, der so hasserfüllt geschrieben war, wie ich es erwartet habe
"Das ist vollkommen okay. Wenn du darüber reden willst, dann rede. Wenn nicht, dann lass uns einfach das schöne Wetter genießen und uns anschweigen. Ich bin mit beidem fein, wenn du dich dadurch besser fühlst. Aber falls du deine Tränen rauslassen willst, dann tue es. Es macht dich nicht weniger männlicher oder so ein scheiß, das ist nur toxisches maskulines unreifes Denken.", erklärte sie wie als hätte sie sich noch extra darüber informiert.
Ich musste grinsen, als ich sie anschaute. Es wirkte ansteckend.
"Danke."
Zur Antwort umarmte sie mich und für eine Sekunde realisierte ich nicht, was passierte. Erst jetzt verstand ich, was eine einzige Umarmung bewirken konnte. Was es für Y/n bedeutet hatte, als ich sie umarmt habe, wenn es ihr nicht gut ging.
Und dann spürte ich die ersten Tränen über meine Wange laufen. "Fuck.", stieß ich aus und keuchte.
Alles kam hoch, jeder verdammte scheiß, den ich bis jetzt unterdrückt habe. Doch ich schämte mich nicht mehr dafür. Nicht vor Y/n.
Lasse dein eigenes Glück nicht von anderen abhängig machen und wenn du es gefunden hast, lasse es nie wieder los.
Mit diesem Satz hatte Alora recht. Doch mein Glück war nichts anderes, als Y/n.
(Heyy meine Lieben, ich wünsche euch frohe Weihnachten!! Erholt euch gut und genießt die Ferien. Das Leben kann manchmal wirklich stressig sein und oft wird man von vielen Hindernissen überrollt, aber bitte prägt auch ihr euch den Satz mit dem Glück gut ein, denn unsere Gesundheit und Selbstliebe ist am wichtigsten! Tut nur das, was euch glücklich macht und passt auf euch auf :). Möge Gott auf jeden von euch ein Auge werfen und über euch wachen. <3 Btw. habe ich natürlich ein kleines Weihnachtsgeschenk für euch ;) Viele von euch lesen meine FF bereits seit einem sehr langen Zeitraum und ich habe mir gedacht, dass ihr vielleicht auf eine weitere Story mit ein bisschen Abwechslung Lust hättet. Natürlich werde ich diese hier weiterschreiben, da sie aber bald ein Ende finden wird, habe ich mir gedacht eine neue anzufangen und gleichzeitig zu schreiben. Diese wird eine Dabi×Reader FF sein und etwas düsterer sein, aber ihr kennt mich nach 137 Kapiteln sicher so gut, dass ich eine Person bin, die Happy Ends liebt ;)
Also schnuppert mal ruich rein wenn ihr Lust habt, ich werde die nächsten Kapitel in einigen Tagen veröffentlichen. (Und sie wird sicher nicht so lange dauern wie diese hier Pinky Promise xD) Bei Fragen könnt ihr mich gerne anschreiben.
Eure Zuki <3
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