Kapitel 7

Das dritte Schuljahr

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"Ganz schön abgefahren... Ein Dementor im Hogwarts-Express!"

"Nicht so abgefahren wie die Tatsache, dass Harry seine Tante aufgeblasen hat", erwiderte ich auf Rons Aussage, als wir uns zur großen Halle begaben. Ein Grinsen unterdrückend, sah ich Harry an. "Ich kann immer noch nicht fassen, dass du das gemacht hast!"

Seit bekannt gegeben wurde, dass dieser Sirius Black auf freiem Fuß war, schwirrten scheinbar überall Dementoren herum. Wie konnte ein Mörder überhaupt aus Azkaban, einem so gut bewachten Gefängnis, fliehen? Wenn er das geschafft hatte, was hinderte ihn dann daran, nach Hogwarts zu kommen?

Doch daran wollte ich nun nicht denken.

Als wir uns an unsere Tische setzen mussten, hielt ich die Augen nach Daphne, die ich auf der Zugfahrt nicht hatte finden können, offen. Ihre Schwester Astoria würde heute eingeschult werden, sie hatte mir in den Ferien eine Eule geschickt und gesagt, wie sehr sie sich doch darüber freute, ihre Schwester nun bei sich auf der Schule zu haben.

Ich für meinen Teil hatte die Sommerferien, wie letztes Jahr auch, bei den Weasleys verbracht. Molly hatte mich geradezu gezwungen, bei ihnen zu bleiben. "Wo soll das Kind denn sonst hin?", hatte sie zu Arthur gesagt. "Meinetwegen könnte sie bei uns einziehen." Ob sie das ernst gemeint hatte oder nicht, war mir nicht ganz klar, aber keiner der Weasleys hatte etwas dagegen gehabt, mich über die Ferien bei ihnen zu haben. Im Gegenteil.

Fred und George hatten sich am meisten gefreut. "Wir müssen dir..."

"... unsere ganzen neuen Scherzartikel zeigen..."

"... bevor wir sie in Hogwarts..."

"... Mr Filch vorführen."

Ich fand es amüsant, wie sie immer die Sätze des anderen beendeten. Fred und George machten deutlich, dass es toll war, einen Zwilling zu haben.

Die Leute, die mir am Nächsten standen, waren Harry, Hermine, die Weasleys und Daphne - meine Freunde. Das reichte mir. Denn die Weasleys behandelten mich, als sei ich Teil der Familie; Inzwischen kam ich sogar mit Percy klar und Fred und George nannten mich des Öfteren "Schwesterherz". Am Anfang hatten sie das aus Spaß gemacht und um mich zu ärgern, inzwischen jedoch nicht mehr. Ginny und ich hatten uns auch besser angefreundet.

"Da bist du ja!", begrüßte ich Daphne, als sie auf mich zugeeilt kam und den freien Platz neben mir besetzte. "Entschuldige", keuchte sie und strich sich eine Strähne ihrer Haare hinters Ohr. "Ich bin so aufgeregt", flüsterte sie mir zu. "Siehst du die da vorne mit den braunen Haaren und der Haarspange? Das ist Astoria." Sie zeigte nach vorne zu den Erstklässlern.

"Sie scheint beinahe so aufgeregt wie du", scherzte ich, worauf Daphne ihre Augen verdrehte. "Haha", machte sie, grinste aber. Dann begann sie, munter loszuplappern, doch ich hörte, um ehrlich zu sein, nur noch mit halbem Ohr zu. "Es soll eine neue Schülerin geben, die ist schon im dritten Jahrgang, aber sie kommt erst jetzt nach Hogwarts! Ich habe gehört..."

Ich sah ihn aus dem Augenwinkel. Er dachte, ich würde nicht merken, wie er mich regelrecht anstarrte, aber das tat ich. Und ich starrte zurück. Er hatte sich seit letztem Schuljahr verändert; seine Haare hatten immer noch dasselbe, helle blond, allerdings hatte er scheinbar diesmal nicht fünf Tonnen Haargel reingeschmiert, was sie weich und gepflegter aussehen ließ. Sein Gesicht schien irgendwie schmäler und seine Wangenknochen ein wenig ausgeprägter, in seinen sturmgrauen Augen blitzte der Schalk. Er grinste mich an.

Ich schoss einen giftigen Blick zurück und wandte mich ab.

"Und dann hat McGonagall Pansy und Malfoy beim Rummachen erwischt und gefragt, ob sie noch Platz für 'ne dritte Person hätten."

Ich erstickte fast an meiner eigenen Spucke. "WAS?!", rief ich etwas zu laut, sodass einige Schüler und auch ein paar der Lehrer mich teils verwirrt und teils genervt ansahen. Ich grinste entschuldigend und drehte schnell den Kopf in Daphnes Richtung, um die ganzen starrenden Menschen nicht ertragen zu müssen. "Was, bei Merlins Bart, hast du gerade gesagt?!", zischte ich angewidert.

Sie zuckte mit den Schultern. "Irgendwie musste ich doch dafür sorgen, dass du aufhörst, Malfoy anzuhimmeln und mir endlich zuhörst."

Ich starrte sie eine Weile mit offenem Mund an, als ich verstand, was sie getan - und gerade gesagt - hatte.

"Erstens: Das ist widerwertig. Zweitens: Ich. Habe. Ihn. Nicht. Angehimmelt." Ich sprach so langsam und deutlich, als würde ich versuchen, einem Minimuff das Reden beizubringen. "Ich habe versucht, ihn umzubringen."

"Ooooh, hat er deinen Todesblick abbekommen?", zwinkerte sie grinsend. Ich reckte das Kinn bei dem Versuch, ihren höhnenden Tonfall zu ignorieren. "Ganz recht."

"Immer noch wegen der Sache vom letzten Jahr? Bei Merlins Unterhose, der hat Glück, dass er noch atmen kann", fügte sie, etwas ernster, hinzu, nachdem ich genickt hatte.

"Das kannst du laut sagen", murmelte ich und sah dabei über die Schulter zu Malfoy. Dieser schaute - was ein Zufall - natürlich gerade auch zu mir. Diesmal sah ich nicht weg und im stillen hatten wir einander vermutlich gerade dreißig mal auf zwanzig verschiedene Arten umgebracht.

Oder vielleicht hatte auch nur ich diese Mordgedanken und er starrte bloß.

Aber wer weiß, immerhin hat er mir letztes Jahr den Tod gewünscht, also...

"Du tust es schon wieder." Daphne stupste mich an, worauf ich zögernd wieder zu ihr sah. Ich konnte mir vorstellen, wie sehr Malfoy wohl gerade grinste. "Weißt du was, ich werde ihn einfach ignorieren", beschloss ich und zufrieden mit meinem grandiosen Plan, verschränkte ich die Arme vor der Brust. Demonstrativ sah ich nach vorne zu Dumbledore, der seine alljährliche Ansprache hielt, und beobachtete dann, wie Professor McGonagall den ersten Schülern den Hut aufsetzte.

"Also ich glaube ja, dass ihr euch aller spätestens nächstes Schuljahr an den Hals fallen werdet, aber gut. Was ich eigentlich sagen wollte", Daphne hob eine Hand, als ich empört den Mund öffnete, um sie für geistesgestört zu erklären, "ist, dass diese neue Schülerin dich die ganze Zeit anstarrt."

"Welche neue Schülerin?", fragte ich verwirrt. Daphne zeigte auf ein blondes Mädchen, das vorne bei den Erstklässlern stand. Sie war allerdings ein ganzes Stück größer und starrte mich tatsächlich an.

Als sie merkte, dass ich sie erwischt hatte, lächelte sie peinlich berührt und sah zu Boden. "Ich weiß ja, ich bin toll und alles, aber warum glotzen heute alle so?", murmelte ich.

Daphne zuckte mit den Schultern und sah ebenfalls nach vorn zu dem Mädchen. "Weiß nicht... Sie hat bisher angeblich Hausunterricht gehabt und kommt erst jetzt nach Hogwarts. Sie soll in unserem Jahrgang sein."

"Ich frage gar nicht erst, woher du das alles schon wieder weißt", gab ich von mir und beobachtete die Neue weiter. Irgendetwas an ihr war merkwürdig, doch ich konnte mich nicht darauf festlegen, was.

Als McGonagall ihren Namen aufrief, zuckte die Neue kurz zusammen. "Roselynn Edwards!"

"Edwards?", wiederholte ich.

"Kennst du sie?" Daphne sah mich interessiert an.

Der Name kam mir bekannt vor. Ich überlegte, doch kam einfach nicht darauf. "Nein", antwortete ich daher nachdenklich. "Ich kenne sie nicht."

Daphne schien nicht überzeugt, doch als der Hut da laut "SLYTHERIN!" rief und Roselynn aufstand, um zu unserem Tisch zu gehen, ließ sie es bleiben, weiter nachzubohren, und klatschte mit - wie auch der Rest unseres Tisches.

Roselynn setzte sich ein paar Meter von mir entfernt neben Blaise, der ihr die Hand schüttelte und sich vorstellte. Sie erwiderte die Geste und sah dann wieder zu mir. Sie lächelte mir zu und winkte.

Ich schüttelte ganz leicht den Kopf und wandte mich dann von ihr ab. Dem Rest von Dumbledores Rede hörte ich so gut es ging zu, zumal es ja um Sirius Black ging. Ein Mörder auf freiem Fuß... Was sollten wir tun, wenn er nach Hogwarts kam?

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"Hey."

Ich schreckte von meinem Buch auf und sah überrascht in Roselynns Gesicht, die vor mir in der Bibliothek stand und unsicher auf mich hinabsah. "Ähm... darf ich?" Lächelnd deutete sie auf den Platz neben mir. Ich zuckte mit den Schultern. "Sicher..."

Ich versuchte, sie zu ignorieren und mein Buch weiterzulesen, jedoch machte der intensive Blick, mit dem sie mich musterte, das nicht gerade einfach. "Willst du irgendwas?", keifte ich, etwas harscher als beabsichtigt. Immerhin war sie neu an der Schule, vielleicht suchte sie nur Freunde.

Sie räusperte sich und fragte dann plötzlich: "Du hast keine Ahnung, wer ich bin, oder?"

Irritiert sah ich sie an. "Woher sollte ich das wissen? Du bist neu hier."

"Ja, das schon... Aber ich habe gedacht, Mutter hätte dir vielleicht auch etwas über uns hinterlassen."

Mit offenem Mund sah ich sie an. "Was... Was soll das heißen?"

"Okay, wow... Du hast echt absolut keine Ahnung."

"Was, bei Merlins Bart, meinst du?!", zischte ich ungeduldig.

Roselynn nahm ein Buch aus ihrer Tasche und legte es auf den Tisch. Es kam mir merkwürdig bekannt vor... Und dann machte es Klick.

Roselynn lächelte, als sie merkte, dass ich das Buch erkannt hatte. "Ich denke, wir haben einiges zu bereden, Schwesterherz."

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