37. Eine letzte Frage

Zoey's P.O.V.

Mittlerweile war eine ganze Woche vergangen. Ich hatte die ganze Woche bei Ryan und Lynn auf dem Sofa geschlafen und viel mit Caitlin telefoniert.

Meinen Job hatte ich gekündigt. Das war der kürzeste Job meines Lebens gewesen, aber ich hatte ohnehin nicht vor, lange im Club zu arbeiten. Sowas war nichts Dauerhaftes für mich.

Tyler rief jeden Tag mindestens drei Mal an und ich ignorierte diese drei Male geflissentlich.

Caitlin, Lynn und Ryan drängten mich durchgehend dazu, zu Tyler zurückzugehen. Aber war es nicht bescheuert, zu ihm zu gehen und nach all dem was passiert war, ihm zu sagen, dass ich mit ihm mein restliches Leben verbringen möchte?

"Du kannst nicht noch eine Woche hier in der Wohnung hocken und nur nachdenken. Langsam musst du ihm sagen, was Sache ist." Lynn meinte es so gut. Ich verstand wirklich nicht, wie sie es mit mir aushielt, ich fand mich im Moment selbst unerträglich und nervig.

"Ich weiß. Aber ich hab keine Ahnung, was ich tun soll." Ich stützte meinen Kopf auf meine Hände und seufzte. Wieso war ich in letzter Zeit bloß so unentschlossen?

"Da gibt es was, was du vielleicht wissen solltest", druckste sie herum.

"Sag schon."

"Tyler hat heute morgen mit Ryan geredet, als du noch geschlafen hast. Du gehst ja nicht an dein Telefon." Sie warf mir einen eindeutigen Blick zu.

"Und weiter?", hakte ich nach. Immer diese Spannungspausen.

"Wenn du dich bis heute Abend nicht entschieden hast, bedeutet es Nein."

Einerseits könnte ich Tyler absolut verstehen. Ich hätte auch keine Lust mehr, zu warten. Andererseits war ich wütend, weil er mich zu einer Entscheidung drängte.

"Ich lass dich dann mal alleine", sagte Lynn und ging wieder zu ihrem Mann in die Küche.

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Drei Stunden später hatte ich meine Entscheidung getroffen.

Ich war gerade dabei, mich fertigzumachen, damit ich zu Tyler fahren konnte, da klingelte es an der Tür.

Lynn war mit Ryan einkaufen, also ging ich.

"Was machst du denn hier?", fragte ich verblüfft. Tyler stand in einem Anzug vor mir.

"Ich dachte mir, egal wie deine Entscheidung ausfallen wird, ich möchte den vielleicht letzten Abend mit dir so verbringen, wie es sich gehört. Zieh dir was schönes an, ich warte im Wohnzimmer."

Ich kramte eine Weile in meinem Schrank rum, bis ich ein Kleid fand, was ich akzeptabel fand. Kein Dior, aber No-Name tat es auch.

Zum Kleid passend schminkte ich mich, dann ging ich ins Wohnzimmer. Ich hatte ein mulmiges Gefühl, wenn ich an den Ausgang des Abends dachte.

"Wow. Du siehst toll aus", sagte Tyler lächelnd. "Alle heute Abend werden mich um meine Begleitung beneiden."

Ich lief rot an. Grinsend bot Tyler mir einen Arm an.

Im Restaurant angekommen brachte ein Kellner uns zu unserem Tisch.

Zuerst herrschte eine unangenehme Stille. Ich beschäftigte mich mit meinen Fingern und sah auf meine Servierte, doch Tylers Blicke spürte ich auf mir, als würde mein Körper brennen.

"Hast du vor, mich den ganzen Abend lang zu ignorieren?", kam es schließlich von Tyler und ich hob meinen Kopf.

Ich räusperte mich. "Nein, das habe ich nicht vor."

"Gut. Hast du dich entschieden oder willst du heute wieder den Abend damit verbringen, mir auszuweichen?" Schmunzelnd sah er mich an.

Wieder errötete ich leicht. Warum nur war ich so scheu ihm gegenüber geworden?

"Du weißt, dass ich mich entschieden habe."

Danach schwiegen wir uns wieder gegenseitig an. Das ging das ganze Essen lang so. Fragen, kurze Antworten. Kein besonders effektives Gespräch.

Nachdem Tyler bezahlt hatte, schlenderten wir gemütlich zum Wagen. Davor blieb er stehen.

"Wie hast du dich entschieden?", fragte Tyler mit nervösem Unterton. "Wenn du dich für Nein entschieden hast, werde ich dich zu Lynn fahren und für immer in Ruhe lassen."

Ich schluckte. Der Moment der Wahrheit.

"Ich muss zugeben, einen Moment lang hatte ich mich wirklich für Nein entschieden. Ich war fest davon überzeugt, dass es für dich das Beste wäre, wenn du neu anfangen könntest, ohne mich. Aber dann ist mir etwas klar geworden. Egal wie egoistisch das klingt, ich brauche dich einfach. All die Jahre ohne dich haben mich kaputt gemacht, und seitdem du wieder da bist, scheint es, als würde alles wieder langsam heilen. Ich brauche dich viel zu sehr in meinem Leben, als dass ich dich gehen lassen könnte, Tyler. Tut mir leid, dass ich so selbstsüchtig bin, aber ich liebe dich nun mal. Ich habe dich immer geliebt und auch nie damit aufgehört."

Es dauerte nicht einmal eine Sekunde, da fand ich mich in den Armen meiner Liebe wieder.

"Ich liebe dich so sehr", hauchte er mir zu und küsste mich sanft.

Erst jetzt realisierte ich wirklich, was passiert war und brach aus lautem Schock in Tränen aus.

"Schhhh." Sanft wiegte Tyler mich an seiner Brust und strich mir übers Haar.

Als ich mich beruhigt hatte, strich ich mir die Haare aus dem Gesicht und sah ihn peinlich berührt an. Die Heulerei war mir unangenehm.

"Bevor wir jetzt zu mir fahren und uns in den Laken wälzen, hab ich allerdings noch eine letzte Frage an dich", teilte Tyler mir mit und schenkte mir eines seiner von mir heiß geliebten schiefen Lächeln.

"Frag mich was du willst."

Er richtete sein Jackett und als Tyler mir in die Augen sah, war es, als würden sie Funken sprühen.

"Du weißt, dass ich dich mehr als alles andere auf dieser Welt liebe, meine Schöne. Ich würde für dich bis ans Ende dieser Welt gehen und noch weiter. Selbst wenn du heute Nein gesagt hättest, hätte ich uns nicht aufgegeben. Behalt das bitte im Hinterkopf."

Seine Worte taten so gut. Mir kamen schon wieder die Tränen und ich fragte mich, wieso mir so ein Glück gegönnt war.

Mein Kreislauf drohte wegzusacken und ich fing beinahe an, wie eine Verrückte zu weinen, als er vor mir auf die Knie gingen.

"Nein", flüsterte ich. "Tyler ..."

Er brachte mich mit einem Blick zum Schweigen.

"Zoey. Ich möchte mit dir den Rest meines Lebens verbringen. Ich möchte, dass du die Mutter meiner Kinder wirst. Dass wir uns weiter streiten, aber unsere Liebe dennoch nicht abhanden kommt. Willst du mich heiraten?" Tyler hielt mir ein Kästchen entgegen, in welchem ein silberner Verlobungsring funkelte.

"Oh Gott", schniefte ich und wischte mir die Tränen weg, bevor ich zu strahlen anfing. "Ja ... ja, Gott, ja. Ich will!"

Auch in Tylers Augen glänzten Tränen, als er mir vorsichtig den Ring ansteckte, aufstand, mich an sich riss und küsste, als würde es kein Morgen mehr geben.

"Ich liebe dich", sagte ich ihm ins Ohr, als er mich einfach nur noch in den Armen hielt.

"Ich liebe dich", flüsterte er zurück.

"WUHUUU! JAAAA!", war auf einmal lautes Geschrei zu hören und meine ganzen bekloppten Freunde kamen die Straße entlang auf uns zugerannt. In den Händen hielten sie Sektflaschen und riesige Ballons.

Lynn war die Erste, die mich zu fassen bekam und riss mich in eine knochenbrechende Umarmung. Das ging reihum so, bis Tyler seinen Charme spielen ließ und wir zurück ins Restaurant gingen, weil er mal eben einen Saal bekommen hatte.

"Wusstest du davon?", fragte ich meinen Verlobten in einer halbwegs ruhigen Minute. Grinsend sah er auf mich hinunter, was mir Antwort genug war. "Und was, wenn ich Nein gesagt hätte?"

"Hättest du nicht. Dafür liebst du mich viel zu sehr." Tyler küsste mich sanft auf die Stirn. "Meine Verlobte."

"Glückwunsch, mein Junge."

Ich riss die Augen auf. "Dad!"

Dad lächelte mich an und zog mich in eine Vaterumarmung. Lucy stand neben ihm und lächelte mich trotz ihrer Krankheit lebhaft an.

"Danke, dass ihr alle hier seid", sagte ich und zog auch Lucy in meine Arme. Es ging ihr schon viel besser. Die Chemo schlug wohl doch an, was kein Arzt mehr vermutet hatte, aber zum Glück hatte sie einen großen Schutzengel oben im Himmel, der über sie wachte.

Nach ungefähr zwei Stunden verabschiedeten Tyler und ich uns von den ganzen Leuten. Irgendwo hatten Lynn und Caitlin, die extra hergeflogen war, verdammt viele Leute aufgetrieben.

Als wir endlich in Tylers Apartment waren, zog ich mit einem schmerzvollen Stöhnen meine Schuhe aus. Meine Füße waren am Ende. So gut wie tot.

Ich erschrak mich fürchterlich, als Tyler meine Hüfte packte und mich hochhob. Sein Weg führte direkt ins Schlafzimmer.

Er ließ mich sanft auf das Bett fallen und öffnete einen Knopf seines Hemdes nach dem anderen, wobei er mich nicht aus den Augen ließ. Sein Jackett lag irgendwo im Flur.

Als er das Hemd mit der Krawatte auf den Boden fallen ließ, stockte ich. Er hatte ein Tattoo. Genau über dem Herzen.

"Ist das -?", fragte ich stotternd und total überrumpelt.

"Ja. Ich habe auch nie aufgehört, dich zu lieben."

Das war nur der Anfang von einer sehr langen Nacht.

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