Kapitel 125


Y/n:

Katsuki liebte mich.

Unsere Wege haben sich so oft vereint und wieder getrennt, dass das eigentlich unmöglich sein sollte.
Er hat jedes einzelne Ich von mir gesehen, das glückliche-Ich, das genervte-Ich, das betrunkene-Ich und sogar das hoffnungnslose-Ich.

Er hat jede einzelne Persönlichkeit von mir erlebt und liebte mich am Ende trotzdem. Es konnte einfach nicht sein. Und trotzdem haben seine Worte noch nie so ehrlich geklungen.

Vor Shoto und den anderen hatte ich Angst so zu sein wie ich war.
Doch bei ihm hatte ich diese Furcht nicht. Wir waren beide auf eine Weise kaputt, was irgendwie alles erleichterte. Ich starrte ihn nach unserem Kuss mit weit aufgerissenen Augen an und schluckte schwer.

Er liebt mich. Nach allem, was passiert ist liebt er mich.
Mein ganzer Körper wurde von einer Gänsehaut überzogen. Katsuki's blutrote Augen starrten mich ernst, aber auch tiefgründig an und ich hatte das Gefühl entblößt vor ihm zu stehen. Niemals hat eine Person so etwas bei mir ausgelöst.
Dieses Gewitter in meinem Kopf, dass ich so dermaßen liebte, weil es mich mein Leben wirklich leben ließ.

Mein Herz schlug wie wild gegen meine Brust und ich konnte nicht aufhören ihn anzustarren.
Er war so verdammt schön.

Als ich gerade die Stille zwischen uns brechen wollte, sagte er aufeinmal: "Erzähl mir alles, was ich noch nicht weiß."

Es war wie, als würde sich ein Riss in der Blase bilden, die wir uns zuvor gebaut haben. Die ganze Schwere kehrte wieder zurück und prallte auf mich wie schwere Steine ab.
Und doch schmerzte es nicht mehr so sehr.

Ich nickte und spürte wie meine Augen etwas feucht wurden.
"Ich.. ich dachte immer, dass sich meine Probleme wie von selbst beseitigen, wenn ich nicht weiter darüber nachdenke und einfach weitergehe. Es war eine Lüge."

Und dann erzählte ich ihm alles von mir und Ibara, wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass sie diese ganzen Beleidigungen auf die Wand geschrieben hatte und dass sie bei unseren Streitigkeiten fast immer high war.

Katsuki starrte mich ruhig an und nickte nur still, bis ich am Ende mit gebrochener Stimme sagte: "Und das war nicht mal das schlimmste."

"Du kannst mir vertrauen.", beteuerte Katsuki und drückte mich an ihm.
Wie kann ich dir all den Scheiß anvertrauen, den meine Mutter mir angetan hat?

"Du darfst das, was ich dir gleich sage niemandem verraten. Wirklich niemandem."

Katsuki's Augen wurden schmaler, als er fragte: "Y/n, was ist noch passiert?"

Meine Lippen zitterten, als ich anfing über meine Mutter zu sprechen.
"Du kennst meine Mutter sicherlich.
Und du weißt bereits, was sie meiner Familie angetan hat und dass mein Vater wegen ihr im Gefängnis ist."

Er nickte und mein Magen zog sich zusammen. "Das ist nicht das schlimmste, was sie mir angetan hat."

Als ich ihn von den Plan mit Logan an den Mordversuch von Mr. Shiozaki erzählte, verdünnte sich die Luft immer mehr und ich wusste nicht, ob ich es bereuen sollte oder nicht.
Jedes einzelne Wort wurde immer schwieriger auszusprechen, als ich ihm genau erläuterte, wie sie mich vor ein paar Stunden angegriffen hatte und ich ihr gedroht hatte sie an der Polizei zu verpfeifen. All das wurde immer absurder und so etwas erst einmal auszusprechen, war viel schwieriger als gedacht.

"Und das wars. Wilkommen in meinem angefuckten Leben.", sagte ich und versuchte zu lächeln. Es verschwand sofort, als ich Katsuki's schockierten Gesichtsausdruck bemerkte.

"Y/n..", fing Katsuki an, doch ich unterbrach ihn.

"Du musst wissen, dass ich es wirklich versucht habe. Aber das mit meiner Mutter.. Katsuki sie wollte jemanden umbringen. Und ich habe fast Ibara umgebracht. Ich.. ich bin wie sie, verstehst du? Und dieser Gedanke macht mich so krank, ich kann das.."

Plötzlich packte er mich an meinen Schultern und ich starrte ihn erschrocken an. "Du bist nicht wie deine Mutter, Y/n. Du hattest deine Gründe für deine Taten, sie nicht."

Tränen flossen über meine Wange und meine Stimme zitterte: "Das ist nicht das Einzige, was ich getan habe. Ich habe so oft Freunde oder Leute aus meiner Familie so dermaßen verletzt, manchmal habe ich das Gefühl, dass ich das alles hier verdient habe. Vielleicht hätte mich Ibara wirklich umbringen sollen oder meine Mutter hätte mich verstoßen sollen, weil ich so oft egoistisch und narzisstisch gehandelt habe. Ich.. ich bin ein schlechter Mensch."
"Du bist so wie ich."

Ich atmete schwer ein und blickte nach oben, damit nicht noch mehr Tränen über meine Wange rollten.
So viele Gedanken, die ich über Monate hinweg in meinem Kopf eingesperrt hatte, flossen hier einfach wie Wasser raus.

Katsuki's Griff wurde fester und seine Stimme drang nur hohl in mir ein.
"Y/n, du bist alles, aber kein schlechter Mensch. Du.."

"Wie kannst du mich lieben, nach allem was passiert? Ich habe dich so oft wie Scheiße behandelt und beleidigt und ich habe nichts, was sich zu lieben lohnt! Was ist es dann?", platzte es aus mir raus und er stockte.

Sein Blick wurde auf auf einmal so viel einfühlsamer, dass ich leicht zusammenzuckte. "Als ich dich in der letzten Schulwoche vor einem Jahr angerempelt hatte und ich dich gesehen habe, habe ich sofort erkannt, dass es dir nicht gut ging.
Du hast diese Trauer und Verzweiflung ausgestrahlt, die ich auch hatte. Du warst kaputt und das war ich auch."

"Wieso warst du so kaputt?", wollte ich wissen und spürte wie die Spannung zwischen uns stieg.

Katsuki's Lippen formten sich zu einer schmalen Linie. "Das alles ist vor einer sehr langen Zeit passiert."

"Ich habe dir so viel erzählt, jetzt bist du dran. Katsuki, du kannst mir vertrauen.", erwiderte ich und seine Augen weiteten sich.

Ich hörte wie er schwer ausatmete und sah wie seine Brust sich hob und senkte. "Ungefähr acht Monate, bevor du nach Tokio gekommen bist, ist ein neues Mädchen als Austauschschülerin in unsere Klasse gekommen.", fing er an und ein Stich fuhr durch meine Brust.

"Sie hieß Alora.", hallten Kyoka's Worte in meinem Kopf nach, doch ich sagte nichts.

"Sie kam aus Europa und als ich sie gesehen habe.. Ich war fasziniert von ihr. Sie war wunderschön, doch ihre Ausstrahlung habe ich am meisten bewundert. Sie hatte so ein Feuer in sich, was mich verrückt machte. Ich habe mich sofort in sie verliebt."

"Wie hieß sie?" Ich wollte den Namen noch einmal von ihm hören.

Katsuki zögerte, ehe er antwortete: "Alora. Ihr Name war Alora Achmiller."

Eine große Trauer spiegelte sich in seinen Augen, ehe er weitersprach.
"Irgendwie hat sie mich auch sofort bemerkt und wir haben angefangen in der Schule miteinander zu reden.
Sie brachte mich zum Lachen und wollte immer, dass ich neue Dinge machte und einfach mein Leben genoß. Alora war eine sehr offene und soziale Person und wollte immer etwas erleben. Dann fingen wir an täglich zu telefonieren und irgendwann ging es auch auf das Daten und dann kamen wir zusammen. Es war die schönste Zeit, die ich hatte. Bis ich anfing mich an ihrem wunderschönen Feuer zu verbrennen."

"Was ist passiert?", fragte ich vorsichtig und er seufzte.

"Alora war sehr temperamentvoll und sturköpfig. Sie wollte immer die Macht über alles haben, doch es war kein Problem für mich, bis es eskaliert ist. Als ihre Eltern in Europa durch einen Autounfall gestorben sind, ist alles den Bach runtergegangen. Sie war am Boden zerstört und aus irgendeinem Grund mit dem Visum konnte sie laut dem Staat für die nächsten zwei Monate nicht zurück nach Europa."

Ich zog scharf die Luft ein und konnte mir gar nicht ausmalen, wie es weiterging.

"Ich habe wirklich mein bestes gegeben, um ihr irgendwie zu helfen. Ich war tagelang bei ihr und der Gastfamilie zuhause, habe sie keine Sekunde alleine gelassen und die Schule für sie geschwänzt und habe ihr alles gegeben, was sie brauchte. Es hat nicht gereicht." Katsuki's Stimme zitterte leicht.

"Sie fing an Drogen zu nehmen.
Am Anfang war es nur Hasch aber kurz danach hat sie angefangen härtere Sachen zu nehmen und wurde gleich darauf von dem Zeug abhängig. Sie haute von zuhause ab und kam nächtelang nicht zurück, ich konnte sie nur selten erreichen und immer wenn ich sie fand war sie komplett zugedröhnt. Ich habe ihr immer gesagt, dass sie mit dem Komsumieren aufhören sollte, doch sie hat nicht auf mich gehört. Sie war jede Sekunde lang high und ich hatte keine Ahnung woher sie die harten Drogen hatte. Ihre Persönlichkeit geriet komplett aus dem Ruder und egal was ich tat, ich wurde ständig dafür fertig gemacht. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte, bis ich nach einem Monat das Einzige sinnvolle tat."

Auf einmal rollte eine Träne über seine Wange. "Ich habe die Polizei gerufen und ihnen gesagt, dass Alora Rauschmittel konsumiert, damit sie in eine Einzugsklinik kommt. Sie hatte in dem Moment bereits starkes Untergewicht und Haarausfall. Ich werde nie wieder ihr blasses Gesicht vergessen können, es war wie das einer Leiche."

Ich schnappte nach Luft und mein Blut rauschte in meinen Ohren. Ich bemerkte wie Katsuki immer angespannter wurde und legte deshalb eine Hand auf seine.

"Als sie das erfuhr, schrie sie mich an und wollte abhauen, doch es war schon zu spät. Die Cops brachten sie in ihr Auto und sie hat gesagt, dass sie mich vom ganzen Herzen hasst und ich sie nicht besuchen sollte. Ich sollte sie vergessen und mein scheiß Leben weiterleben, als hätte es sie nie gegeben. Das war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe."

"Wie das letzte Mal? Das ist doch so lange her, sie ist doch bestimmt schon aus der Entzugsklink entlassen worden.", meinte ich und bereute meine Worte sofort. Katsuki's Gesicht wurde aschfahl.

"Ich habe nach zwei Wochen beschlossen sie in der Entzugsklink zu besuchen. Doch.. doch als ich an der Rezeption stand und nach ihr fragte, schaute mich die Arbeitskraft nur mit einem mitleidigen Blick an und entschuldigte sich." Seine Stimme brach am Ende des Satzes ab und ich hielt mir die Hand vor dem Mund.

"Nein.. sag mir nicht..", fing ich an und konnte die Worte nicht aussprechen. Nein, nein, nein.

"Sie sagte mir, dass Alora sich eine Woche nach ihrem Einzug in der Entzugsklinik das Leben genommen hat. Überdosis." 

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